Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Deutsches Verwaltungsrecht. 281 
Fünftes Kapitel. 
Im Dienste der öffentlichen Verwaltung stehende Ein- 
richtungen und Sachen. 
§ 27. Die öffentlichen Anstalten. 
Literatur: O. Mayer / 51, 52; Fleiner # 18, 19. 
I. Begriffliches, Allgemeines. Unter einer öffentlichen Anstalt verstehen 
wir im modernen Verwaltungsrecht einen zu einer Einheit zusammengefaßten Komplex von 
sachlichen und persönlichen, einem bestimmten Verwaltungszwecke dienenden Mitteln, wie er 
uns z. B. im Landheer und in der Flotte, in den Strafanstalten, den Verkehrsanstalten, Ver- 
sicherungsanstalten, Unterrichtsanstalten, Kunstinstituten, Kreditanstalten, Krankenanstalten ent- 
gegentritt. Die öffentliche Anstalt kann verpersönlicht sein (Reichsversicherungsanstalten 
NVers O. s 3, Feuewersicherungsanstalten PrG. v. 25. 7. 1913 ## 3, Universitäten). Gewöhnlich ist 
dieses jedoch nicht der Fall, und als Subjekt steht hinter der Anstalt der Staat, die Gemeinde oder 
ein anderer öffentlicher Verband. Ein Privater kann ein Unternehmen als öffentliche Anstalt 
nur auf Grund staatlicher Konzession (vgl. unten V) betreiben. Denn die von der öffentlichen 
Anstalt ausgehende Tätigkeit ist öffentliche Verwaltung. In jeder öffentlichen Anstalt gewinnt 
ein bestimmter Teil der Verwaltung greifbare Gestalt und Form. Der Zweck, dem die öffent- 
liche Anstalt dient, kann ein solcher sein, der nur durch Staatstätigkeit realisiert werden kann; 
das gilt von dem Zwecke, dem Heer und Strafanstalten dienen. Gewöhnlich werden mittels 
öffentlicher Anstalten aber Zwecke verfolgt, die auch durch private Unternehmen realisier- 
bar sind; wie dieses z. B. bei den öffentlichen Verkehrs-, Wasserversorgungs-, Unterrichts-, 
Krankenanstalten der Fall ist. Und es arbeiten denn auch in der Tat zahlreiche öffentliche An- 
stalten in Konkurrenz mit privaten. Zugunsten vieler und gerade der wichtigsten öffentlichen 
Anstalten ist aber die tatsächlich mögliche Privatkonkurrenz wieder durch Rechtssatz ausgeschlossen; 
so zugunsten der Post, soweit der Postzwang besteht (RPost G. § 1), der Telegraphenanstalt, 
der Eisenbahnen, anderer öffentlicher Verkehrsanlagen, der öffentlichen Schlachthäuser (da, 
wo der Schlachthauszwang eingeführt ist) usw. Indem der Staat der Ansicht ist, daß diese 
Unternehmungen im Gemeininteresse am besten von ihm oder den Gemeinden als öffentliche 
Anstalten betrieben werden, hat er den Privaten ihren Betrieb untersagt oder läßt diese zu 
solchem doch nur auf Grund besonderer Konzession zu. 
Alle öffentlichen Anstalten dienen dem Gemeininteresse, jedoch nur wenige von ihnen, 
wie das Heer, unmittelbar; die meisten lediglich dadurch, daß sie den einzelnen Leistungen prä- 
stieren und sonstige Vorteile zuführen, deren Gewährung dann allerdings im Interesse der 
Gesamtheit liegt. Gemeinhin wird denn auch bei dem Ausdrucke öffentliche Anstalt nur an Ein- 
richtungen gedacht, die dem Publikum zur Benutzung offenstehen. Auch wir werden im folgenden 
lediglich diese berücksichtigen. Die Benutzung der öffentlichen Anstalten ist entweder wie die 
aller privaten dem Publikum freigestellt, so die der öffentlichen Krankenhäuser, höheren Schulen, 
oder sie ist bestimmten Personenkategorien zur Pflicht gemacht; ein solcher Benutzungszwang 
wie er z. B. im Schulzwange, Impfzwange, Versicherungszwange gegeben ist, kann nur durch 
Gesetz oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigung eingeführt werden. 
II. Die öffentliche Anstalt steht unter öffentlichem Rechte. Nach 
diesem ist prinzipiell sowohl ihr inneres Leben wie ihr Verkehr mit ihren Benutzern zu beurteilen. 
Die Frage, ob eine Anstalt eine öffentliche ist, ist daher von großer praktischer Bedeutung. Sie 
ist jedoch nicht immer leicht zu entscheiden. Es gibt zahlreiche Anstalten, die von den öffent- 
lichen Verbänden, namentlich den Gemeinden, sowohl als private wie als öffentliche betrieben 
werden können, wie Gasanstalten, Elektrizitätswerke, Sparkassen, Leihhäuser, Straßenbahnen u. a. 
Diese Anstalten können im einen wie im anderen Falle äußerlich durchaus gleichheitlich ge- 
staltet sein. Maßgebend ist allein ein inneres Moment, der Gesichtspunkt, unter dem die einzelne 
Anstalt betrieben wird. Ist dieses die Gewinnabsicht, in der auch Private solche Anstalten be- 
treiben, so ist die Anstalt ein privates Unternehmen, und ihr Betrieb unterfällt der Gewerbe-
	        
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