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gewinn, den eine öffentliche Anstalt abwirft, wird pfändbar sein). Verträge über öffentliche Sachen,
deren Erfüllung diese ihrer Zweckbestimmung entziehen würden, sind nichtig (BGB. 88 134.
306, 309).
3. Der Charakter einer öffentlichen Sache kommt einer Sache entweder vermöge ihrer
natürlichen Beschaffenheit zu, wie den schiffbaren Flüssen, Seen, dem Meeres-
strande, oder sie erhält ihn, was die Regel ist, durch einen besonderen Rechtsakt: die
Widmung oder Indienststellung. Deiese ist eine einseitige obrigkeitliche (staatliche
oder gemeindliche) Willensäußerung (oben S. 264, a, ), die in einer ausdrücklichen Willenserklärung
wie in konkludenten Handlungen (Eröffnung des Weges, der Brücke, des Eisenbahnbetriebes)
zutage treten kann. Der Beweis dieses Rechtsaktes kann durch unvordenkliche Ausübung er-
setzt werden. Das Natürliche ist, daß das öffentliche, die Widmung vornehmende Subjekt, auch
die privatrechtliche Verfügungsmacht über die zu widmende Sache hat (Eigentum oder Ein-
willigung des Sacheigentümers), allein das Fehlen dieser nimmt der Widmung nicht ihre
Wirkung; würden z. B. Grundstücksteile ohne Wissen und Willen des Eigentümers zu einem
öffentlichen Wege einbezogen, so könnte dieser nicht Wiederherstellung des früheren Zustandes,
sondern nur Entschädigung verlangen (oben S. 280; Pr G. v. 11. 5. 1842 § 4). Die Widmung
kann die Sache nur von jetzt ab gegen zweckwidrige Belastung sicherstellen; Rechte, die an ihr
schon vor der Indienststellung bestanden, gehen durch diese nicht unter, sondern können nur
vertragsmäßig oder im Wege der Enteignung beseitigt werden. Die öffentliche Sache verliert
den Rechtscharakter als solche und unterfällt wieder ganz dem Zivilrechte durch eine der Widmung
entsprechende konträre obrigkeitliche Willensäußerung, Kassierung, Einziehung,
Ausreihung der öffentlichen Sache oder ähnlich genannt; auch diese kann ausdrücklich
oder stillschweigend (Verfallenlassen eines Weges) abgegeben werden. Die vermöge ihrer
natürlichen Beschaffenheit als öffentliche anzusprechenden Sachen können auch mit tatsäch-
licher Veränderung dieser Beschaffenheit ihren öffentlichen Charakter verlieren: ändert ein
öffentlicher Fluß seinen Lauf, so hört das von ihm verlassene Bett auf, öffentliche Sache
zu sein.
4. Besonders zu betrachten sind noch die im Gemeingebrauche stehenden
öffentlichen Sachen. a) Zu diesen gehören alle Sachen, die ihrer Bestimmung gemäß
von jedermann benutzt werden dürfen, ohne daß es einer besonderen Zulassung des einzelnen
bedarf. Wo die Teilnahme am Genusse von besonderer (entgeltlicher oder unentgeltlicher) Zu-
lassung abhängig ist, da liegt kein Gemeingebrauch vor; daher sind öffentliche Schulen, Kranken-
häuser, Schlachthäuser usw., in der Regel auch öffentliche Bibliotheken und Mufeen nicht Sachen
im Gemeingebrauche. Die Erhebung von Gebühren (Wege-, Brücken-, Hafengelder) schließt
den Gemeingebrauch nicht aus. Der Inhalt des Gemeingebrauches ist durch die Beschaffenheit
der Sache und die Widmung bestimmt; vielfach sind für seinen Umfang lokale Ubung und An-
schauung maßgebend. Der Gemeingebrauch an öffentlichen Wegen z. B. umfaßt regelmäßig
deren Gebrauch zum Gehen, Reiten, Fahren, er kann aber auch auf eine dieser Benutzungs-
arten beschränkt sein (Fuß-, Reitwege). Andererseits werden Straßen in Ortschaften noch zu
vielem anderen gebraucht: zum Abladen von Gegenständen, die für die Anwohner bestimmt sind;
zu gewerblichen Verrichtungen; an den Anliegehäusern werden Blumenbretter, Markisen an-
gebracht, die in den über der Straße sich erhebenden Luftraum hineinragen — alles dies ist
Gemeingebrauch der öffentlichen Straße. Der Gemeingebrauch der öffentlichen Flüsse um-
faßt besonders die Benutzung des Wassers zum Schöpfen, Tränken, Baden, Waschen, zur Schiff-
fahrt und Flößerei. Die Befugnis des einzelnen, die öffentliche Sache im Rahmen des Gemein-
gebrauches zu benutzen, ist kein subjektives öffentliches Recht, sondern lediglich eine Reflexwirkung
der die Rechtslage der öffentlichen Sachen bestimmenden Normen (oben S. 276 ff.; ebenso
G. Jellinek 70, Anschütz 109; s. auch v. Sarwey 429, O. Mayer 2, 116, Fleiner 328, jedoch
bestritten: Gierke 24 f.); es hat denn auch bei Schmälerung oder Aufhebung des Gemein-
gebrauches durch obrigkeitlichen Akt niemand einen Anspruch auf Entschädigung. Die Ordnung
des Gemeingebrauches (durch Verbote schädigender Benutzungsweisen, Regelung des Neben-
einander verschiedener Benutzungsarten, wie des Fuß- und Wagenverkehres auf öffentlicher
Straße, Bestimmung von Benutzungszeiten für öffentliche Parke usw.) wie sein Schutz gegen
lbergriffe einzelner ist Sache der Polizei (Wütt. Wasserg. v. 1. 12. 1900 Art. 20; Pr.