Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

330 Flesch und Hiller. 
festzustellen. Eine Mittelstellung zwischen selbständigen und unselbständigen Gewerbetreibenden 
nehmen die Hausgewerbetreibenden ein. Man versteht darunter Gewerbetreibende, die in 
einer vom Gewerbebetrieb der selbständigen Unternehmer gesonderten, von ihnen selbst beschafften 
Betriebsstätte für Rechnung jener Gewerbetreibenden mit der Herstellung oder Bearbeitung ge- 
werblicher Erzeugnisse beschäftigt werden. Den Gegensatz bilden die Heimarbeiter, das 
sind Arbeiter, die in festem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen. Die Hausgewerbe- 
treibenden werden von der Reichsversicherungsordnung, wie schon von den sozialen Versicherungs- 
gesetzen geschehen, zu den selbständigen Gewerbetreibenden gezählt, desgl. handwerkerrechtlich, 
indem sie den Innungen zugehoren, während sie arbeiterrechtlich hinsichtlich der 95 114a—119 a 
der GewO. (Lohnbücher und Arbeitszettel, Verbot des sog. Trucksystems) den unselbständigen 
Gewerbetreibenden gleichgestellt werden, ebenso hinsichtlich des § 125 (Verleitung fremder ge- 
werblicher Hilfskräfte zum Kontraktbruch). Nicht an die seitherigen gesetzlichen Unterscheidungen 
von Hausgewerbetreibenden und Heimarbeitern knüpft das Hausarbeitsgesetz vom 20. Dezember 
1911 an: dieses stellt vielmehr eine neue Kategorie auf, indem es unter Hausarbeitern 
diejenigen Personen begreift, welche entweder ausschließlich zu ihrer Familie gehörige Per- 
sonen in Werkstätten beschäftigen oder daselbst mit einer oder mehreren Personen gewerbliche 
Arbeit verrichten, ohne von einem den Werkstattbetrieb leitenden Arbeitgeber beschäftigt 
zu sein. Dabei wird der Werkstättenbegriff auf Wohn-, Schlaf= und Kochräume ausgedehnt, 
in denen gewerbliche Arbeit verrichtet wird, im übrigen gibt das Gesetz den Behörden weitgehende 
Vollmachten zur Durchführung von Arbeiterschutz, besonders hinsichtlich der Offenbarung der 
Arbeits- und Lohnbedingungen. 
Das Recht zum Gewerbebetrieb fehlt gewissen Personenklassen, nämlich den Beamten 
in Reich, Staat und meist auch Gemeinden (Reichsbeamtenges. vom 31. März 1873 und die ver- 
schiedenen Landes- und Ortsgesetze), fenner den Militärpersonen nach dem Reichs- 
militärges. vom 2. Mai 1874. 
§ 8. Das Recht zum Gewerbebetrieb kann dadurch beseitigt werden, daß gewisse Gewerbe 
vom Gesetz selbst dem Reiche oder Staate vorbehalten werden (Monopole); so nach 
z 6 der G0O. der Post-, Telegraphen= und Fernsprechbetrieb in dem durch das Reichsges. 
vom 28. Oktober 1871 (ergänzt durch Ges. vom 20. Dezember 1875 und 20. Dezember 1899), 
durch das Reichstelegraphenges. vom 6. April 1892 (ergänzt durch Ges. vom 7. März 1908), 
das Telegraphenges. vom 18. Dezember 1899 und die Femsprechgebühren-Ordnung vom 
20. Dezember 1899 näher begrenzten Umfange. Das Postmonopol umfaßt die entgeltliche 
Beförderung aller geschlossenen Briefe und politischen Tageszeitungen von Ort zu Ort. 
Ortsbriefe dürfen entgeltlich nur durch Boten befördert werden, die weder selbst noch im Dienst 
einer Privatpost aus der Beförderung ein Gewerbe machen. Soweit hiernach noch das 
Beförderungswesen frei steht (Beförderung von Personen, Paketen und Geldsendungen), tritt 
die Verwaltungspraxis aus allgemeinen Gründen dem Gebrauch der Bezeichnung als Post 
oder Privatpost entgegen. Das Telegraphen- und Feinsprechmonopol kennt nur Ausnahmen 
für den inneren Dienst gewisser öffentlichen Behörden und Transportanstalten und einen 
kleinen Umkreis zusammengehöriger Grundstücke. Auch drahtlose Telegraphie darf. nur mit 
Genehmigung des Reiches errichtet und betrieben werden. 
Beschränkungen der Gewerbefreiheit können auch aus finanzrechtlichen Gründen erfolgen. 
So kann nach § 119 und 124 des Vereinszollges. vom 1. Juli 1869 innerhalb des Grenzbezirkes zur 
Sicherung gegen heimliche Einfuhr ein Legitimationsschein eingeführt werden, und Hausierhandel 
und Wanderlagerbetrieb sind nur mit besonderer Erlaubnis und unter den zollbehördlichen Be- 
schränkungen gestattet. Nach § 4 des Spiclkartenstempelges. vom 3. Juli 1878 dürfen Spielkarten- 
fabriken nur an Orten errichtet werden, wo sich eine zur Wahrnehmnug der steuerlichen Auf- 
sicht geeignete Zoll- oder Steuerbehörde befindet. Auch andere Steuergesetze, wie das Leucht- 
mittelsteuer- und Zündwarensteuerges. je vom 15. Juli 1909 enthalten Beschränkungen der 
Gewerbefreiheit; auch in Landessteuergesetzen finden sich solche, nur dürfen neue, landesrechtliche 
Steuergesetze die Berechtigung zum Gewerbebetrieb nicht entziehen. 
Mit der Beschränkung der Gewerbefreiheit praktisch nahe verwandt, doch rechtlich nicht in 
Parallele zu stellen sind die tatsächlichen Monopolisierungen von Gewerbebetrieben, die sich
	        
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