Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Gewerberecht. 335 
Es ist daher volkswirtschaftlich durchaus richtig, wenn die Gewerbetreibenden im Besitz dieser 
Ausstattung geschützt werden. Dies geschieht durch § 811 der Zivilprozeßordnung der u. a. 
bestimmt, daß bei Handwerkern, gewerblichen Arbeitern und anderen Personen, welche aus 
Handarbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur persönlichen 
Fortsetzung der Erwerbstätigkeit unentbehrlichen Gegenstände der Pfändung nicht unterworfen 
sind. Anderseits ist zum Betrieb des Gewerbes durchaus nicht Eigentum an den Werkzeugen 
Rohstoffen usw. erforderlich. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln hat nicht die 
Bedeutung, die ihm das Erfurter Programm der Sozialdemokratie zuschreibt. Umgekehrt 
genügt aber auch das privatrechtliche Eigentum an den Werkzeugen, Maschinen und Räumen 
nicht, da in einer Anzahl von Fällen zu der privatrechtlichen Möglichkeit der Verfügung über 
die dem Gewerbebetrieb dienenden Sachen die öffentlich rechtliche Erlaubnis treten 
muß. Das gilt vor allem, wo zum Gewerbebetriebe dauernde Anlagen errichtet werden müssen, 
die nach der Lage, der Beschaffenheit, der Betriebsstärke zu Belästigung enoder Gefahren für 
die Nachbarschaft oder das Publikum führen können. Für sie bedarf es besonderer Ge- 
nehmigung (5 16 der Gewerbeordnung). Ebenso kann wegen überwiegender Nachteile und 
Gefahren für die Allgemeinheit die Weiterbenutzung jeder gewerblichen Anlage untersagt 
werden (5 51 GewO.); der Besitzer muß Entschädigung erhalten. Der Rechtsweg steht 
offen. Diese Bestimmung des § 51 GewO. bezieht sich auf Anlagen, gegen die zunächst von 
Gesetzes-- und Poilzeiwegen nichts einzuwenden war; denn letzteren Falles kann die Polizei 
das Erforderliche, wo nötig, die Einstellung des Betriebs verfügen, ohne daß eine Ent- 
schädigungspflicht eintritt. Weiter ist auch ohne „überwiegende Nachteile"“ landesgesetzlich 
möglich, die fernere Benutzung bestehender und die Anlage neuer Privatschlächtereien in 
solchen Orten zu untersagen, für welche öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange 
vorhanden sind oder errichtet werden (§ 23 Abs. 2 GewO.). Ortsgesetzlich können bestimmte An- 
lagen aus einzelnen Ortsteilen ausgeschlossen werden, wofern nur die Bauordnung andere Orts- 
teile, sog. Fabrikviertel für diese erschließt. Es dürfen ferner nach J27 der Gew O solche Anlagen, 
deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusch verbunden ist, nicht dort errichtet oder dahin verlegt 
werden, wo in der Nähe Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder 
Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benutzung durch den dortigen Betrieb 
eine erhebliche Störung erleiden würde. Auch hier bleibt ohne Rücksicht auf den Standort ein 
allgemeinpolizeiliches Einschreiten möglich, wenn das Geräusch eine Gefährdung des Publikums 
mit sich bringt. Daneben kann unabhängig von dem Standpunkt der Polizei der nachbarliche 
Anspruch auf Beseitigung eigentumsstörender Einwirkungen nach §s 906, 907 BGB. im Zivil- 
llagewege verfolgt werden. 
Die genehmigungsbedürftigen Gewerbsanlagen sind in § 16 GewO. und den zur 
Ergänzung vorbehaltenen Bundesratsvorschriften einzeln aufgeführt. Das Konzessionsver- 
fahren beginnt mit der öffentlichen Bekanntmachung des Antrags, setzt sich fort in einem 
behördlichen Prüfungsverfahren, in welchem den Interessenten Gelegenheit zu Einwendungen 
gegeben wird, und schließt mit der Erteilung eines schriftlichen Bescheids, der versagen 
oder genehmigen kann; letzterenfalls meist unter Bedingungen, die sich nicht nur auf die 
Anlage an sich, sondern auch auf die Betriebsführung erstrecken können. Für dieses 
Genehmigungsverfahren, das der landesgesetzlichen Regelung unterfällt, hat die GewO. 
in § 21 gewisse Garantien dahin vorgeschrieben, daß in erster oder zweiter Instanz die Entscheidung 
kollegial zu erfolgen hat und zwar in öffentlicher Sitzung, und daß jeder Einwandsgegner wie 
der Antragsteller als Partei zu behandeln ist. Die Wahrung des Betriebsgeheimnisses von seiten 
der im Verfahren zugezogenen Sachverständigen sichert § 21 a GewO. 
Der besonderen Genehmigung bedürfen ferner nach § 24 GewO. die Dampfkessel, 
und zwar bewegliche wie unbewegliche. Zum Unterschied vom Genehmigungsverfahren für die 
Anlagen des §& 16 kennt bei Dampfkesseln das Verfahren weder ein Aufgebot noch das Gehör der 
interessierten Nachbarn, sondern beschränkt sich auf die behördliche Prüfung und den Bescheid. 
Vor Inbetriebsetzung des Dampfkessels hat eine Abnahmeprüfung stattzufinden. 
Konzessionspflichtig sind ferner die Neuanlagen für Wassertriebwerle, für die neben den 
reichsrechtlichen Vorschriften der GewO. den landesrechtlichen Bestimmungen noch ausdrückliche 
Geltung durch § 23 Gew)O. gesichert ist.
	        
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