Gewerberecht. 345
Ehrenrechte für das Handwerk auf dem sogenannten kleinen Befähigungsnachweis, der durch
die Gewerbeordnungsnovelle vom 30. Mai 1908 eingeführt ist. Hiernach steht die Befugnis
zur Anleitung von Lehrlingen nur Personen zu, welche das 24. Lebensjahr vollendet und eine
Meisterprüfung bestanden haben. Nichtmeister oder Meister in anderem Gewerbe haben die
Befugnis nur, wenn sie in letzterem die Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfungen be-
standen haben oder fünf Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig ausübten oder
während gleichlanger Zeit als Werkmeister oder in werkmeisterähnlicher Stellung tätig waren.
Von dieser Regel zählt das Gesetz in § 129 Abs. 2, 3, 6 und 7 Ausnahmen auf und gibt in
§* 129 a einige Erleichterungen. Die Lehrzeit soll in der Regel drei Jahre dauern, sie darf den
Zeitraum von vier Jahren nicht übersteigen; im übrigen wird sie durch die Handwerkskammer
festgesetzt. Der Lehrling soll sich nach Ablauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung unterziehen
und überall, wo ein Bedürfnis besteht, sind Prüfungsausschüsse einzurichten, damit jeder Ge-
legenheit hat, sich der Prüfung zu unterziehen, die wiederum Voraussetzung ist für die Zu-
lassung zur Meisterprüfung im Sinne des § 133 und zur Anleitung von Lehrlingen. Der Lehr-
vertrag soll schriftlich geschlossen werden.
Was den Meistertitel anlangt, so dürfen diesen in Verbindung mit der Bezeichnung eines
Handwerks nur Handwerker führen, welche für dieses Handwerk die Meisterprüfung bestanden
haben. Damit ist die Führung von Titeln wie Schneidermeister, Glasermeister usw. unter
gesetzlichen Schutz gestellt, nicht aber die Führung von Bezeichnungen wie Meister, Innungs-
meister, Werkmeister u. dgl.
Die Arbeiterschutzbestimmungen werden abgestuft nach der Zahl der im Betrieb beschäftigten
Arbeiter (Betriebe, in dem in der Regel mindestens 20, und solche, in denen in der Regel minde-
stens 10 Arbeiter beschäftigt werden).
Hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit gewerblicher Hilfskräfte werden unterschieden solche,
die nur auf den allgemeinen Arbeiterschutz Anspruch haben, und andere, für die mit Rücksicht
auf Geschlecht, Alter und Hausstand besondere Schutzvorschriften erlassen sind. Diese besonders
geschützten Personenkategorien sind Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter, das sind solche,
die (ob männlich oder weiblich) unter 16 Jahre alt sind. Die jugendlichen Arbeiter sind ent-
weder Kinder (unter 14 Jahren) oder junge Leute (im Alter von 14—16 Jahren). Aus prak-
tischen Gründen hat die Gewerbeordnung über ihren Bereich hinaus auch die Verhältnisse der
Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in offenen Verkaufsstellen in den §§ 139 ff. geordnet, und
ebenso hat das Kinderschutzgesetz vom 30. Mai 1903 seine Maßnahmen unabhängig davon, ob
die Kinder gewerbliche Arbeiter sind oder nicht, getroffen, wofern nur die Beschäftigung für
Zwecke eines Gewerbebetriebes erfolgt. Im Sinne dieses Gesetzes sind Kinder alle unter
13 Jahre alten und die über 13 Jahre alten noch volksschulpflichtigen Personen. Die Schutzmaß-
nahmen sind abgestuft, je nachdem es sich um eigene oder fremde Kinder handelt (§ 3 des Kinder-
schutzgesetzes).
2. Der gewerbliche Arbeitsvertrag.
a) Im allgemeinen.
§ 21. Der moderne Arbeitsvertrag ist frei in dem Sinne, daß niemand gesetzlich ge-
zwungen ist, seine Arbeitskraft einem Anderen zur Verfügung zu stellen. Beide Parteien
werden, der Absicht des Gesetzgebers nach, nur durch den Zweck zusammengeführt, der beim
Unternehmer darin besteht, gewerbliche Arbeitsleistungen zu empfangen, und beim Arbeitnehmer,
das Entgelt für die Hergabe der Arbeitskraft zu erhalten. Jeder Geschäftsfähige kann, von ge-
wissen Ausnahmen abgesehen, solche Arbeitsverträge schließen, für die grundsätzlich beliebige
Abmachungen zwischen Arbeitgebern und -nehmern getroffen werden können. Eine Be-
grenzung des Arbeitsvertragsverhältnisses ist aber vom Gesetz allgemein dahin gegeben, daß
jedes Rechtsgeschäft nichtig ist, das gegen die guten Sitten verstößt (§ 138 BGB.); also
auch der Arbeitsvertrag. Insbesondere ist auch der wucherische Arbeitsvertrag — bei dem
der Arbeiter wegen seiner Notlage zu großen Leistungen gegen zu geringen Lohn versprechen
mußte, nichtig. Ferner sind im besonderen Bestimmungen getroffen, die den Arbeitsvertrag
inhaltlich von Gesetzes wegen beschränken, indem Abmachungen gewisser Art (ungleiche oder