Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Recht des deutschen Verkehrswesens (Verkehrsrecht). 379 
recht über das Eisenbahnwesen zu übernehmen, für die Ausführung der in der Reichs- 
verfassung enthaltenen Bestimmungen sowie der sonstigen auf das Eisenbahnwesen bezüglichen. 
Gesetze und verfassungsmäßigen Vorschriften Sorge zu tragen und auf Abstellung etwa hervor- 
getretener Mängel und Mißstände hinzuwirken (§ 4 des Reichsgesetzes, betreffend die Einrichtung 
eines Reichseisenbahnamts, vom 27. Juni 1873 [RG#Bl. 164.). Es führt seine Geschäfte unter 
der Verantwortlichkeit und nach den Anweisungen des Reichskanzlers (§ 3) und ist berechtigt, 
innerhalb seiner Zuständigkeit über alle Einrichtungen und Maßregeln von den Eisenbahn- 
verwaltungen Auskunft zu erfordern oder sich persönlich zu unterrichten und das hiernach Er- 
forderliche zu veranlassen (§ 4). (In dieser Beziehung ist eine Anweisung des Reichskanzlers von 
Bedeutung, welche es verhüten will, daß durch die vom Reichseisenbahnamt zu erlassenden 
Verfügungen die Einheit der Verwaltung gestört und widersprechende Anordnungen getroffen 
werden, und die deshalb bestimmt, daß es sich vor Erlaß derartiger Verfügungen erst mit der 
betreffenden Bundesregierung in Verbindung zu setzen hat, der die Eisenbahn untersteht. 
Vgl. Fritsch S. 9/10.) Zu diesem Zwecke ist an das Reichseisenbahnamt namentlich über 
jede Inbetriebnahme neuer Strecken, Stationen oder Hauptgleise sowie über die Tarife 
— neue Tarife sind vor der Herausgabe einzureichen — zu berichten. (Die Berichterstattung ist 
intern genau geregelt.) Den Privatbahnen gegenüber steht das Reichseisenbahnamt den Landes- 
behörden gleich. Gegenüber Staatsbahnen würde u. a. das Mittel der Exekution in Betracht 
kommen können (Art. 19 RVerf.). Den Reichseisenbahnen gegenüber vollzieht der Reichs- 
kanzler die Verfügungen des Reichseisenbahnamts. Wenn gegen eine Verfügung des Reichs- 
eisenbahnamts mit der Behauptung Gegenvorstellung erhoben wird, sie sei in den Gesetzen 
und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet, so entscheidet darüber nicht etwa der Reichs- 
kanzler oder Bundesrat, sondern das Reichseisenbahnamt selbst, verstärkt durch richterliche Be- 
amte (§ 5 Ziff. 4) (Regulativ zur Ordnung des Geschäftsganges bei dem durch Richter ver- 
stärkten Reichseisenbahnamte vom 13. März 1876 |ZBl. 197)). Das Reichseisenbahnamt besteht 
aus einem Vorsitzenden und der nötigen Anzahl von Räten; auch können erforderlichen- 
falls Reichseisenbahnkommissare bestellt werden (§ 1). Sie werden sämtlich vom Kaiser ernannt; 
die mittleren und unteren Beamten ernennt der Reichskanzler (§ 2). Die betreffenden Beamten 
dürfen nicht bei einer anderen deutschen Eisenbahnverwaltung beteiligt sein 1. 
§ 16. Die Landesaussicht. 
Eine Landesaufsicht besteht eigentlich nur gegenüber den Privatbahnen. Gegenüber den 
Staatsbahnen ist sie nicht nötig, weil diese unter oberster Aufsicht der sie gleichzeitig ver- 
waltenden Zentralstellen stehen. 
Landesaufsichtsorgane gegenüber den Privatbahnen (nicht auch gegenüber den Kleinbahnen) 
in Preußen sind die Kgl. Eisenbahnkommissare, d. h. die mit diesem Amt besonders betrauten 
Präsidenten der Kgl. Eisenbahndirektionen. Ihre Aufgaben sind ursprünglich unter Bezug 
auf § 46 des preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. Nov. 1838 (GS. S. 505) durch ein Regulativ, 
die Eisenbahnkommissariate betreffend, vom 24. Nov. 1848 (abgedruckt bei Fritsch S. 120) 
und ferner durch verschiedene Erlasse neuerer Zeit (das Nähere siehe bei Fritsch S. 121 ff.) 
dahin festgestellt, daß ihnen die Wahrung der Rechte des Staats den Eisenbahngesellschaften 
gegenüber sowie der Interessen der Eisenbahnunternehmungen als gemeinnütziger Anstalten 
und der Interessen des die Eisenbahn benutzenden Publikums übertragen ist. Insbesondere 
haben sie die Aufsicht über die finanziellen und alle Betriebsangelegenheiten der Eisenbahn- 
gesellschaften, sofern dabei ein öffentliches Interesse obwaltet, desgleichen die Fürsorge für die 
Aufrechterhaltung und Befolgung des Gesellschaftsstatuts und der den Gesellschaften auf- 
erlegten Bedingungen, namentlich die Überwachung der Ausführung des vorgeschriebenen 
Bahnpolizeireglements sowie der mit seiner Handhabung beauftragten Bahnbeamten. 
Daneben haben die Regierungspräsidenten die Enteignungsfragen, die Ausübung der 
Polizeistrafgewalt und die Regulierung der Wege-, Bewässerungs= und Vorflutangelegenheiten 
zu besorgen. 
1 Betr. Elsaß-Lothringen vgl. § 24 des Ges. über d. Verfassg. Elsaß-Lothringens vom 
31. 5. 1911 (Rel. 225).
	        
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