Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Recht des deutschen Verkehrswesens (Verkehrsrecht). 393 
mäss vor Antritt der Fahrt zu lösen ist. Fahrkarten sind grundsätzlich Inhaberpapiere (§ 13 
f.Best. 1). 
Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahre, für die kein besonderer Platz be- 
ansprucht wird, werden frei befördert. Wird für sie ein Platz beansprucht, so werden sie, ebenso 
wie Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahre, zu ermäßigten Preisen befördert 
(6 12 I2). 
Die Fahrpläne müssen vor ihrem Inkrafttreten veröffentlicht und rechtzeitig auf den 
Stationen ausgehängt werden. Uber ihren Inhalt und die Form bestehen bestimmte Vorschriften 
(§ 10). Fehler im amtlichen Fahrplanmaterial hat die Eisenbahn zu vertreten. Zum Einsteigen 
in den Zug muß abgerufen werden, wo dies nicht zu geschehen hat, wird es durch Aushang 
in den Wartesälen bekannt gemacht (§ 19 11|] und Ausf.-Best.). Falsches oder zu Unrecht unter- 
lassenes Abrufen macht die Bahn schadensersatzpflichtig (Ss# 19 und 5). Wer die Abfahrt ver- 
säumt, hat keinen Anspruch auf Erstattung des Fahrgeldes oder auf Entschädigung. Für die 
Versäumnis ist nicht die Abfahrt des Zuges, sondern das Abfahrzeichen maßgebend (5§ 21 [1 /2). 
Einen Rücktritt vom Vertrage kennt EVO. in diesem Falle nicht, sie geht davon aus, daß der 
Reisende Nacherfüllung verlangen darf, wozu er sich unter Umständen, d. h. wenn seine Fahr- 
karte für einen bestimmten Zug lautet — und namentlich, wenn sie durchlocht ist, ohne zur Fahrt 
benutzt zu sein —, diese gültig schreiben lassen muß (§ 21 I3] u. Ausf.-Best.). Die Eisenbahn 
übernimmt keine Gewähr für die Pünktlichkeit der Beförderung (§ 2611)), indes hält sie dem 
Reisenden, der durch Zugverspätung, Ausfall einer Fahrt, Naturereignisse in der Fortsetzung 
oder dem Antritt seiner Reise gestört wird, durch Erstattung des Fahrgeldes, Gewährung freier 
Rückbeförderung an die Abgangsstation oder Beförderung über einen Ersatzweg nach Mög- 
lichkeit schadlos (§ 26). Warteräume dürfen nur mit Fahrkarte betreten werden (§ 16 (1), 
Anspruch auf Nachtquartier in ihnen besteht nicht, doch müssen auf Ubergangsstationen und 
Stationen, wo Züge über Nacht stehen bleiben, die Warteräume für Reisende, die weiterfahren 
wollen, geöffnet sein, wenn die nächtliche Zugpause weniger als vier Stunden beträgt (§ 17 /2). 
Wer im Besitz einer gültigen Fahrkarte ist, hat Anspruch auf einen Platz der bezahlten 
Klasse; das ist in der Regel kein bestimmter Platz (aber D-Zug [(S 15 Ausf.-Best.)). Auch 
besteht nicht ein Anspruch auf Beförderung in einer bestimmten Art Abteil: Raucher, Nicht- 
raucher, Frauen (§ 20 (1)). Wer keinen Platz angewiesen erhalten kann, kann gegen Erstattung 
des Preisunterschiedes Beförderung in der nächstniedrigen Klasse verlangen oder die Fahrt 
unterlassen und Fahrgeld und Gepäckfracht zurückverlangen (§ 20 [1).. 
Die EVO. enthält außerdem Vorschriften, die das Verhalten der Reisenden während der 
Fahrt regeln. So §5 22 (Offnen der Fenster auf beiden Seiten), § 18 (Frauen= und Nichtraucher- 
abteile sind von Männern und Rauchern zu respektieren), § 19 (Anweisung von Plätzen durch das 
Personal, Belegen von Plätzen), § 24 (Aussteigen bei Anhalten auf offener Strecke). Weitere 
Vorschriften der Art finden sich in BO. I§ 80, 81, 82. Verstöße gegen diese Vorschriften, auch 
der EVO., unterliegen der bahnpolizeilichen Ahndung (BO. F 82). 
c) Beförderung von Reisegepäck (Abschnitt IV). Reisegepäck sind Gegenstände, 
deren der Reisende zur Reise bedarf (§ 30 (1)). Die Ausführungsbestimmungen zu § 30 zählen 
im einzelnen auf, was darunter fällt. Diese Gegenstände werden als Reise gepäck nur ab- 
gefertigt, wenn dabei gleichzeitig Fahrkarten für die Strecke vorgelegt werden, für die die 
Gepäckabfertigung verlangt wird (§ 32 Ausf.-Best. 1 (1112l). Ohne Vorlage von Fahrkarten 
wird Reisegepäck auf Entfernungen über 25 km zu den Sätzen des Expreßguttarifs angenommen 
nach Stationen, für die Expreßgutfrachtsätze bestehen (I 32 Ausf.-Best. 5). Man muß auf- 
gegebenes und nicht aufgegebenes Reisegepäck unterscheiden. Aufgegebenes ist solches, das 
eine Gepäckabfertigung zur Beförderung übernommen hat. Ihm steht das Gepäck gleich, das 
in dringenden Fällen ausnahmsweise unter dem Vorbehalt späterer Abfertigung befördert oder 
auf Stationen ohne Gepäckabfertigung angenommen wird (§ 32/11 (51 (60. Nicht aufgegebenes 
Reisegepäck sind das Handgepäck (§ 28) und Gegenstände, welche sich in Fahrzeugen befinden, 
die als Reisegepäck aufgegeben sind (§ 30 I(3] und § 35 13). 
Für aufgegebenes Reisegepäck haftet die Eisenbahn wie für Güter (§ 3511.) mit den Ab- 
weichungen der §§ 35 (2) 36 und namentlich des § 37 für verspätete Ankunft des Reisegepäcks. 
Für nicht aufgegebenes Reisegepäck haftet sie nur, soweit sie ein Verschulden trifft (5 2814 835/3).
	        
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