Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

398 Ernst Blume. 
auf einem Ereignis beruht, das sie weder herbeigeführt noch abzuwenden vermochte (EVO. 
§ 94; HGB. 8 466; JU. Art. 39). 
Auch hier ist die Haftung dem Umfang nach eingeschränkt: Nicht der volle Schaden, sondern 
nur ein Frachtteil oder die volle Fracht, und zwar nach EVO. auch, wenn kein Schaden ent- 
standen (EVO. 8 9412;, anders JU. Art. 40(1)13)), sind zu ersetzen, wenn nicht Interessedeklaration 
vorliegt, wo bei nachgewiesenem Schaden dieser bis zum deklarierten Betrage erstattet wird 
(EVO. 8 94 [1]b; HGB. § 466 Abs. II; Ju. Art. 40 (4)), oder bei Vorsatz und grober Fahrlässig- 
keit (EVO. § 95; HGB. F 466; Jll. Art. 41). 
7) Wenn Verlust, Minderung oder Beschädigung mit Lieferfristüberschreitung zusammen- 
treffen, ist Entschädigung aus beiden Gründen möglich (EuO. F 94 13)). 
0) Erweiterung der Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Die aufgeführten 
Einschränkungen der Haftung sowohl hinsichtlich der Höhe des zu ersetzenden Schadens als auch, 
soweit besondere Eigenschaften des Gutes sie mindern, verlieren ihre innere Berechtigung, wenn 
die Ursachen der Schäden, d. h. Verlust, Minderung, Beschädigung oder Lieferfristüberschreitung, 
durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Eisenbahn herbeigeführt sind (HGB. §8§ 457, 461, 
466), in diesen Fällen ist der volle Schaden zu ersetzen. Daß nach den Bestimmungen des 
Handelsgesetzbuchs die Einführung der Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nur den 
Sinn hat, die Einschränkungen hinsichtlich der Höhe aufzuheben, die das HGB. bei Verlust, 
Minderung und Beschäftigung (S§ 457, 461) oder Lieferfristüberschreitung (§ 466) aufstellt, 
folgt ohne weiteres daraus, daß sie jedesmal in dem betreffenden Paragraphen als Schluß- 
absätze beigefügt sind, sich also nur auf die vorhergehenden Bestimmungen beziehen können. 
Den erklärten gleichen Zweck haben die entsprechenden Vorschriften in der EVO. (§ 95) 
und im IJ. (Art. 41). Der Umstand, daß sie hier in besonderen Abschnitten für sich stehen, 
hat manche veranlaßt, ihnen einen weiteren Zweck zuzuschreiben und zu behaupten, eben durch 
diese Alleinstellung sei beabsichtigt, nicht nur die Einschränkung hinsichtlich der Höhe aufzuheben, 
sondern noch einen besonderen Haftungs grund für die Eisenbahn zu schaffen. Nicht nur 
über die Höhe des Schadens in den vier vorhergehenden Schadensfällen solle Bestimmung 
getroffen werden, sondern es solle im Vorsatz und der groben Fahrlässigkeit ein fünfter und 
sechster besonderer Haftungsfall geschaffen werden. Gegen die Richtigkeit dieser Auffassung 
spricht erstens der Vergleich mit der Anordnung im HG., ferner die Entstehungsgeschichte 
dieser Bestimmungen und endlich der Erfolg, der mit jener Neuschaffung von Haftungsgründen. 
verbunden wäre. Wäre nämlich jene Ansicht richtig, so bedeutete sie eine Einschränkung der 
vertraglichen Haftung der Eisenbahn, die, soweit es sich nicht gerade um Verlust, Minderung, 
Beschädigung und Lieferfristüberschreitung handelt, doch nicht nur zum Ersatz des vollen Schadens 
verpflichtet ist, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig ihre Pflichten verletzt, sondern schon, 
wenn sie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verletzt hat, ein Erfolg, den die Vertreter 
jener Ansicht gewiß selbst nicht beabsichtigen. 
6) Die sämtlichen Ansprüche aus dem Frachtvertrage erlöschen gegen die Eisenbahn in 
dem Augenblick, wo die Fracht und die sonst auf dem Gute haftenden Forderungen bezahlt sind, 
und das Gut angenommen ist (E##O. § 97; H#GB. 8 438; Ju. Art. 44). Von dieser Regel 
bestehen einige Ausnahmen (EV0O. § 97 (21; Jl. Art. 44 I2). 
§ 21. Beziehungen der Eisenbahnen zu anderen Verwaltungen. 
Die Eisenbahnen — und zwar Staats- und Privat= sowie Kleinbahnen — kommen mit 
anderen Zweigen der Staatsverwaltung in mannigfache Berührung. 
I. Hier ist zuerst die Landesverteidigung, also die Militärverwaltung zu nennen. Auf 
ihre Interessen hat die Eisenbahn schon beim Bau gewisse Rücksichten zu nehmen, so nach 
dem Gesetz betreffend die Beschränkungen des Grundeigentums in der Umgebung von Festungen 
vom 21. Dez. 1871 (Ro#l. 459), dem sogenannten Reichsrayongesetz (vor allem §§ 13 und 30); 
ferner bestehen interne Vorschriften, inwiefern bei Erteilung von Konzessionen für Privat- 
bahnen die Militärverwaltung nach ihren Interessen zu befragen ist. Außer auf den Festungs- 
rayon wird auch u. a. auf die Lage von Schießplätzen bei der Linienführung Rücksicht genommen.
	        
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