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leistung erforderlichen Anordnungen zu treffen, auch für schleunigste Benachrichtigung des
nächsten Zollbeamten zu sorgen, bis zu dessen Eintreffen er selbst das Zollinteresse zu wahren
hat. Wider den Willen des Schiffers dürfen Maßregeln zur Bergung und Hilfeleistung nicht
ergriffen, insbesondere das Schiff nicht betreten werden. Ist das Schiff von der Besatzung
verlassen, so bedarf es dazu der Erlaubnis des Strandvogts, sofern nicht dringende Gefahr im
Verzuge ist. Auf die Tätigkeit der Vereine zur Rettung Schiffbrüchiger finden diese Vor-
schriften aber keine Anwendung. Der Schiffer kann auch jederzeit, gegen Hinterlegung einer
entsprechenden Sicherheit für die bereits entstandenen Bergungskosten, dem Strandvogt die
Leitung des Bergungsverfahrens wieder abnehmen. Der Strandvogt gilt als Polizeibehörde
im Sinne des § 360 Nr. 10 des Strafgesetzbuchs. Er ist insbesondere befugt, zur Rettung von
Menschenleben die erforderlichen Fahrzeuge und Gerätschaften zu requirieren. Er hat vor
allem für die Rettung von Menschenleben zu sorgen, die Schiffs- und Ladungspapiere und das
Schiffsjournal an sich zu nehmen, letzteres möglichst bald mit dem Datum und seiner Unter-
schrift abzuschließen und dann dem Schiffer sämtliche Papiere zurückzugeben. Ohne Ge-
nehmigung des Schiffers darf nichts aus dem Schiffe fortgeschafft werden. UÜber die ge-
borgenen Gegenstände hat das Strand amt unter Zuziehung des Schiffers und des Zoll-
beamten ein Verzeichnis aufzunehmen, in denen auch der Wert angegeben ist. Die Gegen-
stände dürfen dem Schiffer gegen Zahlung der Bergungskosten herausgegeben werden. Leicht-
verderbliche Gegenstände oder solche, deren Aufbewahrung unverhältnismäßige Kosten ver-
ursachen würde, sind öffentlich vom Strandamt zu verkaufen.
Die folgenden S§ 20—25 behandeln den Seeauswurf — Gegenstände, die von der See
auf den Strand geworfen werden —, die strandtriftigen Gegenstände — die von der See an
den Strand getrieben werden —, die versunkenen und die seetriftigen Gegenstände — letztere
sind auf der See treibende Gegenstände. Sie alle sind zu bergen — was dem Strandvogt oder
der nächsten Polizeibehörde sofort anzuzeigen ist — und zu deren Verfügung zu halten. Der
Berger hat Anspruch auf Bergelohn; er wird über Ort und Umstände der Bergung und den
beanspruchten Lohn gehört. Die geborgenen Gegenstände sind dem Empfangsberechtigten
gegen Erstattung oder Sicherstellung der Bergungskosten auszuhändigen. Ist der Empfangs-
berechtigte nicht bekannt, so ist nach ihm gemäß §§ 26—35 zu forschen, wo das Aufgebots-
verfahren in Bergungssachen und das Recht auf herrenlose geborgene Gegenstände geregelt ist.
Die Oberaufsicht führt auch in Strandungsangelegenheiten das Reich (§ 3).
8. Der Förderung der deutschen Schiffahrt dient auch das Gesetz vom 22. Mai 1881
(RG#Bl. S. 97) betreffend Küstenfrachtfahrt. Nach ihm steht das Recht, Güter in einem deutschen
Seehafen zu laden und nach einem andern deutschen Seehafen zu befördern, um sie daselbst
auszuladen (Küstenfrachtfahrt), ausschließlich deutschen Schiffen zu, ausländischen nur auf Grund
etwaiger Staatsverträge. Ubertretungen werden mit Geldstrafe bis 1500 Mk. und Einziehung
von Schiff und Fracht, eventuell im objektiven Verfahren (5§ 42 RSt GB.) geahndet. Auch
das Gesetz betreffend den Bau des Nordostseekanals vom 16. März 1886 (RGl. S. 58) ist in
gewisser Weise hierher zu rechnen, wenn auch dieser Kanal neben dem Verkehr namentlich der
Landesverteidigung nützen soll.
9. Zum Seeverkehrsrecht ist schließlich auch die Schiffsvermessungsordnung vom 1. März
1895 (Rl. S. 160) zu zählen, welche das Verfahren festsetzt, nach welchem der Raumgehalt
der ausschließlich oder vorzugsweise zur Seefahrt bestimmten Fahrzeuge gemessen wird.
(„Meßbrief“. Das dem Reichsamt des Innern unterstellte Schiffsvermessungsamt in Berlin
hat als ausführende Organe in Preußen die Steuer- und Zollämter unter Beistand eines Schiffs-
bautechnikers.) Endlich gehört hierher das Reichsgesetz betreffend das Flaggenrecht der Kauf-
fahrteischiffe vom 22. Juni 1899 (RGBl. 319) mit der Abänderung durch das Reichsgesetz vom
29. Mai 1901 (RGl. 184).
10. An internationalem Seeschiffahrtsrecht ist das Übereinkommen
zur einheitlichen Feststellung von Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen vom 23. Sept.
1910 (RBl. 1913 S. 49) zu erwähnen, das zwischen dem Deutschen Reiche und dreiundzwanzig
Staaten in Brüssel abgeschlossen ist. Es regelt die Schadensersatzfrage bei Schiffszusammen-
stößen. Dazu gehört das UÜbereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die