Recht des deutschen Verkehrswesens (Verkehrsrecht). 419
Es wird zwischen Flugwesen, Luftschiffahrt und Fesselballonen unterschieden.
Während Flieger mit einem Prüfung:zeugnis im allgemeinen überall außerhalb der
bewohnten Ortschaften mit ihrem Flugzeug aufsteigen dürfen, sollen Flugversuche der nicht
mit einem Führer-Prüfungszeugnis ausgestatteten Personen außer an Flugplätzen nur da zu-
gelassen werden, wo eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht zu befürchten ist.
Von einem allgemeinen Verbot des Überfliegens bewohnter Ortschaften soll abgesehen,
die Flieger aber auf die damit verbundene Gefahr hingewiesen werden. Verboten soll das
Überfliegen von Sprengstoffabriken, Petroleumlagern, Gasanstalten und ähnlichen feuergefähr-
lichen Anlagen sowie von mit elektrischen Hochspannungsleitungen netzartig überzogenen Grund-
stücken werden. Flüge über Befestigungen und innerhalb eines Umkreises von 10 km von solchen
sind nur mit schriftlicher Erlaubnis der zuständigen militärischen Behörde zuzulassen. Zuwider-
handelnde sind als der Spionage verdächtig anzusehen.
Das „Zeugnis für Flugzeugführer"“ wird vom Vorstande des deutschen Luftschifferverbandes
in Berlin ausgestellt und darüber dem Polizeipräsidenten in Berlin Mitteilung gemacht.
Ebenso müssen die Führer von Luftschiffen, in denen Fahrgäste mitgenommen werden,
sich im Besitze eines von demselben Vorstande ausgestellten „Zeugnisses für Luftschifführer"
befinden. Auch die Mannschaft des Luftschiffs muß, soweit sie mit der Handhabung des Motors
betraut ist, ein Zeugnis besitzen, das von einem Sachverständigen zur Prüfung von Kraftfahr-
zeugführern ausgestellt ist. Es ist ein Revisionsbuch vorgeschrieben.
Auch Führer von Freiballonen und Fesselballonen mit Fahrgästen müssen ein Führer-
zeugnis haben. In beiden Fällen ist auch noch eine Prüfung des Materials und der Ausstattung
vorgesehen.
2. Auch die Eisenbahnen sind bemüht, den Bedürfnissen des Luftverkehrs entgegen-
zukommen. Abgesehen davon, daß sie für Flugapparate und Flugmaschinen und Teile von
solchen besondere Sätze eingeführt haben, gewähren sie den Begleitern von Flugapparaten,
Flugmaschinen und Luftschiffen oder von Teilen von solchen besonders ermäßigtes Fahrgeld.
Weiter hat man den verdichteten Wasserstoff zum Füllen von Luftschiffen und Luftballons in
den Spezialtarif III, verdichteten Wasserstoff auch in den Tarif für bestimmte Stückgüter auf-
genommen, endlich auch die Beförderung von Wasserstoffgas zur Füllung von Luftschiffen in
Privatgefäßwagen zugelassen.
Auch die Beförderung von Schülern der Luftschifferschule zum Militärtarif ist hierher
zu rechnen.
3. Als Luftverkehrsbestimmung im eigentlichsten Sinne des Wortes kann man eine Ver-
fügung des Reichspostamts vom 21. August 1912 (ABl. des RP#. 1912, 194) bezeichnen, durch
die das eine Verkehrsinstitut den Verkehrsbedürfnissen des mit dem anderen beförderten Publi-
kums Rechnung trägt. Die Reichspost hat nämlich an Bord der Zeppelin-Luftschiffe der Delag
(Deutschen Luftschiffahrts-Mktien-Gesellschaft) Postbetriebsstellen für die Annahme und Be-
arbeitung der von Mitfahrern der Luftschiffe während der Fahrt innerhalb Deutschlands auf-
gelieferten gewöhnlichen Briefe und Postkarten widerruflich eingerichtet. Diese Postsachen
sind mit gewöhnlichen deutschen, bei Fahrten in Bayern auch bayrischen Postwertzeichen frei-
zumachen. Sie werden nach Landung des Luftschiffs der nächsten Ortspostanstalt zur Weiter-
beförderung übergeben.
4. Aus dem besonderen Gebiete des Militärflugfahrtrechts, für das schon eingehendere
Vorschriften vorhanden sind, sind namentlich diejenigen über die Beförderung von Luftfahr-
zeugen und deren Begleiter zu nennen, die in der Militärtransportordnung enthalten sind. In
diesem Zusammenhang kann endlich noch das Fürsorgegesetz für militärische Luftfahrer vom
29. Juni 1912 (RBl. 415) genannt werden. Dieses Gesetz gewährt den in Ausübung des
Luftfahrdienstes verunglückten pensions= oder rentenberechtigten Angehörigen des Reichsheeres,
der Kaiserlichen Marine und der Kaiserlichen Schutztruppen eine Luftdienstzulage nach Art der
Kriegszulage, ihren Hinterbliebenen Versorgung wie den Hinterbliebenen der Kriegsdienst-
beschädigten oder im Kriege Gefallenen.
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