Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

426 G. Strutz. 
ihrem Wesen nach innewohnenden oder ihnen von einem übergeordneten politischen Körper 
verliehenen Zwangsgewalt die vermöge persönlicher Angehörigkeit, Wohnsitzes, Aufenthalts, Eigen- 
tums, Besitzes, gewerblicher oder sonstiger Tätigkeit, Verkehrsvorganges oder Inanspruchnahme 
der Veranstaltungen des politischen Körpers jener ihrer Zwangsgewalt erreichbaren Privat- 
wirtschaften zu Leistungen an Geld und Geldeswert heranziehen ohne einen speziellen Entgelt 
oder doch nur gegen einen einseitig von ihnen bestimmten Entgelt. Diese kraft der den politischen 
und sonstigen öffentlichen Körpern als solchen innewohnenden oder beigelegten Zwangsgewalt, 
also kraft öffentlichen Rechts erforderten Leistungen ½ nennen wir, sofern sie in Geld oder andern 
Sachgütern bestehen, „öffentliche Abgaben“" oder „Abgaben" schlechthin. Nicht unter 
diesen Begriff fallen also die seitens eines Gemeinwesens kraft seiner Zwangsgewalt geforderten 
Arbeitsleistungen, wie sie zur Erfüllung wirtschaftlicher Aufgaben noch in geringem 
Umfange in Gestalt von „Naturaldiensten“ namentlich in kleinen Gemeinwesen vorkommen. 
Dagegen ist es nicht berechtigt, den Begriff der „Abgabe“ auf Geld leistungen zu beschränken, 
wenn auch die „Naturalabgaben“ in der heutigen Zeit der Geldwirtschaft als regelmäßiges Mittel 
zur Befriedigung des Sachgüterbedarfs namentlich der politischen Körper so gut wie verschwunden 
sind und daher aus unserer Betrachtung ausscheiden können. 
Die Abgaben werden, wie wir sahen, gefordert, entweder, ohne daß das abgabefordermde 
Gemeinwesen dem Abgabepflichtigen für die Abgabe überhaupt einen speziellen Entgelt gewährt, 
oder doch nur unter Gewährung eines einseitig von dem Gemeinwesen bestimmten Entgelts. 
Im erstern Falle haben wir es, sofern die Abgabe in Geld besteht, mit „Steuern" zu tun, 
die sich somit nach dem Vorgesagten charakterisieren als Geldabgaben, welche ein öffentlicher 
Körper erhebt ohne Rücksicht auf den dem einzelnen zu der Abgabe Herangezogenen aus be- 
stimmten Veranstaltungen des Gemeinwesens erwachsenden Nutzen, vielmehr lediglich gestützt 
auf das unbeschränkte oder beschränkte Subjektionsverhältnis, in dem der Herangezogene zu dem 
Gemeinwesen persönlich oder durch sein Eigentum, seinen Besitz, seine Tätigkeit dauernd steht 
oder in das er durch einen einzelnen Vorgang rechtlicher oder wirtschaftlicher Art gelangt ist 2. 
Den Steuern stehen als die zweite große Gruppe der öffentlichen Abgaben gegenüber diejenigen 
Geldabgaben, die erhoben werden als ein öffentlich-rechtliches Entgelt für den von dem einzelnen 
aus bestimmten Veranstaltungen des Gemeinwesens gezogenen Nutzen oder — was nur eine 
weitere Auffassung des Begriffes „Nutzen“ bedeutet — für den durch den einzelnen dem 
Gemeinwesen auf bestimmten Gebieten der Tätigkeit des letztern verursachten erhöhten Auf- 
wand. Man pflegt diese Art öffentlicher Abgaben vielfach unter der Bezeichnung „Gebühren“ 
zusammenzufassen. Indes fassen wir in Übereinstimmung mit der neueren Gesetzgebung den 
Gebührenbegriff enger und beschränken ihn auf solche Abgaben der vorbezeichneten Art, deren 
Verpflichtung nur eintritt durch die Benutzung einer von dem Gemeinwesen unterhaltenen 
Veranstaltung und nur für den diese Benutzenden. Wir unterscheiden von ihnen diejenigen 
Abgaben, die zwar auch spezielle Entgelte einzelner für bestimmte einzelne Leistungen des 
Gemeinwesens sind, aber nicht eine spezielle Inanspruchnahme einer bestimmten Veranstaltung 
des letztern durch den zu dem Beitrag Heranzuziehenden zur Voraussetzung haben, nicht an einen 
Benutzungsakt anknüpfen, sondern ihren Verpflichtungsgrund schon in der — im einzelnen nach- 
zuweisenden oder gesetzlich vorausgesetzten — Tatsache haben, daß eine bestimmte Veranstaltung 
des Gemeinwesens für bestimmte seiner Abgabegewalt unterworfene Wirtschaften besondere, 
andern nicht oder in geringerem Maße zufließende Vorteile mit sich bringt, die „Beiträge“. 
Es erhellt, daß diese „Beiträge“ den Steuern näherstehen als die Gebühren im engern Sinn, 
1 Den üblichen Ausdruck „Zwangsbeiträge“ vermeiden wir wegen des mit dem Wort „Bei- 
träge“ verbundenen spezifischen Sinnes. Vgl. weiter unten. 
2 Wenn und insoweit einzelne Gattungen der der Abgabegewalt eines Gemeinwesens 
unterworfenen Wirtschaftssubjekten, -objekten und -vorgängen mit Rücksicht auf besonderen Nutzen 
von bestimmten Arten von Veranstaltungen des Gemeinwesens oder auf besondere Steigerung 
der Kosten hierfür einer Abgabe ausschließlich oder in höherem Ausmaße als andere-unterworfen 
werden, verliert hierdurch die Abgabe bzw. Mehrabgabe noch nicht den Charakter der Steuer. 
Eine Zusammenstellung der im einzelnen voneinander abweichenden Definitionen der 
„Steuern“ befindet sich in des Verfassers Artikel „Steuer“ im „Handwörterbuch der Preußischen 
Verwaltung“ von v. Bitter. Die im Text gegebene Begriffsbestimmung entspricht der dort 
vom Verfasser aufgestellten.
	        
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