Abgabenrecht. 433
besondere des ausgeführten und des zu gewerblichen Zwecken verwendeten, durch „Vergällung“
(„Denaturierung") zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemachten, zu entrichten, und zwar
sobald der Branntwein in den freien Verkehr tritt, und von demjenigen, der ihn zur freien
Verfügung erhält. Die Betriebsauflage ist nach der Höhe der Gesamtproduktion
progressiv gestaltet und von dem Brennereibesitzer zu entrichten, sobald die abgabepflichtige
Alkoholmenge festgestellt ist. Die Verbrauchsabgabe beträgt 1,25 Mk., in Bayern,
Württemberg und Baden für gewerbliche Brennereien nur 1,20 und für andere Brennereien
1,1175 Mk. für das Liter absoluten Alkohols. Für kleine Brennereien, d. i. solche mit einer Jahres-
erzeugung, in Süddeutschland einem Kontingente, bis zu 300 Hektoliter treten degressiv abgestufte
Ermäßigungen, im Höchstsatze von 0,09, in Süddeutschland von 0,11 Mark ein, an denen aber außer-
halb der drei süddeutschen Staaten und Hohenzollerns nur landwirtschaftliche, Obst- und gewerb-
liche Getreidebrennereien ohne Hefenerzeugung teilhaben. Das Kontingent der süddeutschen
Staaten wird von zehn zu zehn Jahren periodisch nach dem durchschnittlichen Inlandsverbrauch
der jeweils letzten drei Jahre und der Bevölkerungsziffer dieser Staaten festgestellt: und diesen
zur Unterverteilung auf die Brennerien überwiesen. Die näheren Bestimmungen trifft der
Bundesrat.
Die Betriebsauflage soll durch Verwendung ihres Aufkommens zu Ver-
gütungen für vergällten und ausgeführten Branntwein zur Förderung des Brennereigewerbes
und durch ihre progressive Gestaltung dem Schutze der kleineren und mittleren Brennereien
gegen eine übermächtige Konkurrenz der Großbetriebe dienen. Sie ist eine allgemeine, die
grundsätzlich von allen Brennereien, aber, wie erwähnt, in mit der Erzeugung, von 4 bis 14 Mk.
für den Hektoliter, steigenden Sätzen, erhoben wird, und eine verschieden bemessene besondere für
gewisse Betriebsarten, für den Sommerbrand landwirtschaftlicher Brennereien, d. h. deren Betrieb
zwischen Mitte Juni und Mitte September, und für alle gewerblichen Brennereien. Für den
sog. „Übechrand wird die allgemeine und besondere Betriebsauflage um die Hälfte erhöht.
Dieser UÜberbrand ist die den „Durchschnittsbrand“ übersteigende Erzeugung, der Durchschnitts-
brand die von vor dem 1. Oktober 1907 betriebsfähig hergerichteten Brennereien in den Betriebs-
jahren 1902/3 bis 1906/7 bei gewerblichen, 1897/8 bis 1906/7 bei landwirtschaftlicher unter Weg-
lassung der höchsten und geringsten Jahresziffer durchschnittlich erzeugte Alkoholmenge mit gewissen
Kürzungen und Modifikationen. Bei den nach dem 30. September 1907 betriebsfähig gewordenen
Brennereien wird der Durchschnittsbrand nach dem Umfang der Betriebseinrichtungen, dem wirt-
schaftlichen Bedürfnis, bei landwirtschaftlichen Brennereien unter Berücksichtigung der landwirt-
schaftlich genutzten Fläche und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse sowie unter Vergleichung
mit dem Betriebsumfang anderer Brennereien festgesetzt, aber auf nicht mehr als 40 000 Liter
für landwirtschaftliche und 6000 für Obstbrennereien. Gänzlich befreit von der Betriebsauflage
sind gewisse Kleinbrennereien, während mittlere Brennereien und landwirtschaftliche Genossen-
schaftsbrennereien unter bestimmten Voraussetzungen Ermäßigungen genießen. Der gesamte
Überbrand und ein vom Bundesrat alljährlich festzusetzender Mindestteil des Durchschnitts-
brandes muß vergällt oder ausgeführt werden. Da derjenige vergällte Branntwein, der zu Essig
verwendet wird, an den aus der Betriebsauflage gewährten Vergütungen nicht teilnimmt und
auch der in sog. „Essigbrennereien“ aus Malz gewonnene Essig nach dem Brausteuergesetz mit
drei Achtel der Brausteuer belastet wird, so ist durch das Branntweinsteuergesetz für den andern-
falls ungebührlich begünstigten Holzessig eine besondere Steuer vorgesehen, die Essigsäure-
verbrauchsabgabe, welche die aus Holzessig oder essigsauren Salzen gewonnene Essig-
säure trifft und 0,30 Mk. für das Kilogramm beträgt.
Im Gegensatz zur Branntweinsteuer ist die Brausteuer ? s auch heute noch, und zwar
sowohl nach dem Reichsgesetz in der Brausteuergemeinschaft, als auch nach den Landesgesetzen
der süddeutschen Staaten, Materialsteuer: sie wird in der Brausteuergemeinschaft von dem
zur Bierbereitung verwendeten Malze und Zucker erhoben; um diesen Maßstab zu einem einiger-
maßen zutreffenden für das Produkt, das ja im Ergebnis besteuert werden soll, zu machen, ist die
Verwendung anderer als der vom Gesetz zugelassenen Stoffe, nämlich Malz, Hopfen, Hefe,
1 Bis 1918 verbleibt es bei dem nach dem Pheren Gesetz festgestellten Kontingent.
: Gesetz vom 15. Juli 1909 (Rl. S. 773
Enzyklopädie der Rechtswifsenschaft. 7. der Neubearb. 2. on Band IV. 28