Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

436 G. Strutz. 
Einbringen von Nachlaßgegenständen in eine von den Erbschaftsteilnehmern gebildete Gesell- 
schaft m. b. H. und die Rückgewähr der von einem Gesellschafter in eine Gesellschaft eingebrachten 
Vermögensgegenstände an ihn, seine Erben oder seine Ehefrau. Die Reichsstempelabgabe ist 
meist ein Wertstempel. Einem Fixstempel unterliegen die Kuxe, Genußscheine von Aktien- 
gesellschaften, Schiffs- und Eisenbahnfrachturkunden sowie die Schecks und Quittungen über 
Auszahlungen aus Bankguthaben, während sich die Abgabe von Kraftfahrzeugen nach deren Art 
und Pferdestärke, für ausländische nach der Dauer des Aufenthalts im Inlande richtet. Der 
Wertstempel beträgt für Aktien, Anteilscheine, Renten- und Schuldverschreibungen ½ bis 5 
v. H., für Gewinnanteilschein- und Zinsbogen 2 bis 10 vom Tausend, für Kauf= und sonstige 
Anschaffungsgeschäfte 0,2 bis 1 vom Tausend, für Lotterielose, denen Wetteinsätze gleich- 
stehen, 20 und 25 v. H., für Fahrkarten 5 Pf. bis 8 Mk., für Vergütungen der Aufsichtsräte 
8 v. H., für Grundstücksübertragungen ein Drittel v. H., jedoch bis 1914 mit einem Zuschlag 
in gleicher Höhe, der sich dann je nach dem Ertrage der Zuwachssteuer ermäßigt; gebundener 
Grundbesitz zahlt statt des Umsatzstempels eine jährliche Wertabgabe. Im allgemeinen sind 
bei den Wertstempeln ausländische Papiere mit höheren Sätzen als inländische belegt. Der 
wichtigste Fixstempel, die sog. Schecksteuer, beträgt 0,1 Mk. Steuerpflichtig ist in der Regel 
derjenige, der das Papier ausstellt oder ausgibt, bei Kauf= und sonstigen Anschaffungsgeschäften 
der Vermittler, in Ermangelung eines solchen die Kontrahenten, bei Frachturkunden der Fracht- 
führer, bei Fahrkarten die Eisenbahn- oder Dampfschiffsunternehmung, bei Kraftfahrzeugen 
der Eigentümer, bei Vergütungen der Vorstand der Gesellschaft, bei Schecks und Quittungen 
der Aussteller, bei Grundstücksübertragungen die Teilnehmer am Rechtsgeschäft oder 
Extrahenten der Urkunde, bei Fideikommissen der Fideikommißbesitzer. 
Mit der Reichsstempelabgabe von Grundstücksübertragungen nahe verwandt ist das jüngste 
Glied des Reichssteuersystems, die Zuwachssteuern: auch sie knüpft sich an den Übergang 
des Eigentums an inländischen Grundstücken und ihnen gleichstehenden Rechten. Aber sie bemißt 
sich nicht nach dem gesamten Preise oder Werte des Grundstücks, sonderm nur nach dem „ohne 
Zutun des Eigentümers entstandenen Wertzuwachs.“ Den letztern stellt derjenige Betrag. 
dar, um den der Veräußerungspreis, gekürzt um die Kosten der Veräußerung und in gewissem 
Umfange um die Zinsverluste am Erwerbspreise durch Ertragsausfälle, den Erwerbspreis, zu- 
züglich der Kosten des Erwerbes und der Verbesserungen sowie einzelner anderer Ausgaben, 
übersteigt; soweit Preise nicht vorliegen, tritt an ihre Stelle der Wert. Erwerb von Todes- 
wegen, infolge von Gütergemeinschaft und Nachlaßteilung, durch Abkömmlinge von Aszendenten 
und einige andere Fälle des Eigentumswechsels bleiben steuerfrei, jedoch mit der Maßgabe, daß. 
sie bei dem nächsten steuerpflichtigen Eigentumswechsel derart als nicht vorhanden angesehen 
werden, daß hinsichtlich des Erwerbspreises oder -wertes und der Berechnung der Besitzzeit 
bis auf den vorhergehenden Eigentumswechsel steuerpflichtiger Art zurückgegangen wird. Sub- 
jektive Steuerbefreiungen genießen Landesfürst und Landesfürstin, Reich, Belegenheitsstaat 
und -gemeinde und unter bestimmten Voraussetzungen Vereinigungen für innere Kolonisation, 
Arbeiteransiedlung, Grundentschuldung und Wohnungsfürsorge, endlich physische Personen mit 
Einkommen von nicht mehr als 2000 M. für nicht gewerbsmäßige Veräußerungen gering- 
wertiger Grundstücke d. h. bebauter im Preise von nicht mehr als 20000 M. und unbebauter 
von nicht mehr als 5000 M. An Stelle des Eigentumswechsels wird bereits das 
obligatorische Rechtsgeschäft besteuert, wenn ersterer nicht binnen Jahresfrist dem letztern 
folgt. Die Steuer ist progressiv mit der prozentualen Höhe des Wertzuwachses, in- 
dem sie von 10 bis auf 30 v. H. des letztern steigt, dagegen degressiv mit zunehmen- 
der Dauer der Besitzzeit, indem sie sich für jedes Jahr derselben um 1 v. H. ihres Betrages ver- 
mindert. Die Entrichtung der Steuer liegt dem Veräußerer ob, bei dessen Unpfändbarkeit dem 
Erwerber, diesem aber nur bis auf 2 v. H. des Veräußerungspreises. Das Steueraufkommen 
fließt nur zur Hälfte dem Reiche zu, zu einem Zehntel dem Staate und zu vier Zehnteln den 
Gemeinden und Gemeindeverbänden?. 
Soweit alle diese Verkehrssteuern des Reiches das Ziel verfolgen, eine sich im Besitz von 
Vermögenswerten ausprägende Leistungsfähigkeit zu treffen, tun sie es doch nur auf Umwegen, 
Gesetz vom 14. Februar 1911 (G l. S. 33). 
2 Hinsichtlich Preußens vgl. aber unten Anm. 2 auf S. 18. 
 
	        
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