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Einbringen von Nachlaßgegenständen in eine von den Erbschaftsteilnehmern gebildete Gesell-
schaft m. b. H. und die Rückgewähr der von einem Gesellschafter in eine Gesellschaft eingebrachten
Vermögensgegenstände an ihn, seine Erben oder seine Ehefrau. Die Reichsstempelabgabe ist
meist ein Wertstempel. Einem Fixstempel unterliegen die Kuxe, Genußscheine von Aktien-
gesellschaften, Schiffs- und Eisenbahnfrachturkunden sowie die Schecks und Quittungen über
Auszahlungen aus Bankguthaben, während sich die Abgabe von Kraftfahrzeugen nach deren Art
und Pferdestärke, für ausländische nach der Dauer des Aufenthalts im Inlande richtet. Der
Wertstempel beträgt für Aktien, Anteilscheine, Renten- und Schuldverschreibungen ½ bis 5
v. H., für Gewinnanteilschein- und Zinsbogen 2 bis 10 vom Tausend, für Kauf= und sonstige
Anschaffungsgeschäfte 0,2 bis 1 vom Tausend, für Lotterielose, denen Wetteinsätze gleich-
stehen, 20 und 25 v. H., für Fahrkarten 5 Pf. bis 8 Mk., für Vergütungen der Aufsichtsräte
8 v. H., für Grundstücksübertragungen ein Drittel v. H., jedoch bis 1914 mit einem Zuschlag
in gleicher Höhe, der sich dann je nach dem Ertrage der Zuwachssteuer ermäßigt; gebundener
Grundbesitz zahlt statt des Umsatzstempels eine jährliche Wertabgabe. Im allgemeinen sind
bei den Wertstempeln ausländische Papiere mit höheren Sätzen als inländische belegt. Der
wichtigste Fixstempel, die sog. Schecksteuer, beträgt 0,1 Mk. Steuerpflichtig ist in der Regel
derjenige, der das Papier ausstellt oder ausgibt, bei Kauf= und sonstigen Anschaffungsgeschäften
der Vermittler, in Ermangelung eines solchen die Kontrahenten, bei Frachturkunden der Fracht-
führer, bei Fahrkarten die Eisenbahn- oder Dampfschiffsunternehmung, bei Kraftfahrzeugen
der Eigentümer, bei Vergütungen der Vorstand der Gesellschaft, bei Schecks und Quittungen
der Aussteller, bei Grundstücksübertragungen die Teilnehmer am Rechtsgeschäft oder
Extrahenten der Urkunde, bei Fideikommissen der Fideikommißbesitzer.
Mit der Reichsstempelabgabe von Grundstücksübertragungen nahe verwandt ist das jüngste
Glied des Reichssteuersystems, die Zuwachssteuern: auch sie knüpft sich an den Übergang
des Eigentums an inländischen Grundstücken und ihnen gleichstehenden Rechten. Aber sie bemißt
sich nicht nach dem gesamten Preise oder Werte des Grundstücks, sonderm nur nach dem „ohne
Zutun des Eigentümers entstandenen Wertzuwachs.“ Den letztern stellt derjenige Betrag.
dar, um den der Veräußerungspreis, gekürzt um die Kosten der Veräußerung und in gewissem
Umfange um die Zinsverluste am Erwerbspreise durch Ertragsausfälle, den Erwerbspreis, zu-
züglich der Kosten des Erwerbes und der Verbesserungen sowie einzelner anderer Ausgaben,
übersteigt; soweit Preise nicht vorliegen, tritt an ihre Stelle der Wert. Erwerb von Todes-
wegen, infolge von Gütergemeinschaft und Nachlaßteilung, durch Abkömmlinge von Aszendenten
und einige andere Fälle des Eigentumswechsels bleiben steuerfrei, jedoch mit der Maßgabe, daß.
sie bei dem nächsten steuerpflichtigen Eigentumswechsel derart als nicht vorhanden angesehen
werden, daß hinsichtlich des Erwerbspreises oder -wertes und der Berechnung der Besitzzeit
bis auf den vorhergehenden Eigentumswechsel steuerpflichtiger Art zurückgegangen wird. Sub-
jektive Steuerbefreiungen genießen Landesfürst und Landesfürstin, Reich, Belegenheitsstaat
und -gemeinde und unter bestimmten Voraussetzungen Vereinigungen für innere Kolonisation,
Arbeiteransiedlung, Grundentschuldung und Wohnungsfürsorge, endlich physische Personen mit
Einkommen von nicht mehr als 2000 M. für nicht gewerbsmäßige Veräußerungen gering-
wertiger Grundstücke d. h. bebauter im Preise von nicht mehr als 20000 M. und unbebauter
von nicht mehr als 5000 M. An Stelle des Eigentumswechsels wird bereits das
obligatorische Rechtsgeschäft besteuert, wenn ersterer nicht binnen Jahresfrist dem letztern
folgt. Die Steuer ist progressiv mit der prozentualen Höhe des Wertzuwachses, in-
dem sie von 10 bis auf 30 v. H. des letztern steigt, dagegen degressiv mit zunehmen-
der Dauer der Besitzzeit, indem sie sich für jedes Jahr derselben um 1 v. H. ihres Betrages ver-
mindert. Die Entrichtung der Steuer liegt dem Veräußerer ob, bei dessen Unpfändbarkeit dem
Erwerber, diesem aber nur bis auf 2 v. H. des Veräußerungspreises. Das Steueraufkommen
fließt nur zur Hälfte dem Reiche zu, zu einem Zehntel dem Staate und zu vier Zehnteln den
Gemeinden und Gemeindeverbänden?.
Soweit alle diese Verkehrssteuern des Reiches das Ziel verfolgen, eine sich im Besitz von
Vermögenswerten ausprägende Leistungsfähigkeit zu treffen, tun sie es doch nur auf Umwegen,
Gesetz vom 14. Februar 1911 (G l. S. 33).
2 Hinsichtlich Preußens vgl. aber unten Anm. 2 auf S. 18.