Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

440 G. Strutz. 
mäßig verpackten und mit Steuerzeichen versehenen Gegenständen der Schaumwein-, Zigaretten--, 
Leuchtmittel- und Zündwarensteuer und ungestempelten Spielkarten tritt neben der Strafe 
überdies Einziehung der Waren ein. Dem Wechselstempelsteuer-, dem Reichsstempel-, dem 
Erbschaftssteuer- und dem Zuwachssteuergesetz sind im Gegensatz zu den Zoll- und den meisten 
Verbrauchssteuergesetzen Freiheitsstrafen fremd, und es findet nach ihnen auch eine Umwandlung 
der Geldstrafen in solche nicht statt; abgesehen von dem Stempel auf Kauf- und Lieferungs- 
geschäfte, Frachturkunden und Fahrkarten, kennen jene Gesetze auch keine Strafschärfung für 
den Rückfall. Für die Festsetzung der Geld-, nicht auch der Freiheitsstrafen ist für das ganze 
Gebiet der Reichssteuern, einschließlich der Zölle ein Verwaltungsstrafverfahren 
bei den Zoll- und Steuerbehörden gegeben, dessen Regelung aber der Landesgesetzgebung über- 
lassen ist. Ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts vor Erlaß eines Straf- 
bescheides der zuständigen Zoll- oder Steuerbehörde findet nur statt, wenn diese die Sache dort- 
hin abgibt. Gegen den erlassenen Strafbescheid kann dagegen der Beschuldigte auf richter- 
liche Entscheidung antragen 1. 
Wenn hinsichtlich des Verwaltungsstrafverfahrens die nähere Regelung der Landesgesetz- 
gebung überlassen ist, auch die Zwangsbeitreibung der Reichssteuern aller Art nach 
den für die Landesabgaben geltenden Vorschriften erfolgt, so steht dies damit im Einklang, daß 
überhaupt die gesamte Erhebung und Verwaltung der Zölle und Reichssteuem 
den Einzelstaaten überlassen ist, deren Verfahren nur gemäß Art. 36 der Reichsverfassung vom 
Kaiser durch den einzelstaatlichen Behörden beigeordnete Reichsbeamte — Reichsbevollmächtigte 
und Stationskontrolleure — überwacht wird. Die Einzelstaaten erhalten dafür Ersatz der Er- 
hebungs- und Verwaltungskosten, den sie vorweg von dem an die Reichskasse abzuführenden 
Aufkommen in Abzug bringen, und der bei den Zöllen und der Salzsteuer auf Grund von 
Nachweisen der aufgewendeten Kosten festgestellt wird, im übrigen in festen Prozentsätzen von 
der Roheinnahme, meist 4,5 oder 2 v. H. besteht. Während aber die Verwaltung der übrigen 
Reichssteuern durch die Organe der einzelstaatlichen Steuerverwaltung erfolgt, ist die der Zu- 
wachssteuer in Preußen und andern Bundesstaaten den Kommunalverwaltungen übertragen; 
es hängt das einerseits damit zusammen, daß ja, wie erwähnt, das Aufkommen zu 40 v. H. 
den Gemeinden und Gemeindeverbänden zufließt 5, andererseits damit, daß die Reichszuwachs- 
steuer aus den kommunalen Wertzuwachssteuern hervorgegangen ist. Dem entspricht es auch, 
daß gegen die Heranziehung zu der Zuwachssteuer nicht, wie bei den übrigen Reichsabgaben 
allgemein der ordentliche Rechtsweg stattfindet, sondern das Verwaltungsstreitverfahren oder 
ein anderes von der Landesgesetzgebung geordnetes Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, 
es sei denn, daß in dem betreffenden Staate ein Verwaltungsstreitverfahren nicht besteht oder 
es von der Landesgesetzgebung für die Zuwachssteuer ausgeschlossen wird. 
§ 5. Sonstige Reichsabgaben. Die Zuständigkeit des Reiches auf den Gebieten der 
Verwaltung und Rechtspflege ist eine gegenüber derjenigen der Einzelstaaten begrenzte, und 
auch wo das Reich die allgemeinen Normen ausstellt, überläßt es zum großen, ja größten 
Teil deren Anwendung im Einzelfall den Einzelstaaten und ihren Organen. Insbesondere gilt 
dies von demjenigen Gebiet der Betätigung der Staatshoheit, auf dem die Entgeltlichkeit der 
Staatshoheitsakte die weiteste Anwendung findet und die Gebühren daher eine finanziell 
sehr bedeutsame Rolle spielen, von der ordentlichen Rechtspflege: dem Reiche vorbehalten ist 
nur die Rechtsprechung in der höchsten Instanz, die des Reichsgerichts. Gebiete, auf denen die 
Tätigkeit des Reiches und damit auch die Möglichkeit zur Erhebung von Gebühren für die Reichs- 
kasse nicht in gleicher Weise beschränkt ist, sind insbesondere das Patentwesen, der Schutz der 
Gebrauchsmuster und Warenbezeichnungen und das Konsulatswesen 3. Die in dem Gesetz über 
die privaten Versicherungsunternehmungen" als „Gebühren“ bezeichneten Beiträge der vom 
1 Vgl. § 459 ff. der Strafprozeßordnung. 
* In Preußen erhalten die Kommunalverbände mit Rücksicht auf die ihnen übertragenen 
Verwaltungsausgaben auch noch die Hälfte der dem Staate zustehenden 10 Prozent (preuß. 
Ausführungsgeses vom 14. Juli 1911 — GS. S. 95 5 3 Abs. 2). 
Vgl. die diesbezüglichen Gesetze. 
* Vom 12. Mai 1901 (Rl. S. 139).
	        
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