Abgabenrecht. 441
Aufsichtsamt für Privatversicherung beaufsichtigten Unternehmungen zu dessen Kosten tragen,
wenn man den Gebührenbegriff in der oben (5 1) bezeichneten Weise umschreibt und den „Bei-
trägen“ in dem dort bezeichneten Sinne gegenüberstellt, nicht den Chrakter von Gebühren,
sondern den von Beiträgen, da sie nicht nach dem Umfang der einzelnen Dienstleistungen der
Behörde für den einzelnen Pflichtigen bemessen werden, sondern nach der Höhe der Gesamt-
kosten der Behörde und dem Umfang des Geschäftsbetriebes der beaufsichtigten Unternehmungen.
Dagegen nähert sich die Statistische Gebühr, die von den für die Zwecke der Statistik
des Warenverkehrs mit dem Auslande bei den Zollstellen anzumeldenden ein-, aus- und durch-
geführten Waren erhoben wird 1, dem Steuercharakter. Denn die Leistungen der Behörden,
aus deren Anlaß die Abgabe erhoben wird, erfolgen nicht im Interesse der einzelnen Abgabe-
pflichtigen, sondern lediglich im allgemeinen Interesse. Anlagen, für deren Benutzung durch
Private Benutzungsgebühren, also Entgelte mit dem Charakter öffentlicher Abgaben, in nennens-
werter Bedeutung aufkämen, besitzt das Reich — von der noch zu erwähnenden Post abge-
sehen — nur in dem Kaiser-Wilhelm-Kanal (Nord-Ostsee-Kanal), bei dessen Benutzung von
den Schiffen Gebühren für die bloße Durchfahrt, für Schlepplohn und Schlepphilfe erhoben
werden, abgesehen von derjenigen für Schlepphilfe nach dem Tonnengehalt der Schiffe 2.
Von den vorerwähnten und den für die Inanspruchnahme einiger anderer Reichsbehörden
aufkommenden Gebühren und Beiträgen haben für den Reichshaushalt einigermaßen erhebliche
Bedeutung nur die Patentgebühren und die Kanalgebühren. Die Gebühren würden daher
unter den Reichsabgaben eine außerordentlich untergeordnete Rolle spielen, hätten nicht die
Entgelte für die Leistungen der Post-, Telegraphen -und Fernsprechverwal-
tung, obwohl sie an sich privatwirtschaftlicher Natur sind, vermöge des Postregals und Post-
zwanges diejenige öffentlicher Abgaben erhalten, und wären sie nicht von der Gesetzgebung
auch dementsprechend gestaltet. Sie bilden daher im Reiche das weitaus wichtigste Anwendungs-
gebiet des Gebührenprinzips.
Die rechtliche Grundlage aller für Rechnung des Reiches erhobenen Gebühren bildet ein
Reichsgesetz, wenn es sich meist auch nur darauf beschränkt, die Gebührenpflicht im Prinzip aus-
zusprechen, die Gestaltung im einzelnen aber dem Verordnungswege zu überlassen. Daß keine
öffentliche Abgabe für das Reich erhoben werden darf, die nicht auf einem Reichs gesetze
beruht, mit andern Worten und in Anwendung auf Gebühren und Beiträge, daß auch die
Zulässigkeit ihrer Erhebung nicht durch Verordnungen, sondern nur durch Reichsgesetz begründet
werden kann, ist zwar in der Reichsverfassung nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber unbestritten
und ergibt sich auch aus der Reichsverfassung. Denn weder das Verordnungsrecht des Bundes-
rats aus Art. 7 noch dasjenige des Kaisers geht über die „Ausführung" von Reichsgesetzen
hinaus: die Verordnung muß stets ihre Basis in einem Reichsgesetze haben, das Recht zu ihrem
Erlasse in einem solchen ausgesprochen sein, nicht darf die Verordnung etwas wollen, was nicht
schon ein Reichsgesetz will.
Es bleibt uns zum Schluß noch zweier zur Reichskasse fließender Abgaben Erwähnung
zu tun, deren Eigenschaft als öffentliche Abgaben zwar unstreitig ist, wie sie denn auch mit dem
strafrechtlichen Schutze gegen „Hinterziehung“ umgeben sind, bezüglich deren es aber zweifelhaft
ist, welcher Art der öffentlichen Abgaben sie zuzurechnen sind. Es sind die sog. Banknotensteuer
und die Abgaben auf Grund des Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen vom 25. Mai 1910 #3.
Der Notensteuer“" von 5 v. H. unterliegt derjenige Teil des Notenumlaufs der Reichs-
oder einer sonstigen deutschen Notenbank, der ihren Barvorrat — im Sinne des Bankgesetzes, d. i.
an deutschem Gelde, Reichskassenscheinen, Noten anderer deutscher Banken und Gold in Barren
oder ausländischen Münzen — und das ihr durch die Bankgesetzgebung zugewiesene Noten-
kontingent übersteigt. Das Bankgesetz bezeichnet die Abgabe als Steuer. Im Reichshaushalts-
etat wird sie aber nicht bei den „Zöllen und Steuern“, sondern in dem besondern Abschnitt
„Bankwesen“ neben dem Anteil des Reiches an dem Reingewinne der Reichsbank aufgeführt.
1 Gesetz vom 7. Februar 1906 (RE Bl. S. 109). ·
2 Gesetze vom 16. März 1886 (RGBl. S. 58), 20. Juni 1899 (a. a. O. S. 315), 8. Mai 1907
(a. a. O. S. 153) und 8. Juni 1912 (a. a. O. S. 377).
* Rl. S. 775.
*Bankgesetz § 9.