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zuwachssteuergesetz zugelassener Zuschläge. Seine eigene Gemeindeabgabenpflicht hat das
Reich kraft seiner den Landesgesetzen vorgehenden Gesetzgebungsgewalt nach seinem Ermessen
durch das Reichsbesteuerungsgesetz vom 15. April 19111 geregelt: sie beschränkt sich danach auf
Gebühren, Beiträge, Bier-, Grundstücksumsatz= und Grundsteuern. Der direkte Steuer-
bedarf ist durch Einkommensteuer und Realsteuern aufzubringen. Dabei ist von dem Ver-
anlagungssoll der Staatseinkommensteuer und der bis zum Inkrafttreten des KAG. vom Staate
erhobenen und seitdem von ihm für die Zwecke der Kommunalbesteuerung weiter veranlagten
Realsteuern — kontingentierte Grundsteuer von etwa 10 Prozent des ein für allemal festgestellten
landwirtschaftlichen Reinertrages der einzelnen Katasterparzelle, Gebäudesteuer von 4, für
gewerbliche Gebäude 2 v. H. des in 15 jährigen Perioden ermittelten Bruttonutzungswerts
und Gewerbesteuer von höchstens 1 v. H. des letztjährigen Ertrages — auszugehen, dergestalt,
daß in der Regel in der Belastung der Einkommensteuer einerseits, der Realsteuem andererseits
bestimmte Spannungsverhältnisse innezuhalten sind 2. Bezweckt ist hiermit in erster Linie eine
Schonung der die Grundlage des Staatssteuersystems bildenden Einkommensteuer. Unter sich
sind die drei Realsteuern in der Regel gleichmäßig zu belasten.
Die Heranziehung der einzelnen Grundstücke und Gebäude zur Deckung des hiernach auf die
Realsteuern entfallenden Bedarfs erfolgt in der Gemeinde entweder in der Form selbständiger
Gemeindesteuem oder in Prozenten der staatlich veranlagten Steuern. Von den Steuern vom
Grundbesitz frei bleiben insbesondere die einem öffentlichen Dienstoder Gebrauch, Unterrichts-, kirch-
lichen, Stiftungs- und Wohltätigkeitszwecken dienenden Grundstücke und königliche Schlösser, von der
Gewerbesteuer alle Betriebe mit weniger als 1500 Mk. Ertrag und 3000 Mk. Anlage- und Betriebs-
kapital, die Eisenbahnen — nicht auch die Kleinbahnen — Land-= und Forstwirtschaft und die
sich nicht als Betrieb eines Gewerbes darstellenden Erwerbstätigkeiten. Auch der Kreis kann
die — im Gegensatz zu der „Unterverteilung“ auf die einzelnen Grundstücke als „Oberverteilung" be-
zeichnete — Umlegung der Grundsteuer auf die einzelnen Gemeinden und Gutsbezirke statt nach
dem Maßstabe der staatlich veranlagten nach einer besondern Kreissteuer nach dem Werte vor-
nehmen, die aber für die Gemeindebesteuerung nicht maßgebend ist. Dagegen darf die Heran-
ziehung der Einkommensteuer zu den Kommunalsteuern der Gemeinden wie der Kreise und
Provinzen nur in Form von gleichmäßigen Zuschlägen zu den veranlagten oder, wenn sich die sub-
jektive oder objektive Gemeinde= und Staatssteuerpflicht nicht decken, zu nach den Vorschriften des
EinkSt G. zu ermittelnden fingierten Staatssteuersätzen erfolgen. Steuerpflichtig sind a) in der
Wohnsitz= und, einen dahingehenden Gemeindebeschluß vorausgesetzt, bei länger als dreimonatigem
Aufenthalt in der Aufenthaltsgemeinde physische Personen mit ihrem gesamten, nicht aus aus-
wärtigem Grundbesitz und Gewerbebetrieb gewonnenen Einkommen, wobei mehrere Wohnsitzge-
meinden nach ihrer Zahl, Aufenthaltsgemeinden nach der Dauer des Aufenthalts konkurrieren und
den Wohnsitz= und Aufenthaltsgemeinden mindestens ein Viertel (sog. „Quart") des Einkommens zur
Besteuerung verbleibt; b) mit dem Einkommen aus Grundbesitz und Gewerbebetrieb in der Belegen-
heits oder Betriebsgemeinde auch physische Personen, die dort nicht ihren Wohnsitz haben (Forensen),
die staatseinkommensteuerpflichtigen Gesellschafts- und Vereinsformen mit Ausnahme der Gesell-
schaften m. b. H., juristische Personen und endlich der Staatsfiskus, dieser aber nur wegen seiner
Eisenbahnen, sonstigen Gewerbebetriebe, Domänen und Forsten. Die Freilassung von 3½ v. H.
des Grundkapitals der Erwerbsgesellschaften findet bei der Gemeindebesteuerung nicht statt.
1 RGBl. S. 187.
2 Vgl. insbesondere § 54 KAG.:
„Die vom Staate veranlagten Roealsteuern sind in der Regel mindestens zu dem gleichen
und höchstens zu einem um die Hälfte höheren Prozentsatze zur Kommunalsteuer heranzuziehen,
als Zuschläge zur Staatseinkommensteuer erhoben werden.
Solange die Realsteuern 100 Prozent nicht übersteigen, ist die Freilassung der Einkommen-
steuer oder eine Heranziehung derselben mit einem geringeren als dem im ersten Absatze bezeichneten
Prozentsatze zulässig.
Werden mehr als 150 Prozent der staatlich veranlagten Realsteuern erhoben und ist die Staats-
einkommensteuer mit 150 Prozent belastet, so können von dem Mehrbetrage für jedes Prozent
der staatlich veranlagten Realsteuern 2 Prozent der Staatseinkommensteuer erhoben werden.
Mehr als 200 Prozent der Realsteuern dürfen in der Regel nicht erhoben werden.“
Bei der Kreisbesteuerung bildet die gleiche Heranziehung beider Steuerarten die Regel,
bei der Provinzialbesteuerung ohne die Zulassung von Ausnahmen.