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meindesteuern eine ziemlich schrankenlose Autonomie, während indirekte nur in sehr begrenztem
Umfange zulässig sind. Die Gesetze Bayerns, Württembergs, Badens und Hessens unterscheiden
sich dagegen von denen Preußens insbesondere gerade dadurch, daß die Befugnisse der Ge-
meinden zu einer autonomen Regelung ihres Abgabenwesens viel beschränktere sind, dem es
entspricht, daß dafür andererseits auf das Erfordernis staatlicher Genehmigung zu Gemeinde-
beschlüssen in weiterem Maße verzichtet werden konnte. In Bayern sind die Gemeinden
zunächst auf gewisse Gebühren und indirekte Steuem, für die aber gesetzliche Normen aufgestellt
sind (Malzaufschlag — Brausteuerzuschlag —, Besitzwechselabgabe als Zuschlag zum staatlichen
Grundstücksumsatzstempel, Hunde= und Lustbarkeitssteuer) verwiesen. Die direkten Steuern
dürfen nur in Zuschlägen zu den Staatssteuern erhoben werden, und das Verhältnis der Be-
lastung der einzelnen Staatssteuern ist gesetzlich festgelegt. Auch in Württemberg besteht
für die direkten Gemeindesteuern das strenge Zuschlagssystem, aber unter Freilassung eines
gewissen Spielraums für das Maß der Heranziehung der einzelnen Steuern. Indirekte Gemeinde-
steuern dürfen hingegen, abgesehen von der obligatorischen Hundesteuer, nur bei einer bestimmten
Mindesthöhe der direkten erhoben werden; sie können bestehen in Verbrauchssteuern auf Bier,
Gas und Elektrizität und in Grundstücksumsatzsteuern mit gesetzlichen Höchstsätzen. Die Erhebung
von bestimmten Gebühren und Beiträgen ist zulässig. Baden gestattet den Gemeinden die
Erhebung von Gebühren und Beiträgen, an indirekten Steuern, aber ebenfalls mit gesetz-
lichen Höchstgrenzen, solche auf Bier, Wein, Obstwein, Essig, Brennstoffe, Hunde, Lustbarkeiten
und Grundstücksumsätze. Soweit der Bedarf hierdurch und durch eine Auflage auf den „Bürger-
nutzen“ (Allmende) nicht gedeckt wird, sind Zuschläge zur Einkommen= und Vermögenssteuer,
die hier ja (vgl. oben § 7) durch Umbildung aus den Ertragssteuern hervorgegangen ist, zu er-
heben, wobei das Belastungsverhältnis innerhalb eines gesetzlichen Rahmens der Entschließung
der Gemeinde überlassen wird. In Hessen endlich besteht ebenfalls ein Zwang zur Er-
hebung von Gebühren, Beiträgen und indirekten Steuern nicht; zulässig sind an letztern, aber
gleichfalls nur bis zu bestimmter Höhe, Bier-, Hunde= und Umsatzsteuer. Die direkten Ge-
meindesteuern bestehen in solchen vom Grundbesitz, Gewerbe, Einkommen und Kapital-
vermögen. Werden diese Steuern auch nicht als Zuschläge zu den direkten Staatssteuem
bezeichnet, so schließen sie sich — abgesehen von der Besteuerung des land= und forstwirtschaft-
lichen Grundbesitzes — doch so eng an die Ergebnisse der Veranlagung der Einkommen= und
Vermögenssteuer an, daß sie sich tatsächlich als Zuschläge darstellen; autonome Steuerformen
sind nur für die Gewerbesteuer zugelassen, aber auch hier nicht für die falkultativ neben der
allgemeinen gestatteten Sondergewerbesteuern auf Warenhäuser, Filialgeschäfte und Grundstücks-
handel. Das gegenseitige Belastungsverhältnis der einzelnen Steuemm ist im Gesetz bestimmt.
Eigentümlich ist somit allen diesen Gemeindeabgabengesetzen, daß sie im Gegensatz zu Preußen,
das Ergänzungssteuerzuschläge oder eine Realsteuer auf das Kapitalvermögen nicht zuläßt,
auch dieses, wenn auch in geringerem Ausmaße wie Grundbesitz und Gewerbebetrieb zu einer
besondern Gemeindesteuer neben der Einkommensteuer heranziehen. Die Entscheidung über
die Rechtsmittel gegen die Heranziehung zu den Gemeindeabgaben oder doch mindestens
zu den direkten Gemeindesteuern ist überall wie in Preußen dem Verwaltungsstreitverfahren
zugewiesen, die Beitreibung dem Verwaltungszwangsverfahren. Wegen der Wandergewerbe-,
Wanderlager= und Warenhaussteuern vgl. oben § 8.
Die gesetzlich organisierten weitern Kommunalverbände sind in Bayern die Distrikte
(„Distriktsgemeinden“) und Kreise und in Hessen die Kreise und Provinzen, hier wie dort die
zuerst Genannten den Kreisen, die zu zweit Genannten den Provinzen in Preußen entsprechend,
in Sachsen die Bezirksverbände für die Amtshauptmannschaft, in Württemberg die Amts-
körperschaft des Oberamtsbezirks und in Baden der Kreis; es fehlt also in diesen vier Staaten
der der preußischen Provinz entsprechende weiteste Kommunalverband. Die auf dem Gebiete
der öffentlichen Abgaben liegenden Einnahmequellen bestehen außer in Gebühren in direkten
Steuem, die nach dem Maßstabe der direkten Staatssteuern entweder den zugehörigen engern
Kommunalverbänden — jetziges preußisches System — oder den Einzelnen unter Haftung
des betreffenden engern Verbandes für Einziehung und Ausfälle — früheres preußisches System
der Kreisbesteuerung — auferlegt werden oder, wie die bayrischen Kreisumlagen, als Zuschläge
zu den Staatssteuern mit diesen vom Staate eingezogen werden.