Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Soziales Versicherungsrecht. 473 
IV. Die Organe der Krankenkassen 1 sind Vorstand und Ausschuß. Sie be- 
stehen zu einem Drittel aus Arbeitgebern und zu zwei Dritteln aus Versicherten 2. Die Mitglieder 
des Ausschusses werden von den Arbeitgebern und Versicherten, die Vorstandsmitglieder vom 
Ausschuß nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt 2. Die Wahlzeit dauert 4 Jahre. 
Die Verwaltung der Krankenkassen wird nach dem Grundsatz der Selbst- 
verwaltung geführt. Die Grundlage für die Verwaltung bilden autonome Satzungen, 
die sich die Krankenkassen selbst geben und vom oberen Versicherungsamt genehmigt werden 4. 
Zum Schutz der Minderheit sieht die RVO. vielfach getrennte Abstimmung der Arbeitgeber 
und der Versicherten vor (sog. itio in partes). Eingehend geregelt sind die Dienstverhältnisse 
der Angestellten der Krankenkassen (§§ 349 ff. RVO.). 
V. Die Krankenkassen können sich zu Kassenverbänden vereinigen, die gemein- 
same Aufgaben erfüllen, z. B. die Errichtung gemeinsamer Krankenhäuser, Abschließung gemein- 
samer Verträge mit Arzten, Apothekern usw. Der Kassenverband ist rechtsfähig und hat eine 
besondere Satzung (§## 406 ff. RVO.). 
VI. Mitglieder der Kranken kassen sind die Versicherungspflichtigen un- 
mittelbar kraft Gesetzes, die Versicherungsberechtigten auf Grund ihres Beitritts. Ausnahms- 
weise beginnt bei unständig Beschäftigten und bei Hausgewerbtreibenden die Mitgliedschaft 
erst mit der Eintragung in ein Verzeichnis, das von der Kasse geführt wird (§ 442 Abs. 3, § 468 
RVO.). 
§ 7. Die Leistungen der Krankenversicherung *. 
Man unterscheidet Regelleistungen, welche die Kasse regelmäßig gewähren muß, 
und Mehrleistungen, welche die Kasse freiwillig durch ihre Satzung übernehmen darf. 
Daneben kennt das Gesetz in gewissem Umfange Kürzungen der Regelleistungen. 
I. Die Regelleistungen bestehen in Krankenhilfe, Wochengeld und Sterbegeld. 
1 &S 327 ff. RVO. 
„ Der Entwurf der RV O. schlug gleichmäßige Verteilung des Stimmrechts und der Beitrags- 
pflicht zwischen Arbeitgebern und Versicherten vor. 
:* Bei Verhältniswahl werden Bewerber aller Parteien nach Verhältnis der zahlenmäßigen 
Stärke der einzelnen Partei gewählt. Vor der eigentlichen Wahlhandlung reicht jede Partei einen 
Wahlvorschlag ein:; die Vorschlagsliste enthält die Namen der Bewerber, die für die Wahl vor- 
geschlagen werden sollen. Ist der Wähler bei Ausfüllung seines Stimmzettels an die Wahlvorschläge 
gebunden, so spricht man von gebundenen Listen, andernfalls von freien Listen. Bei 
dem System der gebundenen Listen kann der Wähler an die Reihenfolge der Benennungen in 
dem Wahlvorschlage gebunden sein (sog. strenggebundene Listen) oder er darf die Reihenfolge 
ändern (ein fach gebundene Listen). Bei dem System der freien Listen darf der Wähler 
entweder beliebig wählen, aber nur solche Personen, welche in einem der verschiedenen Wahlvorschläge 
bezeichnet sind („Mischen oder Panaschieren"), oder er darf auch nichtbenannte Personen wählen 
(„Freie Listen mit Wilden"). Die gebundenen Listen erleichtern die Feststellung des Wahlergebnisses. 
Bei streng gebundenen Listen sind nur die gleichlautenden Stimmzettel zusammenzuzählen; dagegen 
sind bei 15 Listen die Stimmen, die jeder einzelne Bewerber erhalten hat, zu ermitteln. 
Besonderheiten sind die Stimmhäufung (Kumulierung) und die Listenverbindung. 
Unter Stimmhäufung versteht man die Befugnis des Wählers, einem Bewerber, an dessen Wahl 
ihm viel gelegen ist, statt eine mehrere Stimmen zu geben. Unter Listenverbindung versteht man 
die Befugnis mehrerer Parteien, zu bestimmen, daß ihre Wahlvorschläge im Verhältnis zu den 
Wahlvorschlägen anderer Parteien als ein gemeinsamer Wahlvorschlag angesehen werden sollen. 
Für die Ermittlung des Wahlergebnisses bestehen verschiedene Möglichkeiten: 
1. Man teilt die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen durch die Zahl der zu wählenden 
Bewerber (Verteilungszahl) und ermittelt, wie oft die Verteilungszahl in der jedem Wahlvorschlage 
zugefallenen Stimmenzahl enthalten ist. 
2. Da die Methode zu 1 zu ungenauen Ergebnissen führen kann, hat man einen anderen Weg 
eingeschlagen. Man teilt die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen durch die um 1 vermehrte 
Zahl der zu wählenden Bewerber und verfährt dann weiter wie zu 1. 
3. Man teilt die auf jeden Wahlvorschlag entfallende Stimmenzahl nacheinander durch 1, 2, 
3, 4, 5 usw. Nach der Reihenfolge der höchsten Bruchwerte (Höchstzahlen) werden die Bewerber 
nacheinander auf die einzelnen Wahlvorschläge verteilt (sog. Württembergisches System). 
#K 320 ff. RVO. Zu vgl. die vom Bundesrate herausgegebenen Mustersatzungen im Zentral- 
blatt f. d. Deutsche Reich, 1913, S. 223 ff. 
* 6# 179 ff. RVO.
	        
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