Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Soziales Versicherungsrecht. 483 
werden. Die Zweiganstalten sind nicht selbständige Rechtssubjekte, Träger der Versicherung 
sind vielmehr auch für die in der Zweiganstalt versicherten Personen diejenigen Berufsgenossen- 
schaften, welchen die Zweiganstalten angegliedert sind. Die Zweiganstalt hat auch keine eigene 
Satzung; ihre Angelegenheiten werden auf Grund einer Nebensatzung der betr. Berufs- 
genossenschaft verwaltet. 
In solchen Zweiganstalten sind versichert 
a) die bei nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten (Regiebauarbeiten) beschäftigten Personen 
(§ 629 Abs. 1 RVO.); 
b) die bei nicht gewerbsmäßigem Halten von Reittieren oder Fahrzeugen (§ 537 Nr. 6, 7 
RVO.) beschäftigten Personen (§ 629 Abs. 2 RO.); 
Tc) die in Kleinbetrieben der Seeschiffahrt und der See= und Küstenfischerei beschäftigten 
Personen (5§ 1186 RVO.). 
Der Bundesrat kann an Stelle der Zweiganstalten auch Versicherungsgenossen- 
schaften als selbständige Versicherungsträger errichten. Der Bundesrat hat von dieser Be- 
sugnis Gebrauch gemacht und für die unter b aufgeführten Personen eine selbständige Ver- 
sicherungsgenossenschaft errichtet und deren Verfassung entsprechend den Vorschriften, wie sie 
für gewerbliche Berufsgenossenschaften gelten, geregelt (§ 629 Abs. 2) 1. 
§ 13. Die Leistungen der Unfallversicherung. 
I. Die Leistungen, welche von den Trägern der Unfallversicherung im Falle eines 
Betriebsunfalles : zu erbringen sind, bestehen in folgendem #: 
1. Bei Körperverletzungen erhält der Verletzte vom Beginn der 14. Woche 
nach Eintritt des Unfalls (unter Umständen schon von einem früheren Zeitpunkt) s ab 
a) Krankenbehandlung, d. h. freie ärztliche Behandlung, Arznei und sonstige Heil- 
und Hilfsmittel (Stützen, Krücken usw.), sowie b) eine laufende Rente, welche gewährt wird, 
solange die Erwerbsunfähigkeit dauert . Ist die Erwerbsunfähigkeit eine völlige, so beträgt 
die Rente zwei Drittel (66 /2 Prozent) des Jahresarbeitsverdienstes (sog. Vollrente), 
und ist die Erwerbsunfähigkeit nur eine teilweise, so wird ein Teil der Vollrente gewährt, der 
dem Maße der durch den Unfall herbeigeführten Einbuße an Erwerbsfähigkeit entspricht (sog. 
Teilrente). Der Begriff der Erwerbsunfähigkeit ist auf dem Gebiete der Unfallversicherung 
nicht der gleiche wie der Begriff der Arbeitsunfähigkeit auf dem Gebiete der Krankenversicherung 7. 
Bei Beurteilung der Frage, ob ein Unfallverletzter erwerbsunfähig ist, ist nicht die Berufs- 
invalidität, d. h. die Beeinträchtigung seiner Erwerbsfähigkeit in dem bisherigen Berufe, sondern 
die Beeinträchtigung seiner Erwerbsfähigkeit auf dem gesamten Gebiete des wirtschaftlichen 
Lebens maßgebend. Aber auch hier ist zur Vermeidung unbilliger Härten, namentlich bei ge- 
ringeren Verletzungen, auf die bisherige Berufsstellung des Verletzten eine gewisse Rücksicht 
zu nehmen 5. 
2. Bei Tötungen ist zu zahlen: a) ein Sterbegeld, welches den 15. Teil des 
Jahresarbeitsverdienstes des Verstorbenen und mindestens 50 Mark beträgt, sowie b) laufende 
- 1 Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 10. Oktober 1912 (Zentralblatt f. d. Deutsche 
Reich 1912 S. 787). 
Unter „Betriebsunfälle" sind hier alle Unfälle zu verstehen, die sich bei solchen Betrieben 
oder Tätigkeiten ereignen, welche nach den 3§ 537—542, 915—922, 1046 ff. der Versicherung unter- 
liegen. Dies gilt insbesondere auch von häuslichen und anderen Diensten, zu denen versicherte Per- 
sonen herangezogen werden. Zu vgl. hierüber oben § 10 S. 479. 
* Zu vgl. für die Gewerbeunfallversicherung die sK 555—622, für die land- 
wirtschaftliche Unfallversicherung die 5§ 930—955, für die See-Unfallversicherung 
die §# 1065—1117 der RVO. Z 
Die Frist von 13 Wochen ist die sog. Karenz= oder Wartezeit der Unfallversicherung. 
* Zu vgl. z. B. § 582 RVO. 
* Also nicht selten bis zum Tode. Z 
!* Zu vgl. Sie fart, H., Der Begriff der Erwerbsunfähigkeit auf dem Gebiete des Ver- 
sicherungswesens, 3. Aufl., Berlin 1908. Z 
· zu vgl. über die bisher geübte Praxis Handbuch der U., 3. Aufl., Bd. 1I, S. 262 ff., insbes. 
auch Rek.-Entsch. 1995, Amtl. Nachrichten des R# . 1903 S. 382. 
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