Soziales Versicherungsrecht. 493
(d. h. freiwillige Fortsetzung oder Erneuerung des Versicherungsverhältnisses) ist solchen Personen
erlaubt, welche aus einem versicherungspflichtigen Verhältnis ausscheiden (§ 1244 RVO.). Eine
Beschränkung hinsichtlich des Alters findet hier nicht statt; sie setzt auch keine Beschäftigung irgend-
welcher Art während der Versicherung voraus.
III. Versicherungsfrei sind gewisse Klassen von Personen: z. B. die in Betrieben
oder im Dienste des Reichs, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder eines Versicherungs-
trägers Beschäftigten, wenn ihnen Anwartschaft auf Ruhegeld im Mindestbetrage der Invaliden-
rente nach den Sätzen der ersten Lohnklasse sowie auf Witwenrente nach den Sätzen der gleichen
Lohnklasse und auf Waisenrente gewährleistet ist. Das gleiche gilt von Lehrern und Erziehern
an öffentlichen Schulen. Versicherungsfrei sind ferner Beamte, Lehrer usw., solange sie lediglich
für ihren Beruf ausgebildet werden, Personen des Soldatenstandes, Personen, die während der
wissenschaftlichen Ausbildung für ihren zukünftigen Beruf gegen Entgelt unterrichten. Ver-
sicherungsfrei sind auch Personen, die bereits eine reichsgesetzliche Invaliden= oder Hinterbliebenen-
rente beziehen oder invalide sind (§§ 1234—1236 RVO.).
Ferner bestimmt der Bundesrat, wie weit vorübergehende Dienst-
leistungen versicherungsfrei bleiben 1; er kann ferner bestimmen, daß Ausländer ver-
sicherungsfrei sind, denen die Behörde den Aufenthalt im Inland nur für eine bestimmte Dauer
gestattet hat (§§ 1232, 1233 RVO.).
IV. Endlich kennt das Gesetz auch Befreiungen einzelner Personen. Der Kreis dieser
Personen wird durch das Gesetz genau begrenzt (§§ 1237—1242 RVO.). So können befreit
werden Ruhegeldempfänger, Personen mit Hochschulbildung, vorübergehend Beschäftigte.
Außerdem kann der Bundesrat auf Antrag des Arbeitgebers Befreiungen aussprechen.
§ 18. Die Träger der Versicherung.
1. Versicherer (Träger der Versicherung) sind die Versicherungs-
anstalten und für die Großbetriebe der Eisenbahn= und Bergbauverwaltungen die „Sonder-
anstalten“ (Pensionskassen). Gegenwärtig bestehen im Deutschen Reiche 31 Versicherungsanstalten,
von denen jede ihren besonderen Bezirk hat, und 10 Sonderanstalten (§# 1326—1380 RVO.).
2. Die Versicherungsanstalten sind Anstalten öffentlichen Rechts und sind rechtsfähig
(5 3 RVO.).
Die Verwaltung der Versicherungsanstalt wird von dem Grundsatz der Selbst-
verwaltung behersscht. Sie erfolgt nach Maßgabe autonomer Satzungen, die zu ihrer Gültig-
keit der Genehmigung des Reichs(Landes-versicherungsamts bedürfen (§§ 1338—1341). Die
Organe der Versicherungsanstalten sind Vorstand (welcher aus öffentlichen Beamten
und Vertretern der Arbeitgeber und der Versicherten zusammengesetzt ist) " und Ausschuß,
1 Die wichtigste Bestimmung, die der Bundesrat in dieser Beziehung erlassen hat, geht dahin:
Vorübergehende Dienstleistungen sind dann unversichert,
1. wenn sie von Personen, die berufsmäßig Lohnarbeit überhaupt nicht verrichten,
a) nur gelegentlich, '
b) zwar in regelmäßiger Wiederkehr, aber nur nebenher und gegen ein geringfügiges
Entgelt, welches für die Dauer der Beschäftigung zum Lebensunterhalte nicht aus-
reicht und zu den für diese Zeit zu zahlenden Beiträgen nicht in entsprechendem Ver-
hältnisse steht,
verrichtet werden.
2. wenn sie von solchen Berufsarbeitern, die in einem regelmäßigen, die Ver-
sicherungspflicht begründenden Arbeits= oder Dienstverhältnisse zu einem bestimmten Arbeitgeber
stehen, ohne Unterbrechung dieses Verhältnisses bei anderen Arbeitgebern nebenher (sei es
nur gelegentlich zur Aushilfe, sei es regelmäßig) verrichtet werden (Bek. vom 27. Dezember
1899, Rö Bl. S. 725, auch Amtl. Nachr. 1900 S. 181).
: Von dieser Befugnis hat der Bundesrat durch Beschluß vom 21. Februar 1901 gegenüber
polnischen Arbeitern russischer und österreichischer Staatsangehörigkeit Gebrauch ge-
macht, sofern diese Arbeiter in inländischen land= oder forstwirtschaftlichen Betrieben oder Neben-
betrieben beschäftigt werden (Zentralbl. f. d. Deutsche Reich S. 78). Dieser Beschluß bleibt nach
Art. 104 E. G. zur RVO. in Geltung.
* Der Vorstand hat die Eigenschaft einer öffentlichen Behörde (vgl. 88 1342—1350 R.)