Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Soziales Versicherungsrecht. 497 
Treffen die Voraussetzungen für mehrere Renten auf Grund der Invaliden= und Hinter- 
bliebenenversicherung zusammen, so ruht die niedrigere Rente von dem Tage des Zusammen- 
treffens an (§ 1318 RVO.). 
Im übrigen gelten die obenerwähnten Vorschriften über Ruhen der Rente, Kapital- 
abfindung und Gewährung von Sachleistungen auch hier; jedoch werden berechtigte Ausländer 
wenn es sich um eine Waisenrente handelt, mit dem anderthalbfachen Betrage der Jahresrente 
abgefunden (5 1316 RVO.). 
IV. Eine der wichtigsten Leistungen der Invalidenversicherung ist das Heilverfahrent. 
Ein Heilverfahren kann zu einem doppelten Zwecke angeordnet werden: 
a) um den Eintritt der Invalidität zu verhüten; dies gilt auch für die Witwen eines Ver- 
sicherten (§§ 1269 ff. RVO.); 
b) um die Erwerbsfähigkeit des Invaliden wiederherzustellen (§ 1305 RVO.). 
V. Freiwillige Zusatzversicherung. — Die Versicherten können zu jeder 
Zeit und in beliebiger Zahl Zusatzmarken einer beliebigen Versicherungsanstalt in die Quittungs- 
karte einkleben. Sie erwerben dadurch Anspruch auf Zusatzrente für den Fall, daß sie invalide 
werden. Der Wert der Zusatzmarke beträgt 1 Mark. Für jede Zusatzmarke, die der Versicherte 
eingeklebt hat, erhält er als jährliche Zusatzrente so vielmal 2 Pfennig, als beim Eintritt der 
Invalidität Jahre seit Verwendung der Zusatzmarke vergangen sind. Durch diese Einrichtung 
wird den Versicherten die Möglichkeit geboten, die gesetzliche Invalidenrente, die sich wegen 
des Versicherungszwanges naturgemäß in angemessenen Grenzen halten muß, nach Wunsch zu 
erhöhen (§§ 1472—1483 RVO.). 
VI. Die Leistungen werden auf Anweisung der Versicherungsanstalten vorschußweise durch 
die Post gezahlt, und zwar monatlich 2. Die Verteilung der Renten auf das Reich und die 
Versicherungsanstalten (Gemein= und Sondewermögen) liegt der Rechnungsstelle des Reichs- 
versicherungsamts ob (§§ 1383—1386, 1477, 1403—1410 RVO.). 
8§ 20. Die Aufbringung der Mittel. 
I. Die Mittel für die Invaliden= und Hinterbliebenenversicherung werden durch Beihilfen 
des Reichs (Reichszuschüsse) und durch Beiträge der Beteiligten aufgebracht. Die 
Beiträge sind nach den fünf Lohnklassen abgestuft und betragen zur Zeit wöchentlich s in Lohn- 
klasse I 16 Pfennig, in Lohnklasse II 24 Pfennig, in Lohnklasse III 32 Pfennig, in Lohnklasse IV. 
40 Pfennig und in Lohnklasse V 48 Pfennig ". Ein Unterschied zwischen männlichen und weib- 
lichen, verheirateten und unverheirateten, alten und jungen Versicherten wird nicht gemacht. 
Die Höhe der Beiträge wird von zehn zu zehn Jahren nachgeprüft; Anderungen bedürfen der 
Zustimmung des Reichstags (Is 1387—1394 RVO.). 
II. Die Beiträge werden durch Einkleben von Marken in Quittungskarten 
entrichtet Markensystem) §. Die Marken sind verschieden nach den Lohnklassen und den 
Zeitabschnitten, für die sie gelten #. Die Marken jeder Versicherungsanstalt werden von den 
Postanstalten ihres Bezirks und von besonderen Verkaufsstellen für den Nennwert verkauft. 
Um eine mißbräuchliche Verwertung bereits einmal verwendeter Marken zu verhindern, ist die 
Entwertung der Marken vorgeschrieben (§ 1431 RVO.) 7 . 
  
1 Wegen der Gewährung von Hausgeld an die Angehörigen vgl. §#§# 1271, 1305 RVO. 
* Die monatlichen Teilbeträge werden auf volle 5 Pf. ausgerundet (5 1297 RV0O.). 
Die Beitragswoche beginnt mit dem Montag (5 1387 Abs. 3 RO.). 
Die Beiträge sind nach dem Prämiendurchschnittsver fahren berechnet. 
8F 1411—1471 R#O. 
* Zurzeit werden Marken für eine Woche, für zwei Wochen und für drehehn Wochen aus- 
gegeben (zu vgl. Bek. des R A. vom 11. November 1911, Amtl. Nachr. des RVA. 1911 S. 571 ff.). 
7 Zu vgl. Bek. des Reichskanzlers vom 10. November 1911 (Rßl. S. 937). 
* Die Entwertung geschieht in der Weise, daß auf den einzelnen Marken handschrift- 
lich oder durch Stempel der Entwertungstag bezeichnet wird. Als Entwertungstag soll der letzte 
Tag desjenigen Zeitraums angegeben werden, für welchen die Marke gilt (Bek. des Reichs- 
kanzlers vem 10. November 1911, Ro#l. S. 937). 
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7., der Neubearb. 2. Aufl. Band IV. 32
	        
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