Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

498 Ludwig Laß. 
Die Quittungskarte, deren Einrichtung der Bundesrat bestimmt, bietet Raum 
für mindestens 52 Wochenmarken sie ist verschieden für die Pflichtversicherung und für die Selbst- 
versicherung und ihre Fortsetzung. Die Karten werden von den sog. Ausgabestellen, 
welche die oberste Verwaltungsbehörde bestimmt, ausgestellt und umgetauscht. Die Karte soll 
binnen zwei Jahren nach dem Tage der Ausstellung zum Umtausch eingereicht werden. Ist dies 
versäumt, so muß im Streitfall der Versicherte beweisen, daß die Anwartschaft erhalten ist. Die 
Verpflichtung, sich eine Quittungskarte ausstellen zu lassen, liegt dem Versicherten ob. Hat er 
keine Quittungskarte, oder weigert er sich, sie vorzulegen, so kann sie der Arbeitgeber beschaffen 
und die Kosten bei der nächsten Lohnzahlung einbehalten. 
Beitragsmarke und Quittungskarte haben außer dem Zwecke der Beitragsentrichtung 
noch weitere Zwecke. Sie dienen einmal als Quittung über die Höhe der entrichteten Beiträge, 
ferner als Beweis für die Höhe der von dem Arbeitgeber entrichteten Beiträge, wenn es sich 
um Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer handelt, endlich als Ausweis für die 
Tatsache der Beschäftigung, die Beschäftigungsdauer und die Höhe des Lohnsatzes, wenn es 
sich um Streitigkeiten zwischen dem Versicherten und der Versicherungsanstalt über die Höhe der 
Ansprüche handelt. Da das Markensystem diesen verschiedenartigen Zwecken auf die einfachste 
Weise gerecht wird, ist dieses System, obwohl vielfach angefeindet, als ein außerordentlich zweck- 
mäßiges zu bezeichnen. 
II. Die Beitragspflicht den Versicherungsanstalten gegenüber liegt im Regel- 
fall den Arbeitgebern obj diesen steht aber ein Anspruch auf Ersatz der Hälfte der ent- 
richteten Beiträge gegen die von ihnen beschäftigten Versicherten zu, so daß vom materiell- 
ökonomischen Standpunkt aus Arbeitgeber und Arbeitnehmer je die Hälfte der Beiträge zu 
tragen haben. Der Ersatzanspruch des Arbeitgebers kann nur durch Lohnabzüge bei der Lohn- 
zahlung (also durch Verrechnung gegenüber der Lohnforderung) verwirklicht werden (§§ 1426 ff. 
RNVO.). Ausnahmsweise werden die Beiträge durch die Versicherten entrichtet. Dies 
gilt namentlich von der freiwilligen Versicherung, in welchem Falle den Versicherten 
die Beiträge allein zur Last fallen. Dabei ist es ihnen überlassen, zu bestimmen, in welcher Lohn- 
klasse die Versicherung genommen werden soll. Entrichten versicherungspflichtige Personen 
an Stelle ihrer Arbeitgeber die Beiträge — wozu sie befugt sind —, so steht ihnen gegen die letz- 
teren ein Anspruch auf Erstattung der Hälfte zu (§§ 1439—1441 RVO.). 
III. Die Beiträge fließen zur Hälfte in das Gemeinvermögen" der Ver- 
sichenungsanstalten und zur anderen Hälfte in deren „Sondervermögen“ 1. Ein Teil 
der durch die Invaliden= und Hinterbliebenenversicherung entstehenden Lasten ist nämlich von 
sämtlichen deutschen Versicherungsanstalten gemeinsam zu tragen. Der zur Deckung dieser sog. 
Gemeinlast erforderliche Anteil der Beiträge (fünf Zehntel) wird indessen nicht an eine 
besondere gemeinsame Kasse abgeführt, vielmehr nur buchmäßig aus dem Vermögen der 
Versicherungsanstalten ausgeschieden; er bleibt mithin in der Verwaltung der einzelnen Ver- 
sicherungsanstalten (sS5 1395—1400 RV0O.). 
IV. Die Beiträge können auch durch Krankenkassen, Knappschaftskassen usw. oder durch 
örtliche Hebestellen eingezogen werden (sog. Ein zugsverfahren) — §§ 1447 bis 1457 RVO. 
V. Bei Streit über die Beitragsleistung entscheidet das Versicherungsamt, auf Beschwerde 
das Obewersicherungsamt und in neuen, grundsätzlichen Fragen das Reichsversicherungsamt (§1459 
RV0O.). Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Berechnung und Anrechnung, 
Erstattung und Ersatz der Beiträge entscheidet das Versicherungsamt endgültig (§ 1461 RV0O.). 
§ 21. Das Verfahren bei der Rechtsverwirklichung. 
I. Feststellungsverfahren:. Das Verfahren in Sachen der Invaliden- und 
Hinterbliebenenversicherung ist im wesentlichen wie folgt geregelt: 
1. Anträge auf die Leistungen der Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung sind an 
1 Nach dem früheren Recht entfielen vier Zehntel der Beiträge auf das Gemeinvermögen 
und sechs Zehntel auf das Sondervermögen. 
: Zu vgl. Is 1613 ff. RVO.
	        
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