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4. Vertrauensmänner, die je zur Hälfte aus den versicherten Angestellten und
ihren Arbeitgebern gewählt werden 1.
Die Vertrauensmänner wählen außerdem die Beisitzer für die höheren rechtsprechenden
Instanzen (die Schiedsgerichte und das Oberschiedsgericht); für die Wahlen ist der Grundsatz
der Verhältniswahl vorgesehen .
II. Das Direktorium vertritt die Reichsversicherungsanstalt gerichtlich und außer-
gerichtlich. Außer den Mitgliedern des Direktoriums sind in der Verwaltung der Reichs-
versicherungsanstalt noch höhere Beamte tätig, die vom Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats
auf Lebenszeit ernannt werden, ferner eine größere Zahl anderer Angestellten (namentlich in
Bureau und Kanzlei), die vom Direktorium ernannt werden.
Der Präsident, die beamteten Mitglieder des Direktoriums und die höheren etatsmäßigen
Beamten haben die Rechte und Pflichten der Reichsbeamten. Ihre Besoldung trägt die Reichs-
versicherungsanstalt. Die nichtbeamteten Mitglieder im Direktorium und Verwaltungsrat, die
Beisitzer der Rentenausschüsse und die Vertrauensmänner verwalten ihr Amt als Ehrenamt;
dabei ist eine Vergütung der Reisekosten und die Gewährung von Tagegeldern nicht aus-
geschlossen.
Der Verwaltungsrat hat die Aufgabe, das Direktorium bei wichtigen Beschlüssen
gutachtlich zu beraten. Außerdem sind ihm gewisse Rechte vorbehalten, wie die Festsetzung des
Voranschlags und die Abnahme der Rechnungsabschlüsse und der Bilanzen.
Den Rentenausschüssen liegt neben gewissen Verwaltungsgeschäften (z. B.
Erteilung von Auskunft in Angelegenheiten der Angestelltenversicherung, Entgegennahme von
Anträgen auf Heilverfahren) die Rechtsprechung in erster Instanz ob. Zu den mündlichen Ver-
handlungen werden je ein Versicherungsvertreter der Arbeitgeber und der versicherten An-
gestellten als Beisitzer zugezogen. Der Geschäftsgang und das Verfahren der Rentenausschüsse
ist durch die Verordnung des Reichskanzlers vom 14. März 1913 (RGl. S. 103 ff.) geregelt.
Die Vertrauensmänner sind die örtlichen Organe der Reichsversicherungs-
anstalt. Sie wirken als Auskunftspersonen in Verwaltung und Rechtsprechung mit und sollen
auch ohne Auftrag im Interesse der Angestelltenversicherung tätig sein.
III. Das erhebliche Vermögen der Reichsversicherungsanstalt ist, wie
das Vermögen der Berufsgenossenschaften und Landesversicherungsanstalten, zum vierten Teil
in Reichs= und Staatsanleihen, im übrigen verzinslich in mündelsicheren Werten anzulegen.
Die jährlichen Rechnungsabschlüsse und Berichte der Reichsversicherungsanstalt sind dem
Reichstage vorzulegen. Dem Rechnungsabschluß ist in Zeitabschnitten von je fünf Jahren eine
versicherungstechnische Bilanz beizufügen, und jährlich ist eine überschlägige Bilanz aufzustellen.
Die Rechnungen der Anstalt werden durch den Rechnungshof des Deutschen Reichs geprüft.
§ 24. Die Leistungen der Angestelltenversicherung.
I. Gegenstand der Angestelltenversicherung siund Ruhegeld und Hinterbliebenen-
renten.
II. Ruhegeld erhalt, wer dauernd erwerbsunfähig ist, oder wer das 65. Lebensjahr
vollendet hat. Voraussetzung ist, daß die Wartezeit erfüllt und die Anwartschaft aufrechterhalten ist.
Berufsunfähigkeit ist dann anzunehmen, wenn die Arbeitsfähigkeit auf weniger als die
Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung
und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist 3.
Bei nicht dauernder Berufsunfähigkeit wird das Ruhegeld schon dann gewähr wenn der
Versicherte während 26 Wochen ununterbrochen berufsunfähig war (sog. Krankei-cuhegeld) 4.
1 Wahlordnung vom 3. Juli 1912 (Röl. S. 419).
* Wahlordnung vom 22. Oktober 1912 (Rl. S. 513).
* Der Begriff der Berufsunfähigkeit ist daher ein weiterer als der Begriff der Invalidität
auf dem Gebiete der Invalidenversicherung.
* Zu vgl. die entsprechende Vorschrift für die Invalidenversicherung im § 1255 Abs. 3 RBO.