Soziales Versicherungsrecht. 509
II. Als Ersatzkassen werden gewisse Versicherungseinrichtungen mit der Wirkung
zugelassen, daß die Beteiligung bei einer solchen Kasse der Versicherung bei der Reichsversicherung
gleichsteht (§& 372—386). Die Versicherungseinrichtung muß aber vor dem 5. Dezember 1911
(dem Tage der dritten Lesung des Versicherungsgesetzes für Angestellte im Reichstage) bestanden
haben; sie muß bei Stellung des Antrags auf Zulassung rechtsfähig sein, und der Antrag muß
vor dem 1. Januar 1913 gestellt sein. Die Zulassung ist von einer großen Anzahl von Voraus-
setzungen abhängig gemacht. Die Zulassung von Ersatzkassen ist mit Recht erschwert. Würden
solche Kassen allgemein zugelassen, so würde die Entwicklung dahin führen, daß die großen
Untemehmungen die besten Risiken auswählen und bei ihren Kassen versichern. Die älteren
und weniger gesunden Angestellten würden dann bei der Reichsversicherungsanstalt verbleiben,
was eine bedeutende Erhöhung der Beiträge zur Folge haben und schließlich die Existenz der
ganzen Angestelltenversicherung in Frage stellen würde.
III. Die Vorschriften, die für private Kassen gelten, sind auch anwendbar auf Knappschafts-
vereine oder Knappschaftskassen 1 und für andere öffentliche Pensionseinrichtungen (z. B. Eisen-
bahn= und Postkassen, sowie für solche zur Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenfürsorge be-
stimmten Kassen, für welche nach Ortsstatut eine Beitragspflicht besteht (§# 387—389).
IV. Die Versicherungspflicht nach der Angestelltenversicherung wird dadurch nicht aus-
geschlossen, daß die Versicherten durch Lebensversicherungsverträge mit privaten Versicherungs-
unternehmungen für sich und ihre Angehörigen Fürsorge getroffen haben. Von diesem
Grundsatz enthält das Gesetz zur Schonung bestehender Rechtsverhältnisse gewisse Ausnahmen
(§ss 390—393).
Angestellte, für die vor dem 5. Dezember 1911 bei öffentlichen oder privaten Lebens-
versicherungsunternehmungen ein Versicherungsvertrag geschlossen ist, können auf ihren Antrag
von ihrer Beitragsleistung befreit werden, wenn der Jahresbetrag der Beiträge für diese Ver-
sicherungen am 1. Januar 1913 mindestens den ihren Gehaltsverhältnissen zur Zeit des Antrags
entsprechenden Beiträgen gleichkommt, die sie nach dem Gesetz zu tragen hätten. Das gleiche
gilt für Angestellte, die beim Eintreten in die versicherungspflichtige Beschäftigung das 30. Lebens-
jahr überschritten haben und seit mindestens drei Jahren versichert sind.
Die Befreiung bezieht sich nur auf den Beitragsanteil des Angestellten selbst. Der Arbeit-
geber bleibt verpflichtet, den auf ihn entfallenden Beitragsteil an die Reichsversicherungsanstalt
abzuführen. Dem Versicherten werden dafür unter allen Umständen die halben Leistungen
des Versicherungsgesetzes für Angestellte gewährt.
Fünfter Abschnitt: Verhältnis der einzelnen Zweige der sozialen
Versicherung zueinander und zu anderen Ansprüchen.
§ 28. Kranken= und Unfallversicherung 2.
I. Für den finanziellen Ausgleich der verschiedenen Versicherungsträger untereinander
kannte das frühere Recht drei Rechtsformen: Rechtsübergang kraft Gesetzes 3, Überweisung
von Rentenbeträgen zum Ersatz" und einfache Ersatzansprüche 5.
Die Reichsversicherungsordnung hat diese Verschiedenheiten beseitigt, indem sie regel-
mäßig s nur einfache Ersatzansprüche gewährt.
Bei Betrachtung dieser Rechtsverhältnisse muß unterschieden werden zwischen Voraus
sebungen des Ersatzanspruchs, dessen Umfang und der Art, in welcher
1 Zu vgl. für die breußiichen Knappschaftsvereine Tit. 7 5§ 165 ff. des Allg. Berg-Ges. vom
24. Juni 1865 (28. Juli 190
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* Zu vgl. § 57 Abs. 2, 5 76 Abs. 1 KVG., 5 113 JVG.
* § 25 GuUG., +30 Lu ., 89 BuVG., 8 29 SuVG. 8 489 ZVG.
»8 11 Abs. 1 b*. 814 Abj. 1 Lu#., 8 9 BUVG., zis Abs. 1 SuVG., §J21 Abs. 1,
8 47 Abs. 2 JV.
* Ausnahme 7* 1542 RVO.