fullscreen: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band I. Deutsches Reichsstaatsrecht. (1)

5 40 Die verfassungsrechtlichen Grundlagen. 361 
  
  
  
hiervon in Abrechnung; sie ist vom Dienste im Landheer befreit und zum 
Dienste in der Marine verpflichtet. Die Verteilung des Ersatzbedarfs für die 
Marine findet durch das preuss. Kriegsministerium statt. Vermag ein Armee- 
korpsbezirk seinen Rekrutenanteil nicht aufzubringen, so wird der Ausfall 
auf die anderen Armeekorpsbezirke desselben Reichsmilitärkontingents, d. h. 
der unter einer Verwaltung vereinigten Truppen nach Massgabe der vorhan- 
denen Ueberzähligen verteilt. Der Sinn dieser Bestimmung ist der, dass 
Preussen und die ihm angeschlossenen Gebiete, ferner Württemberg, Sachsen 
und Bayern das in einem ihrer Armeekorpsbezirke hervortretende Manko an 
Rekruten selbst zu decken haben, dass dagegen keine der vier Kontingents- 
verwaltungen auf den im Bezirk einer anderen Kontingentsverwaltung vor- 
handenen VUeberschuss übergreifen darf !). 
Die unter selbständiger Militärverwaltung stehenden Armeekorpsbe- 
zirke können im Frieden zur Rekrutengestellung für Armeekorps anderer 
Kontingente im Bedarfsfalle nur insoweit herangezogen werden, als Ange- 
hörige der betreffenden Kontingente bei ihnen zur Aushebung gelangen. Es 
findet also unter ihnen eine Ausgleichung statt, welche die beteiligten Kriegs- 
minister untereinander regeln. Für die Zuteilung der auszuhebenden Rekruten 
andieTruppen ist im übrigen das militärische Bedürfnis massgebend ?). 
2. Die zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zu- 
sammenhängenden Anstalten erforderlichen Kosten, sowie die Ausgaben für 
das gesamte Reichsheer und dessen Einrichtungen werden aus der Reichskasse 
bestritten und durch das Etatsgesetz festgestellt. RV. Art. 53 Abs. 3, Art. 62 
Abs. 2. Auf Bayern findet dieses Prinzip in der Art Anwendung, dass die 
von Bayern für das Reichsheer aufzuwendenden Beträge in einer Summe fest- 
gestellt werden, deren Höhe zu der für das Reichsheer zu verausgabenden 
Summe in demselben Verhältnis steht, wie die Kopfstärke des bayerischen 
Kontingents zu der des übrigen Reichsheeres. Die Verwendung dieser Summe 
ist Bayern überlassen; jedoch sind hierbei im allgemeinen diejenigen Etats- 
ansätze nach Verhältnis zur Richtschnur zu nehmen, welche für das übrige 
Reichsheer in den einzelnen Titeln ausgeworfen sind ?). Ersparnisse an dem 
Militär-Etat, welche eine Regierung bei der ihr zustehenden Armee-Verwaltung 
macht, fallen nicht der Kasse dieses Staates, sondern der Reichskasse zu. RV. 
Art. 67. Ausgenommen ist auch hier Bayern. Dieselbe Ausnahme ist zwar 
auch für Württemberg anerkannt *); da aber die Spezialetats für das würt- 
1) Das RG. v. 19. April 1905 Art. I. $ 1 (RGBl. S. 247) bestimmt jedoch, dass 
soweit Württemberg die ihm zufallende Zahl nicht aufbringt, zur Deckung des Mangels 
Rekruten aus dem preussischen Kontingentsverwaltungsbezirk an das württemb. Kon- 
tingent abgegeben werden. Es beruht dies darauf, dass Württemberg nur einen einzigen 
Armeekorpsbezirk bildet. 
2) In den Militärkonventionen sind den Staaten, deren Kontingente dem preussi- 
schen angeschlossen worden sind, Zusicherungen über die Einstellung der in ihren Ge- 
bieten ausgehobenen Rekruten in bestimmte Truppenkörper erteilt worden. Der $ 9 
des MilitGesetzes vom 2. Mai 1874 ist durch das RG. vom 26. Mai 1893 aufgehoben 
worden. Vgl. das Nähere im Staatsr. des D. Reichs Bd. IV 8. 50 fg. 
3) Bayer. Bündnisvertrag v. 23. Nov. 1870 III $5 Ziff. II. Siehe Seydel, Bayr. 
Staatsrecht Bd. III S. 712 ff. und von Ziegler, Praxis des bayer. Rudgetrechts 
S. 114 (München 1905). 
4) Württ. MilitKonv. Art. 12 Abs. 1 und Schlussbestimmung zun. XI. Abschn. der
	        
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