Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Soziales Versicherungsrecht. 513 
Hat ein ordentliches Gericht über solche Ansprüche zu erkennen, so ist es an die Entscheidung 
gebunden, die in einem auf Grund der sozialen Versicherungsgesetze eingeleiteten Verfahren 
darüber ergeht, ob und in welchem Umfange der Versicherungsträger verpflichtet ist (§ 1543 RVO., 
§ 91 Abs. 2 Versf.). 
III. Das Verhältnis zwischen den Ansprüchen aus der Unfallversicherung und den An- 
sprüchen aus dem privaten Schadensersatz= und Haftpflichtrecht ist, wie folgt, geregelt: 
Die Haftpflicht der Unternehmer und seiner Angestellten nach bürgerlichem Recht ist den 
Versicherten und ihren Hinterbliebenen gegenüber durch die soziale Unfallversicherung in der 
Hauptsache beseitigt, und es ist nur ein kleiner Rest von Individualhaftung bestehen geblieben. 
Das Gesetz enthält in dieser Beziehung folgende Grundsätze: 
1. Der Unternehmer ist Versicherten und deren Hinterbliebenen, auch wenn sie keinen 
Anspruch auf Rente haben, nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Schadens, den 
ein nach Maßgabe der Reichsversichenungsordnung zu entschädigender Unfall verursacht hat, 
nur dann verpflichtet, wenn strafgerichtlich festgestellt worden ist, daß er den Unfall vorsätzlich 
herbeigeführt hat. In diesem Falle beschränkt sich die Verbindlichkeit des Untermehmers auf den 
Betrag, um den sie die Entschädigung aus der Unfallversicherung übersteigt (§ 898 RVO.). 
Das gleiche gilt für Ersatzansprüche Versicherter und ihrer Hinterbliebenen gegen Be- 
vollmächtigte oder Repräsentanten des Untemehmers und gegen Betriebs- und Arbeiteraufseher 
(§ 899 RV0O.). 
2. Wird strafgerichtlich festgestellt, daß Untermehmer oder ihnen nach § 899 Gleichgestellte 
den Unfall vorsätzlich oder fahrlässig mit Außerachtlassung derjenigen Aufmerksamkeit herbei- 
geführt haben, zu welcher sie vermöge ihres Amtes, Berufs oder Gewerbes besonders verpflichtet sind, 
so haften sie für alles, was Gemeinden, Armenverbände, Krankenkassen, Knappschaftsvereine, 
Knappschaftskassen, Ersatzkassen, Sterbe- und andere Unterstützungskassen infolge des Unfalls 
nach Gesetz oder Satzung aufwenden müssen. Sie haften auch, wenn strafgerichtlich festgestellt 
worden ist, daß sie bei Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten 
Regeln der Baukunst gehandelt haben, und wenn durch die Zuwiderhandlung der Unfall herbei- 
geführt worden ist. Untermehmer und ihnen nach § 899 Gleichgestellte haften der Genossenschaft 
für den Aufwand auch ohne strafgerichtliche Feststellung (§ 903 RVdO.). 
Die Genossenschaftsversammlung kann auf den Anspruch der Genossenschaft verzichten, 
wenn der Unfall fahrlässig mit Außerachtlassung derjenigen Aufmerksamkeit herbeigeführt worden 
ist, zu welcher der Unternehmer und die ihm Gleichgestellten vermöge ihres Amtes, Berufs oder 
Gewerbes besonders verpflichtet sind (§ 905 RVO.). 
Sechster Abschnitt: U#berblick über die ausländische 
Gesetzgebung. 
§ 33. Allgemeines. 
Dem Vorgange Deutschlands auf dem Gebiete der sozialen Versicherung sind die meisten 
europäischen Kulturstaaten gefolgt. Teils haben sie sich bereits durch neue Gesetze, die das gleiche 
Ziel wie unsere Sozialversicherung verfolgen, betätigt; teils sind sie erst auf dem Wege, um ähn- 
liche Einrichtungen zu schaffen, wie sie in Deutschland bestehen. In der Ausgestaltung der neuen 
Gesetzgebung bestehen wegen der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Eigentümlichkeiten 
jedes einzelnen Landes berechtigte Verschiedenheiten und Abweichungen von dem deutschen 
1 Literatur: Das hervorragende Sammelwerk von Dr. Zacher, Die Arbeiterversicherung 
im Auslande, 5 Bde., Berlin 1898/1908 (A. Troschel); Bödiker, Die Arbeiterversicherung in 
den europäischen Staaten, Leipzig 1895; Mauricc Bellom, „Les lois d’assurance ouvriere à 
Tötranger“, 10 Bde., Paris 1892/1909; Handwörterbuch der Staatswissenschaften von Conrad, 
Elster, Lexis, Loening, 3. Aufl., Jena 1909/11; Dr. Manes, Versicherungslexikon, Tübingen 
1909, 1913; Witowski, Die Arbeiterversicherung in den Kulturstaaten, Kempten und München 
1910; Bulletin des assurances sociales, Paris 1889/1912; Bulletin des Internationalen Arbeits- 
amts, Jena 1902 ff, Reichsarbeitsblatt, Berlin (C. Heymann), Sonderbeilage zu Nr. 12 für 1912. 
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band IV. 33
	        
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