Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

522 F. Dochow. 
oder zu Reisen aus und nach bestimmten Staaten des Auslandes vorübergehend eingeführt werden 
(Ges. über das Paßwesen vom 12. Okt. 1867 § 9). Inländer wie Ausländer haben sich auf amt- 
liches Erforderm über ihre Person genügend auszuweisen (PG. § 3), und damit sie dieser Ver- 
pflichtung nachkommen können, sind bestimmte Verwaltungsbehörden verpflichtet, auf Ver- 
langen Pässe auszustellen, in der Regel nur an Inländer, an Ausländer nur in Ausnahmefällen, 
wobei mit großer Vorsicht zu verfahren ist. Denn wie der Deutsche sich auch im Auslande bei den 
Behörden der auswärtigen Verwaltung (Gesandtschaften und Konsulaten) einen Paß ausstellen 
lassen kann, so kann dies auch der Ausländer im Reiche tun, und die Verkehrsverhältnisse werden 
ihn nur in seltenen Fällen zwingen, die Dienste der Behörden des Inlandes in Anspruch zu nehmen. 
Einer Visierung det Pässe bedarf es nicht (PMG. § 5), sie gelten lediglich als Ausweispapier. In 
Elsaß-Lothringen gilt das PGes. nicht, die dortigen Verhältnisse rechtfertigen eine weitergehende 
Vorsicht, namentlich gegenüber den Nachbarländerm. Da der Ausländer kein Recht hat, sich im 
Reiche aufzuhalten, kann er ausgewiesen oder ausgeliefert werden. Die Auslieferung erfolgt auf 
Antrag einer fremden Regierung zur strafrechtlichen Verfolgung, die Ausweisung erfolgt durch 
Verfügung der zuständigen Landesbehörden. Die Ermächtigung zur Ausweisung beruht auf 
Reichs- oder Landesrecht. Nach den Bestimmungen des RStrB. können Ausländer ausge- 
wiesen werden, und zwar aus dem Reich, wenn sie wegen gewerbsmäßigen Glücksspiels verurteilt 
sind, oder wenn gegen sie auf Zulässigkeit der Polizeiaussicht oder auf Uberweisung an die Landes- 
polizeibehörde erkannt ist. Außerdem können sie aus sicherheitspolizeilichen oder aus armen- 
rechtlichen Gründen ohne gesetzliche Grundlage aus einem Einzelstaate nach dem Ermessen der 
Behörden (nicht willkürlich und nicht ohne zureichenden Grund. v. Ullmann S. 368; der 
Aufenthalt des Fremden muß für das Interesse des Staates eine Gefahr bilden. Fleisch- 
mann, Art. Ausweisung, Wörterbuch d. Staats= u. Verwaltungsrechts: 1, 285) unter Be- 
rücksichtigung der Grundsätze des Völkerrechts ausgewiesen werden. Im Gegensatz zum Aus- 
länder kann der Reichsdeutsche einer fremden Regierung nicht ausgeliefert, aus seinem Heimats- 
staate nicht ausgewiesen und zur Auswanderung nicht gezwungen werden, der Aufenthalt im 
Reiche kann ihm also nicht unmöglich gemacht werden (Dochow, Freizügigkeit, Handb. d. 
Polit. 1, 259). 
Dagegen können von den Maßregeln gegenüber Ortsfremden Deutsche 
und Ausländer gleichmäßig betroffen werden. Wer sich an einem Orte aufhält, an dem er keinen 
Wohnsitz hat, ist der Polizeibehörde anzumelden. Diese bestimmt, in welcher Form die Anmeldung 
zu erfolgen hat, ob persönlich oder durch den Gastwirt oder Wohnungsinhaber. Ebenso muß die 
Abmeldung des Fortziehenden erfolgen. Eine reichsrechtliche Regelung der Meldepflicht erfolgte 
nicht, sie beruht auf Polizeiverordnungen, deren Übertretungen mit Polizeistrafen belegt werden. 
Große Schwierigkeiten verursachen den Verwaltungsbehörden die umherwandernden 
Zigeuner. Einer mehrfach angeregten reichsrechtlichen Regelung bedarf es aber nicht, da man 
ihnen durch Polizeiverordnungen, wenn eine Ausweisung nicht zulässig ist, das Zusammenreisen 
allmählich verleiden kann, was in einzelnen Staaten, so in Württemberg und Baden, auch in 
Elsaß-Lothringen mit gutem Erfolg geschieht. 
Die Bestimmungen über die Beschränkung der Freizügigkeit gegenüber bestraften Personen, 
Bettleim und Landstreicherm gelten auch für Fremde. 
Der Orden der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Orden oder ordensähnlichen 
Kongregationen sind vom Gebiete des Deutschen Reiches ausgeschlossen. Die Errichtung von 
Niederlassungen ist ihnen untersagt (Ges. vom 4. Juli 1872 F. 1). 
Literatur: Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht“ S. 164; Stoerk- 
Loening, Art. Fremdenpolizei, Handwörterb. d. Staatsw. : 4, 470. — BWeitere Literatur- 
angaben bei Dochow, Freizügigkeit, Handb. d. Politik 1, 258. 
2. Aufenthaltsbeschränkung und Aufenthaltsverweigerungen sind aus sicherheitspolizei- 
lichen Gründen gegenüber bestraften Personen zulässig. Wenn durch gerichtliches Urteil 
bei einer Person neben der Freiheitsstrafe auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht auf Grund des § 38 
RöStr##. erkannt ist, so erhält die Landespolizeibehörde die Befugnis, dem Verurteilten den Auf- 
enthalt an einzelnen bestimmten Orten zu untersagen (RStrGB. § 38). Die Aufenthaltsbeschrän- 
kung kann sich auf Ortschaften oder auf bestimmte Plätze, Straßen und Häuser beziehen, darf 
aber nicht zur Anweisung eines bestimmten Aufenthalts führen. Es steht im Ermessen der Landes-
	        
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