Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Deutsches Staatsrecht. 87 
so müssen diese Personen in der Entlassungsurkunde mit Namen aufgeführt werden (8 23). 
Die Entlassung gilt — außer wenn der Entlassene sich die ihm zustehende Angehörigkeit in 
einem anderen deutschen Einzelstaate vorbehalten hat — als nicht erfolgt, wenn er beim 
Ablauf eines Jahres nach der Aushändigung der Entlassungsurkunde seinen Wohnsitz oder 
dauernden Aufenthalt im Inlande hat (§ 24). — 2. Durch den Erwerb einer aus- 
ländischen Staatsangehörigkeit geht die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß 
§6# 25 verloren, wenn der Erwerbende im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauernden 
Aufenthalt hat und der Erwerb auf seinen Antrag (also nicht ipso iure, z. B. durch Geburt 
im Auslande) erfolgt. Der Erwerb einer anderen deutschen Staatsangehörigkeit läßt die 
bis dahin besessene deutsche Staatsangehörigkeit nicht untergehen, so daß eine Person mehreren 
deutschen Staaten angehören kann. 3. Durch Nichterfüllung der Wehrpflicht 
(5 26). 4. Durch Ausspruch der Behörde, d. h. der Zentralbehörde seines Heimat- 
staates kann seiner Staatsangehörigkeit verlustig erklärt werden a) ein Deutscher, der im 
Falle eines Krieges oder einer Kriegsgefahr einer vom Kaiser angeordneten Aufforderung 
zur Rückkehr keine Folge leistet (§ 27); b) ein Deutscher, der ohne Erlaubnis seiner Regierung 
in ausländische Staatsdienste getreten ist und einer Aufforderung zum Austritt keine Folge 
leistet (§ 28). Gehört der Betreffende mehreren Einzelstaaten an, so bewirkt der Ausspruch 
den Verlust der Staatsangehörigkeit in allen diesen Staaten, mithin den Verlust der Reichs- 
angehörigkeit. Über die Wirkung des Ausspruchs auf die Angehörigen des Expatrüerten vgl. 
#§29. 5. Für ein uneheliches Kind durch eine von dem Angehörigen eines anderen Einzel- 
staates oder von einem Ausländer bewirkte und nach den deutschen Gesetzen wirksame 
Legitimation. 6. Für eine Deutsche durch Eheschließung mit dem Angehörigen 
eines anderen Einzelstaates oder mit einem Ausländer. — Der im früheren Recht — Staats- 
angehörigk. Ges. vom 1. Juni 1870, §+J 21 — vorgesehene Verlust der Staatsangehörigkeit durch 
zehnjährigen Aufenthalt im Auslande ist in das neue Gesetz nicht übernommen worden; 
durch Aufenthalt im Auslande geht also die deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr verloren. 
8 17. 3. Offentliche Rechte der Staatsangehörigen. 
Die Ansprüche gegen die Gewalten von Staat und Reich, welche dem einzelnen aus dem 
Staatsangehörigkeitsverhältnis erwachsen, gehören zu der allgemeinen Kategorie der sub- 
jektiven öffentlichen Rechte!t#. Der lnterschied zwischen den letzteren und den 
Privatrechten ist kein anderer wie der zwischen öffentlichem und Privatrecht überhaupt; dem- 
gemäß zeigen die subjektiven Privatrechte Rechtsbeziehungen von Individuum zu Individuum, 
die subjektiven öffentlichen Rechte dagegen solche zwischen Individuum und Staat oder zwischen 
Staat und Staat, — wobei das Wort „Staat“ in dem umfassenden und allgemeinen Sinne 
genommen ist, gleichbedeutend mit öffentlicher Gewalt, der Gewalt des Reiches, 
des Einzelstaates und der in Staat und Reich eingegliederten öffentlichrechtlichen Korporationen 
(Gemeinde, Kirche). Der Staat kann nun sowohl auf der Gläubiger= wie auf der Schuldner- 
seite der Rechtsfigur stehen, — anders gewendet: das subjektive öffentliche Recht ist ein Recht 
entweder des Staates oder ein Recht gegenüber dem Staat. Hier handelt es sich, wie an- 
gegeben, nicht um die subjektiven öffentlichen Rechte in dieser ihrer Gesamtheit, insbesondere 
nicht um die Rechte des Staates als Land und Reich gegen Dritte (über die Staatenrechte im 
Reich s. oben § 13), sondern um die Rechte der Staatsangehörigen im Staat, — in ihrem 
Staat, d. h. dem, dessen Bürger sie sind. Das Wesen dieser Rechte ergibt sich aus der Natur 
des modemen Staates als eines korporativen Verbandes (oben S. 11): es sind die Rechte 
des einzelnen in seiner Eigenschaft nicht als Mensch, sondern als Bürger, als Mitglied des 
Staates, — also Mitgliedschaftsrechte in diesem weiteren Sinne. Dabei bleibt 
  
1 Literatur. Bahnbrechend war die Abhandlung von Gerber „über öffentliche 
Rechte“ (1852). Für den heutigen Stand der Lehre grundlegend und zusammenfassend: Jelli- 
nek, System der fubjektiven öffentl. Rechte (2. Aufl. 1905); derselbe, Staatslehre 1 396 ff. 
Bal. ferner Loening, Lehrb. d. deutsch. Verwaltungsrechts, S. 8ff., und NDeyer-Anschutz 
5*#i 11 (mit weiteren Literaturangaben). Über den Rechtsinhalt der Reichs angehörigkeit ins- 
besondere Laband 1, 5 15—17 ff.; Zorn 1 369 ff.
	        
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