Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Gefängnisrecht und Recht der Fürsorgeerziehung. 113 
III. Dringend geboten ist ein moderen Prozeßanforderungen entsprechender In- 
stanzenzug bei Beschwerden der Zöglinge oder ihrer Angehörigen. Der judex a quo darf 
seinen bisherigen Einfluß auf ihre Entscheidung nicht behalten. 
In Summa ist in diesem Punkte wie in anderen das Rechtsverhältnis der 
Fürsorgeerziehung — ähnlich dem der Gefangenschaft — durchzubilden mit seinen 
einander gegenüberstehenden klaren Pflichten und Rechten. Diese Durchbildung aber 
setzt die Ausgestaltung des Fürsorgeerziehungsrechtes als eines Teiles des öffentlichen Rechtes 
voraus. Wird dies ausgestaltete Recht Reichsrecht, kommt es also zu dem viel geforderten 
Erlaß eines Reichs-Fürsorgeerziehungsgesetzes, so darf man hoffen, daß 
die Organisation einheitlicher, geschlossener und darum erfolgverheißender wird als bisher. 
C. 8§ 11. Hilfsanstalten. 
Zu den Hauptanstalten, die der Vollziehung von Freiheitsstrafe (oben A) oder von Für- 
sorgeerziehung (oben B) gewidmet sind, tritt eine dritte Klasse von Anstalten, die sie zu ent- 
lasten, ungeeignete Elemente ihnen fernzuhalten, geeignete ihnen zuzuführen, sowie den 
Ülbergang ins Leben zu sichern bestimmt sind. Hier nur Folgendes: 
a) Verwahrungsheime. Zur Unterbringung von Jugendlichen, die in Unter- 
suchungshaft oder Polizeigewahrsam der Gefahr der Berührung mit älteren, verdorbenen 
Elementen ausgesetzt sein könnten, sind Verwahrungsheime, den amerikanisch- 
englischen detention homes angelehnt, geschaffen worden. Ihr Ausbau, vor allem die Organi- 
sierung der in ihnen nicht leicht durchzuführenden Beschäftigung und ihre Verallgemeinerung 
würde ein wertvolles Glied in der Kette der Sondereinrichtungen für Jugendliche schaffen. 
b) Beobachtungsanstalten. Die Fürsorgeerziehung findet teils in Familien, 
teils in Anstalten statt, die wieder untereinander verschiedenen Charalkters sind. Der Erfolg 
der erzieherischen Behandlung des einzelnen hängt wesentlich von der richtigen Auswahl der 
Exziehungsmethode ab. Ob Familie, ob Anstalt, und in letzterem Falle, welche Anstalt im 
besonderen Falle das Richtige sei, setzt die Feststellung der Natur des Fürsorgezöglinges voraus. 
Hierfür sind hie und da besondere Anstalten errichtet, in denen er so lange festgehalten 
wird, bis die Entscheidung über den Weg der Erziehung möglich ist. 
c) Ubergangsstationen. Sie dier en der UÜberwindung der den Strafentlassenen 
oft verhängnisvollen Schwierigkeiten bei der Suche nach bürgerlicher Stellung indem sie 
ihnen in der kritischen Zeit Aufnahme gewähren. 
Schlußwort. 
Reformvorschlägen zum Vollzuge der Gefängnisstrafe wie der Fürsorge- 
erziehung sind wir, ohne sie in den Vordergrund zu schieben, nicht aus dem Wege 
gegangen; Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung haben uns dabei geführt. Für ihre 
Verwirklichung gilt, was zu Anfang dieser Arbeit (und damit schließt sich deren Kreis) 
festgestellt ist: Es sind da die Formen des konstitutionellen Staatsrechtes zu wahren; 
es ist ein konstitutionelles Gefängnis- und Fürsorgeerziehungsrecht zu schaffen, dessen Richt- 
linien zu ziehen unsere Aufgabe war. Rechtssätze müssen danach eintreten, wo vordem 
Verwaltungsbestimmungen genügten. Wahren sie den für jede Verwaltung unentbehrlichen 
Spielraum, so liegt nichts mehr als sie im Interesse aller Teile, — des Staates in erster 
Linie, seiner Verbände und seiner Beamten, wie der Einzelnen. „Ein König richtet sein 
Land auf durch das Recht.“ 
Cnzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band V. 8
	        
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