Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Erstes Buch. 
Die Grundbegriffe: Strafklagerecht, Prozeßgegenstand, 
Prozeßsubjekte, Prozeßverhältnis. 
Erstes Kapitel. 
Das Strafklagerecht. 
85. 
Literatur: Goldschmidt, Materielles Justizrecht (1905). 
I. Die Entfaltung der staatlichen Strafrechtsschutztätigkeit ist nur bei Vorliegen bestimmter 
Voraussetzungen rechtmäßig. Nicht nur, daß jeder einzelne Prozeßakt durch das Vorliegen be- 
sonderer Bedingungen in seiner Zulässigkeit bedingt ist (Prozeßgestaltungsvoraussetzungen, unten 
&5 27V) nicht nur, daß für jeden konkreten Prozeß als Ganzes genommen bestimmte ihn in seiner 
Statthaftigkeit bedingende Umstände vorliegen müssen (Prozeßvoraussetzungen, unten § 20): 
auch die Zulässigkeit einer Strafverfolgung überhaupt ist nicht unter 
allen Umständen gegeben, sondern eine bedingte. Bedingt zwar nicht in dem Sinne, als ob 
die Strafverfolgung von dem Bestehen eines Strafanspruchs abhängig wäre 
(auch der Prozeß gegen einen Unschuldigen kann völlig legitim sein, und gegen Schuldige kann 
möglicherweise die Strafverfolgung unzulässig sein). Wohl aber müssen gewisse formale 
Bedingungen gegeben sein: 
1. der Strafrechtsweg muß zugelassen sein, d. h. es muß sich um einen dorthin gehörigen 
Prozeßgegenstand handeln; 
2. die Strafverfolgung ist zulässig nur gegen Personen, die der (inländischen) Straf- 
gerichtsbarkeit unterfallen; 
.z sie ist zulässig nur für und gegen parteifähige und 
4. nur für und gegen prozeßführungsberechtigte (sachlich legitimierte) Wesen; 
5. sie ist nur e in mal zulässig in dem Sinne, daß die bis zu rechtskräftiger Entscheidung 
durchgeführte Strafverfolgung eine weitere Verfolgung unzulässig macht; 
6. spezielle Zulässigkeitsbedingungen sind u. a. a) für Antragsdelikte ein gültiger Straf- 
antrag, für Ermächtigungsdelikte eine gültige Ermächtigung; b) in Auslieferungsfällen die im 
Auslieferungsrecht aufgestellten Bedingungen. 
II. Soweit es an diesen Bedingungen fehlt, darf sich die Strafjustiz mit einer Prüfung 
des konkreten Prozeßgegenstandes, also mit einer Prüfung, ob Strafbarkeit gegeben ist, und 
mit allen ihr dienenden Handlungen, insbesondere mit Entscheidung darüber, überhaupt nicht 
befassen. 
Soweit sie dagegen vorliegen, hat 
1. der rechtsschutzübende Staat das Recht, gegen das Individuum nach Maßgabe der 
Prozeßvoraussetzungen und der Prozeßgestaltungsvoraussetzungen Strafrechtsschutztätigkeit zu 
üben, und der in Anspruch Genommene die Verpflichtung, diese Tätigkeit zu dulden; 
2. der aktiv parteifähige Prozeßführungsberechtigte ein Recht gegen den Staat auf Aus- 
üÜbung dieser Tätigkeit nach Maßgabe der Prozeßvoraussetzungen und der Prozeßgestaltungs- 
voraussetzungen: das Strafklagerecht. Sein Inhalt geht dahin, daß der Staat durch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.