Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Strafprozeßrecht. 129 
III. Nach dem in § 13 G. ausgesprochenen Grundsatz gehören vor die ordentlichen 
Gerichte alle Strassachen, für die nichts Gegenteiliges bestimmt ist. Etwas Gegenteiliges 
ist aber 
1. für manche Strafsachen in dem Sinne bestimmt, daß sie — regelmäßig allerdings 
unter Vorbehalt eines Antrags des Beschuldigten auf nachträgliches ordentliches Ver- 
fahren — von Verwaltungsbehörden im Administrativverfahren erledigt werden, 
sei es 
a) kraft reichsrechtlicher Anordnung (so sind z. B. Postportohinterziehungen den Post- 
ämtern zugewiesen, Reichspostgesetz vom 28. Oktober 1871, Is 34 ff.); sei es 
b) kraft landesrechtlicher, auf reichsrechtlicher Zulassung ruhender Anordnung (yvgl. 
St PO. 5 63, dazu St PO. # 453 ff., 459 ff.). 
Außerdem kann nach landesgesetzlichen Bestimmungen aus einer gegen einen Beamten 
schwebenden Strafsache ein Einzelpunkt, nämlich die Frage, ob der Beamte sich einer Üüber- 
schreitung seiner Amtsbefugnisse oder der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung 
schuldig gemacht habe, der Kognition der Gerichte dadurch entzogen werden, daß die dem Be- 
amten vorgesetzte Behörde „den Konflikt“ — nicht „Kompetenzkonflikt“ — erhebt, d. h. jene 
Vorentscheidung dem Gericht aus der Hand nimmtz; noch weitergehend kann Landesrecht sogar 
jene Vorentscheidung einer andern Behörde unbedingt, ohne Konfliktserhebung, verlangen, 
EGVG. s 11. Wie dieser Paragraph deutlich sagt, ist aber stets nur eine „Vor ntscheidung“ 
der Konfliktsbehörde zugelassen; ist diese Vorentscheidung erfolgt, so muß also der Strafprozeß 
ordnungsmäßig zu Ende geführt werden, und es bleibt nur gegebenenfalls der Inhalt der Vor- 
entscheidung, insoweit ihn die Landesgesetzgebung für bindend erklärt, zu beachten. Soweit 
das Landesrecht den Prozeß als mit der Vorentscheidung erledigt charakterisiert, überschreitet 
es zweifellos seine Kompetenzgrenzen. 
2. Für manche Strafsachen existieren „besondere Gerichte“, „Sondergerichte"; so 
a) kraft reichsrechtlicher Anordnung für Militärstrafsachen (ordentliche Militärgerichte), 
EGVG. #5# 7, RMSt GO. vom 1. Dezember 1898, und gewisse zur Zeit eines Be- 
lagerungs-(Kriegs-)zustandes abzuurteilende Strafsachen (außerordentliche Militär- 
gerichte) GVG. § 16, Merf. Art. 61. 
Militärstrafsachen sind: 
1. Strafsachen gegen Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine wegen 
aller zur Zeit des Bestehens dieser Eigenschaft begangenen Delikte; wegen aller vor- 
her begangenen Delikte, sowie wegen bestimmter nachher begangenen Delikte (Beleidigung 
im Verkehr mit dem früheren Vorgesetzten oder mit einer Militärbehörde, Körperverletzung, 
Herausforderung zum Zweikampf, Zweikampf — begangen gegenüber einem früheren mili- 
tärischen, noch im aktiven Dienste befindlichen Vorgesetzten wegen der während der Dienstzeit 
erlittenen Behandlung), §§ 1 1, 6, 11 MSt G. 
2. Strafsachen gegen Offiziere z. D., Sanitätsoffiziere z. D., Ingenieure des Soldaten- 
standes z. D.; — Studierende der Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungs- 
wesen; — eingeschiffte Schiffsjungen; — in militärischen Anstalten versorgte invalide Offiziere 
und Mannschaften; — zu vorübergehender Dienstleistung zugelassene, nicht zum Soldaten- 
stande gehörige Offiziere à la suite und Sanitätsoffiziere à la suite; — vorübergehend wieder 
verwendete Offiziere a. D., Sanitätsoffiziere a. D. und Ingenieure des Soldatenstandes a. D. — 
das Gefolge des kriegführenden Heeres, zugelassene ausländische Offiziere, Kriegsgefangene, 
Schiftsangeftellte. diese Personen so lange, wie gegen sie Martialstrafrecht anwendbar ist, 
MStGO. 8 
3. Snnsfeßen gegen Personen des Beurlaubtenstandes und gesetzlich gleichgestellte Per- 
sonen wegen Zuwiderhandlungen gegen die auf sie anwendbaren Vorschriften des Militärstraf- 
rechts; — gegen Offiziere des Beurlaubtenstandes, Sanitätsoffiziere des Beurlaubten- 
standes, Ingenieure des Beurlaubtenstandes wegen Zweikampfs, Herausforderung dazu, 
Annahme einer Herausforderung und Kartelltragens; — gegen nicht zum Soldatenstande 
gehörige Offiziere à la suite und Sanitätsoffiziere à la suite wegen der in der Militäruniform 
begangenen Zuwiderhandlungen gegen die militärische Unterordnung, § 51—8 MSteG. 
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Cnzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Reubearb. 2. Aufl. Band V.
	        
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