130 Ernst Beling.
4. Strafsachen gegen jedermann wegen der unter MStGB. g8 160, 161 fallenden Taten,
5“ MSt#.
Modifiziert wird diese Abgrenzung zwischen zivilistischer und militärischer Gerichtsbarkeit
durch MStGO. §# 2—4, 7—9.
Die Eigenschaft einer Strassache als Militärstrafsache ist grundsätzlich ein character inde-
lebilis, § 10 Abs. 1 M GO. (Ausnahmen MStG. ####4, 7 2, 8, 9 Abs. 2, 10 Abs. 2).
b) Durch Landesrecht können vor Sondergerichte verwiesen werden: Elb-- und Rhein-
schiffahrtssachen, sowie Strafsachen gegen Standesherren, GVG. §14 1, EGG. 57.
Auch können für Strassachen gegen die Mitglieder landesherrlicher Familien usw. (§ 5
E#. arg. a fortiori) Sondergerichte landesrechtlich eingesetzt werden.
(Ad ar, reichsrechtlich bestellte, ad b: reichsrechtlich zugelassene Sondergerichte.)
Zu den zugelassenen Sondergerichten werden bisweilen die Staatsgerichtshöfe
für Ministeranklagen gezählt. Indessen erwähnt das Reichsrecht diese nirgends
als zugelassen, mithin haben diese Gerichtshöfe als Straf gerichte heute keine Geltung mehr.
Ihre Wirksamkeit als staat srechtliche Gerichtshöfe ist dagegen natürlich unberührt geblieben,
insoweit gehören sie aber überhaupt nicht hierher, da sie insoweit keine „Gerichte“ im Sinne
des GVG. sind.
IV. Nicht immer erschöpft sich der Begriff der „Strafsache“ in dem staatlichen Strof-
anspruch; unter Umständen bilden vielmehr gewisse mit dem Strafanspruch zusammenhängende
straf-, zivil- oder verwaltungsrechtliche Ansprüche mit dem Strafanspruch zusammen die „Straf-
sache“; so werden z. B. im Strafprozeß mitabgemacht: die Privatstrafe der Urteilspublikation
nach StGB. §§ 165, 200; die Buße; die Einziehung und Unbrauchbarmachung, die Zulässig-
keit von Polizeiaufsicht, die „Unterbringung“ des Strafunmündigen im Sinne des 8 66 Abs. 2
StGB., die Entschädigung des unschuldig Bestraften (diese jedoch nur ihrem Grunde, nicht
ihrem Betrage nach) usw. Für alle diese „Nebenansprüche"“ ist außer dem Strafrechtswege
kein anderer Weg gegeben; dies gilt auch für den Bußanspruch; nur hat der Bußberechtigte
die Möglichkeit, statt des Bußanspruchs den im Zivilprozeßwege verfolgbaren Schadensersatz-
anspruch zu wählen.
8 7. B. Der Gegenstand des einzelnen Prozesses.
Literatur: Otker, Das Verfahren vor den Schwur= und den Schöffengerichten (1907)
S. 3—41; Lazarus, Die sog. Schuld-, Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe
im Strafprozeß (1900); Planck, Mehrheit der Rechtsstreitigkeiten (1844); Glaser, Gegen-
seitige Beziehungen mehrerer Strafsachen, Gerichtssaal 1885 S. 81; Hötzel, Die Präjudizialität
von richterlichen Zivilprozeßakten usw. für einen nachfolgenden Strafprozeß (1907).
I. Gegenstand des einzelnen Prozesses („Gegenstand der Unter-
suchung“", somit auch Gegenstand der Klage, des Eröffnungsbeschlusses, des Urteils, der Rechts-
mitteleinlegung usw.) ist derjenige Strafanspruch, den der Kläger anhängig gemacht hat, samt
Nebenansprüchen. Außerhalb des Prozeßgegenstandes liegen mithin namentlich die nur prä-
judiziellen Punkte. Sie bedürfen zwar der Feststellung, es wird aber nicht „über sie ent-
schieden", so daß auch keine Rechtskraftwirkung hinsichtlich ihrer eintritt (z. B. Frage des Eigen-
tums im Diebstahlsprozeß; Frage nach dem Vorliegen einer „Haupttat“ im Prozeß gegen den
Gehilfen usw.).
II. Der Prozeßgegenstand bildet eine unteilbare Einheit
1. nach seinem Entstehungsgrunde: der Prozeß ergreift alle zu der Strafsache gehörigen
Tatsachen, gleichviel, ob den Behörden bekannt oder unbekannt, ob in den behördlichen Prozeß-
erklärungen genannt oder nicht genannt;
2. nach seinem Inhalt: der Prozeß ergreift gleichermaßen Haupt= und Nebenstrafen samt
allen möglichen auf den Strafrechtsweg gehörenden Nebenmaßregeln;
3. nach seiner juristischen Würdigung: der Prozeß ergreift die Tat unter jedem denkbaren
juristischen Gesichtspunkt;
4. nach seiner Struktur: der Prozeß ergreift ungeteilt das „Ob“ und das „Wie“ der an-
hängigen Ansprüche.