Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Zweites Buch. 
Der Prozeßgang. 
Allgemeiner Teil. 
Erstes Kapitel. 
Die obersten Grundsätze. 
§ 21. A. Die Offtzialmaxime und ihre Durchbrechungen. 
Literatur: Ortloff, Das Strafverfahren in seinen leitenden Grundsätzen und Haupt- 
formen (1858); Heinze, Dispositionsprinzip und Offizialprinzip, Goltd. Arch. Bd. XXIV 
S. 265 5 R. Schmidt, Staatsanwalt und Privatkläger (1891); Fuchs, Anklage und An- 
tragsdelikte (1873); Nessel, Antragsberechtigungen (1873); v. Kir 4 enheim, Die recht- 
liche Natur der Antragsdelikte (1877); Samuely, Gerichtssaal Bd. XXXII S. 1; Köhler, 
die Lehre vom Strafantrag (8199); Allfeld, Strafantrag und Ermächtigung, in der ver- 
Feichenden Darstellung des deutschen und ausländ. Strafrechts, Allg. Teil, Bd. II S. 1611 
ulau, Geteilter, bedingter, unter Vorbehalt gestellter Strafantrag (1905). 
I. Dem heutigen Strafprozeß liegt nicht die Akkusationsmaxime zugrunde, wonach 
die Verbrechensverfolgung nur auf Klage eines Privaten, zumal des Verletzten, eingeleitet 
und durchgeführt wird, sondern die Offizialma xime, d. h. der Staat sorgt grundsätzlich 
selbst ex okficio für Verfolgung und Bestrafung der Delikte: staatliches Klagemonopol (vgl. 
oben §# 18 II 19), und seine Entschließung ist dabei völlig unabhängig von den (auf Strafverfolgung 
oder deren Unterbleiben gerichteten) Wünschen des Verletzten. 
II. Diese Regel durchbricht das heutige Recht in Ansehung der sog. Antrags= und 
Ermächtigungsdelikte (Gegensatz: „Offizialdelikte"); das sind gewisse Delikte, bei 
denen das staatliche Einschreiten bedingt ist durch eine von einem Privaten abzugebende, die 
Strafverfolgung gutheißende Willenserklärung, einen „Strafantrag“ bzw. eine „Ermächtigung 
zur Strafverfolgung“. Der Staat ist hier also nicht völlig Herr der Situation, wie er es bei un- 
verkürzter Offizialmaxime sein würde. Dieser Antrag bzw. die Ermächtigung ist konstraktiv 
offensichtlich nicht eine Bedingung der Strafbarkeit, wie auch heute noch manche annehmen, 
sondern eine Bedingung für das staatliche St rafklagerecht, wie sich auch aus § 259 St PO. (val. 
88 127, 130 daselbst) ergibt. 
1. Antragsdelikte sind z. B. einfache Körpewerletzung, Beleidigung, Sachbeschädi- 
gung, Hausfriedensbruch usw. 
Antragsberechtigt sind 
a) der durch die Tat Verletzte (§ 65 Abs. 1 Satz 1 StG.), 
b) gewisse in einem nahen persönlichen Verhältnis zum Verletzten stehende Personen: 
Ehemann, gesetzlicher Vertreter usw. (vgl. ös 65 Satz 2, 195, 196, 232 Abs. 3 StGB.). 
Ist der Antragsberechtigte nicht antragsfähig, d. h. nicht geschäftsfähig (= voll geschäfts- 
unfähig, § 104 BG.; die bloßen Beschränkungen in der Geschäftsfähigkeit, 88 106 ff. BGB., 
fallen für die Strafantragstellung nicht ins Gewicht) oder noch nicht 18 Jahre alt, so übt für 
ihn der gesetzliche Vertreter das Antragsrecht aus, § 65 Abs. 3 StGB. (Fassung des Art. 34 III
	        
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