Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Strafprozeßrecht. 181 
lann außer dem Richter nur die Staatsanwaltschaft anordnen, und zwar letztere nur, wenn 
Gefahr im Verzuge vorliegt, und es sich nicht bloß um eine Übertretung handelt. In jedem 
Falle gehen die beschlagnahmten Sendungen und Telegramme, und zwar Briefe uneröffnet, 
dem Richter zu. Eine staatsanwaltschaftliche Beschlagnahme sinkt ipso jure in sich zusammen, 
wenn nicht binnen drei Tagen richterliche Bestätigung erfolgt (S 100 StPPO.). Den Kreis der 
beschlagnahmbaren Poststücke bestimmt §3 99 St PO. dahin, daß der Beschlagnahme unterliegen: 
a) an den Beschuldigten gerichtete Postsendungen und Telegramme; b) solche Postsendungen 
und Telegramme, in betreff deren Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß sie ent- 
weder a) von dem Beschuldigten herrühren oder #) für ihn bestimmt sind, und daß ihr Inhalt 
für die Untersuchung Bedeutung habe. 
Für die Preßbeschlagnahme (Beschlagnahme von Druckschriften, Platten und 
Formeny gelten noch zufolge §J 5 ESt PO. die Bestimmungen des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874 
(66 23 ff.); diese Bestimmungen wollen der Preßfreiheit Rechnung tragen und zeichnen sich 
namentlich durch Setzung verschiedener Fristen aus. 
*52. 
IV. Editionszwang. 
Dritte nicht zeugnisverweigerungsberechtigte Personen sind in Ansehung von Beweis- 
und Einziehungsstücken „editionspflichtig“, d. h. es können zur Erwirkung der Herausgabe gegen 
sie außer der Beschlagnahme auch noch die Zeugniszwangsmittel des §J 69 St PO. vom Richter 
angewendet werden (§ 95 St PO.). Gegen Behörden und Beamte ist der Editionszwang 
nur mit derselben Beschränkung, wie die Beschlagnahme, zulässig (§ 96 St PO.). 
Voraussetzung des Editionszwanges ist natürlich, daß die zu zwingende Person die heraus- 
zugebenden Gegenstände hat. Solange das nicht feststeht, kann nur mittels Durchsuchung 
vorgegangen werden. 
* 
V. Durchsuchung. 
Literatur: Brauer, N. Archiv d. KrimR. 1846 S. 583; Waser, Gerichtssaal Bd. 1 
S. 61; Beling, Ztschr. f. StRK Wiss. Bd. XV S. 471; Art. Mayer, Augenscheinseinnahme 
und Durchsuchung (1911). 
Durchsuchung ist das Suchen nach sächlichen Beweismitteln (oder nach der Eignung von 
Sachen zu Beweismitteln) oder nach der Person des Beschuldigten in oder an Räumen, Per- 
sonen und Sachen. Sie ist also mehr als bloße „Haus'suchung. Eine Pflicht zur Duldung 
der Durchsuchung besteht in folgendem Umfange: 
a) Der Verdächtige, d. i. derjenige, gegen den sich der Strafprozeß richtet, also der Be- 
schuldigte, muß sich eine Durchsuchung seiner Räume, seiner Person und seiner Sachen 
unter der ganz allgemeinen Voraussetzung des § 102 St PO. gefallen lassen; es genügt 
nämlich die, sei es noch so vage Vermutung, daß man seiner Person in dem zu durch- 
suchenden Raume werde habhaft werden, oder man irgendwelche — nicht notwendig 
individuell bestimmte — Beweismittel finden werde. 
b) Viel enger begrenzt sind nach § 103 St PO. die Voraussetzungen der Durchsuchungs- 
duldungspflicht Dritter. Bei solchen sind ohne und gegen ihren Willen Durchsuchungen 
nur behufs der Ergreifung des Beschuldigten oder behufs der Verfolgung von Delikts- 
spuren oder behufs der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann zulässig, 
wenn die Vermutung, dafß sich die gesuchte Person, Spur oder Sache in den zu durch- 
suchenden Räumen befinde, durch feststehende Tatsachen belegt wird. Der Gesetzes- 
text („zu durchsuchende Räume“) ergibt deutlich, daß Dritte eine Durchsuchung ihrer 
Person nicht zu dulden brauchen, wie auch — entgegen dem Reichsgericht — die 
herrschende Meinung annimmt. Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden 
ist, solche, die er während der Verfolgung betreten hat, sowie solche, in denen ein 
Polizeiobservat wohnt oder sich aufhält, nimmt das Gesetz von den in § 103 auf- 
gestellten Kautelen aus, StPO. § 103 AbsK. 2.
	        
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