Strafprozeßrecht. 185
eine Voruntersuchung oder die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Hauptverhand-
lung beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen
wolle (§F 199 St PO.). Sog. Zwischenverfahren.
II. lber die unter Anklage gestellte Tat in der Richtung gegen den Angeschuldigten ent-
scheidet sodann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.
1. a) Kommt das Gericht zu der Auffassung, daß hinreichender Verdacht für
das Bestehen des Strafanspruchs vorliegt, und hält es alle Prozeß- und Strafklage-
rechtsvoraussetzungen für gegeben, so beschließt es die Eröffnung des Haupt-
verfahrens: Eröffnungsbeschluß (# 201, 205, 207 St PO.; vgl. § 75
GV.).
b) Ausnahmsweise kann trotz Zutreffens dieser Voraussetzungen eine Strafsache auf
Antrag der Staatsanwaltschaft durch Einstellung des Verfahrens ausgeschaltet
werden, wenn sie mit einer anderen, in der das Hauptverfahren eröffnet wird, wegen
Realkonkurrenz verbunden ist, und für die Strafe die Feststellung des Falles un-
wesentlich erscheint (§ 208 St PO.).
2. Reicht der Verdacht zur genügenden Belastung des Angeschuldigten nicht hin, oder
fehlt eine Prozeß- oder Strafklagerechtsvoraussetzung, so beschließt das Gericht
a) regelmäßig die Einstellung des Verfahrens unter Ablehnung des kläge-
rischen Antrages auf Eröffnung (F 202 StPO.), Nichteröffnungsbeschluß.
Ein derartiger Beschluß muß so abgefaßt werden, daß daraus hervorgeht, ob die
Einstellung auf tatsächlichen oder auf Rechtsgründen beruht.
b) Wenn es sich nur um Abwesenheit des Angeschuldigten oder derzeitige Geisteskrank-
heit desselben handelt, kann vorläufige Einstellung des Verfahrens
beschlossen werden (§ 203 St PO.).
3. Erscheint noch weitere Aufklärung der Sache erforderlich, so ergeht zunächst ein
Zwischenbeschluß, es wird
a) Eröffnung einer Voruntersuchung, insoweit solche zulässig ist lunten § 60) und das
Gericht sie für notwendig (unten § 60 1, 1) oder zweckmäßig hält, oder
b) Erhebung einzelner Beweise (durch einen beauftragten oder ersuchten Richter)
beschlossen (§ 200 St PO.); nach Erledigung erfolgt sodann Beschluß wie ad 1
oder 2.
III. Insoweit das Gericht den in Gemäßheit des § 199 StPO. (oben 1) gestellten An-
trägen des Angeschuldigten nicht stattgibt, muß durch einen Nebenbeschluß eine ausdrück-
liche Ablehnung derselben erfolgen. Gegebenenfalls verbindet sich femer mit dem Eröffnungs-
beschluß die Anordnung oder Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft.
IV. Der Eröffnungsbeschluß ist Prozeßgestaltungsvoraussetzung für Hauptverfahren
und Hauptverhandlung. Dieser Satz erleidet zwei Durchbrechungen:
a) Fall des sog. summarischen Verfahrens (5 211 St PO.): Vor dem
Schöffengericht kann ohne Eröffnungsbeschluß zur Hauptverhandlung geschritten
werden, wenn der Beschuldigte entweder sich freiwillig stellt oder infolge einer
vorläufigen Festnahme dem Gerichte vorgeführt oder nur wegen übertretung ver-
folgt wird; desgleichen kommt der Eröffnungsbeschluß in Wegfall bei der schöffen-
losen amtsrichterlichen Hauptverhandlung (5 211 Abs. 2 St PO.).
b) Fall der sog. Inzidentanklage (5265 St PO.): Bei Realkonkurrenz kann,
wenn wegen der einen Tat das Hauptverfahren eröffnet worden ist, die an dere
Tat auf mündlich in der Hauptverhandlung erhobene Klage sofort ohne Eröffnungs-
beschluß mit abgeurteilt werden.
V. Der Einstellungsbeschluß (oben II 2 a) läßt Neuerhebung der Klage nur auf Grund
neuer Tatsachen oder Beweismittel zu (s 210 St PO.); er erwächst also in Rechtskraft unter
der resolutiven Bedingung des Auftauchens neuer Tatsachen oder Beweismittel.