Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Strafprozeßrecht. 199 
Uagedelikte im Privatklageverfahren, in den Blättern für Rechtsanwendung, Bd. LXXIV S. 647, 
679; Otker, Konkurrenz von Privatklagerechten, in der Festschrift für Burckhard ge#nl v. Birk- 
meyer, Zur Auslegung des 8 432 der St PO., im Gerichtssaal, Bd. LXXIX S. 97. 
I. Privatklage ist zugelassen bei Beleidigungen, Körpewerletzungen und Handlungen 
unlauteren Wettbewerbes, insoweit sie Antragsdelikte sind (s§ 414 St PO.; beachte § 416; § 28. 
RWes. vom 7. Juni 1909). 
Der Kreis der möglichen Prozeßobjekte ist also im Privatklageverfahren quantitativ geringer 
als im Staatsklageprozeß, insofern nicht alles, was im allgemeinen Strafprozeßgegenstand sein 
kann, auch Privatklageprozeßgegenstand sein kann. Mit dieser Beschränkung besteht aber Identität 
der Prozeßgegenstände im Privatklage- und im Staatsklageprozeß. In beiden handelt es sich 
(von den Nebenansprüchen abgesehen) um denstaatlichen Strafanspruch, undnicht 
etwa handelt es sich im Privatklageprozeß um Verhängung einer Privatstrafe. 
II. Die Hauptabweichungen des Privatklageverfahrens gegenüber dem regulären Ver- 
fahren sind folgende: 
1. Als klagende Partei tritt nicht der Staat, sondern ein Privater auf (oben § 18 II, III) 
nämlich 
a) der Verletzte (§ 414, Abs. 1; beachte Abs. 3) oder 
b) einer der neben dem Verletzten selbständig Strafantragsberechtigten (§ 414 Abs. 2, 
oben § 21 II 1b). 
Sind mehrere Personen hinsichtlich einer und derselben Strafsache privatklageberechtigt, 
so kann von Hause aus eine jede selbständig klagen, doch ist nach Erhebung der Klage seitens 
eines Berechtigten den übrigen nur noch der Beitritt dazu offen (s§ 415 St PO.). 
Die Privatklage ist erhebbar, ohne daß zuvor die Staatsanwaltschaft vergeblich um Er- 
hebung der Staatsklage angegangen worden sein müßte; die Privatklage ist im deutschen Recht 
nicht eine „subsidiäre“, sondern eine „prinzipale“. Sie dient im deutschen Recht nicht als all- 
gemeines (= auf alle Delikte bezügliches) Mittel zur Herbeiführung der Bestrafung im Falle 
des Nichteinschreitens der Staatsanwaltschaft; diesem Zwecke dient vielmehr das Klageprllffungs- 
verfahren (oben # 58 1). 
Der Privatkläger hat im allgemeinen Anspruch darauf, ebenso zugezogen und gehört 
zu werden, wie im regulären Verfahren die Staatsanwaltschaft zugezogen und gehört wird 
(ugl. aber §#§ 425, 426). Die Staatsanwaltschaft braucht nicht mitzuwirken, sie kann es aber, 
und sie kann sogar die Verfolgung übernehmen mit der Wirkung, daß von jetzt ab in den Formen 
des Staatsklageverfahrens weiterzuprozedieren ist (S 417 St PO.). 
Nach dem Tode des Privatklägers kann eine Sukzession in dessen Parteirolle stattfinden, 
wenn die Privatklage auf die Behauptung einer Verleumdung (5 187 StE.), mit 
Ausschluß der Kreditgefährdung, gestützt war. Sukzessionsberechtigt sind Elterm, Kinder und 
Ehegctte des verstorbenen Privatklägers (ohne Rücksicht auf ihre Erbenqualität). Der Prozeß- 
fortsetzungswille muß fedoch innerhalb zweier Monate, vom Tode des Privatklägers an ge- 
rechnet, bei Gericht erklärt werden (§ 420 St PO.). 
2. Prozeßvoraussetzung ist bei Beleidigungen, wenn beide Teile im selben Gemeindebezirk 
wohnen, daß erfolglos Sühne versucht worden ist (§ 420 St PO.). 
3.Der Beschuldigte kann bei wechselseitigen Beleidigungen oder Körpewerletzungen gegen 
den Privatkläger bis zur Beendigung der Schlußvorträge in erster Instanz nach § 428 S:#PO. 
Widerklage erheben. 
4. Stellt sich die Unzulässigkeit der gewählten Prozeßart in der Hauptverhandlung heraus, 
so ist das Verfahren durch Formalurteil einzustellen (s§ 429 St PO.); es bleibt alsdann der 
Staatsanwaltschaft unbenommen, die Sache im Staatsklageverfahren anhängig zu machen, 
da ja das Formalurteil keinerlei klagekonsumierende Wirkung äußert (oben § 33 II). 
5. Die Zulässigkeit eines Absenz- und Kontumazialverfahrens ist gegenüber dem Staats- 
kllageverfahren erweitert (S 431 St PO.). 
III. Um die Privatklage dreht sich in der Theorie seit geraumer Zeit ein eigentümlicher 
Streit; von der einen Seite wird Erstreckung der Privatklage auf zahlreiche andere Delikte (Haus- 
friedensbruch, Sachbeschädigung usw.) gefordert, von der anderen völlige Beseitigung der Privat-
	        
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