Strafprozeßrecht. 203
verfahren zulässig (und Vermögensbeschlagnahme zwecks Herbeiführung der Gestellung; oben
g 60 D: 88 27 33 StPO.
II. Eine besondere Negebung hat das Absenzverfahren gegen Wehrpflichtflüchtige erfahren
(K& 470—476 St PO.). Ees ist ein auf einer schriftlichen Erklärung der Kontrollbehörde basieren-
des schematisch sich abspielendes Verfahren, das ohne weitere Voraussetzungen gleichzeitig gegen
mehrere Personen behufs ungetrennter Verhandlung und Entscheidung gerichtet werden kann.
8 74. V. Objektives Verfahren.
Literatur: Köbner, Die Maßregel der Einziehung (1892); Friedländer, Das
objektive Verfahren (1890); Glücksmann, Die Rechtskraft der strafproz. Entscheidung Üüber
Einziehung und Unbrauchbarmachung (1898); Herschel, ebenso (1899); Schöten sack,
Der Konfiskationsprozeß (1905); Hugo Mayer, Das objektive Verfahren auf Privatklage (1910).
Unter „objektivem Verfahren“ versteht man das sich in den Formen eines — wenn auch
irregulären — Strafprozesses bewegende Verfahren, das auf „selbständige“ Verhängung einer
Einziehung oder Unbrauchbarmachung (§ 42 StGB. und verwandte Gesetzesbestimmungen)
abzielt. Es ist zulässig, wenn die Verurteilung oder Verfolgung einer bestimmten Person nicht
ausführbar ist. Die Klage erscheint hier als Antrag auf Einleitung und Durchführung des objek-
tiven Verfahrens. Sie kann von der Staatsanwaltschaft wie vom Privatkläger erhoben werden
(&477 St PO.). Ihr Gegner ist jeder Einziehungs- (usw.) Betroffene, d. i. wer einen rechtlichen
Anspruch auf den Einziehungs- (usw.) Gegenstand hat. Jeder Einziehungs= (usw.) Betroffene ist
Quasiangeklagter und hat daher Parteipflichten und Parteirechte (ss 478—479 St PO.). Des-
halb ist auch namentlich der Grundsatz des rechtlichen Gehörs strikt zur Anwendung zu bringen
(von der herrschenden Meinung bestritten).
Den Prozeßgegenstand bildet ein Ausschnitt aus einer Vollstrafsache, nämlich eben nur
die Frage der Verhängung einer Einziehung oder Unbrauchbarmachung. Insoweit sich dieser
Ausschnitt mit der Vollstrafsache deckt, liegt Ibentität der Sache vor, darüber hinaus Nicht-
identität. Hiernach bemißt sich die Rechtskraft des im objektiven Verfahren ergangenen Urteils.
8§ 75. VI. Konsular= und kolonialgerichtliches Verfahren.
Literatur: Lippmann, Konsularjurisdikt. im Orient (1898); Heilborn, Goltd.
Arch. Bd. XLVII S. 363; Borwerk, Konsulargerichtsbarkeitsgesetz *Wime'2 Dörr, Deutsches
Rolonialstrasprozebrecht, in der Ztschr. l. Kolonialpolitik 1908 S. Bauer, Strafrechts-
Wm über die Eingeborenen in den deutschen Schutzgebieten, im Arch. f öffentl. Recht Bd. XIX
2; Dörr, Die Geltung der RStPO. in den deutschen Schutzgebieten, in der Ztschr. f.
Kolonialpolitik 1912 S. 11.
I. Der konsulargerichtliche Prozeß kennt keine Staatsanwaltschaft und folgt daher (ab-
gesehen von der Privatklage) der Inquisitionsmaxime. Die Rechtsmittel gegen konsulargericht-
liche Entscheidungen sind beschränkt. Berufungs-= und Beschwerdegericht ist (abgesehen von
den Beschwerden gegen Entscheidungen des Konsuls) das Reichsgericht. Schwurgerichte sind
dem Konsularprozeß fremd; konsularische Schwurgerichtssachen sind im Inlande abzuurteilen. —
Konfulargerichtsbarkeitsgesetz vom 7. April 1900.
II. Das Schutzgebietsgesetz vom 9. November 1900 überträgt im allgemeinen die oas
konsulargerichtliche Verfahren beherrschenden Grundsätze auf das kolonialgerichtliche, läßt aber
zugunsten Kaiserlicher Verordnung gerade in den Hauptpunkten ein Blankett offen; das Blankett
ist ausgefüllt worden, und es ist durch Kaiserliche Verordnung die Mitwirkung einer Staats-
anwaltschaft vorgeschrieben, dem Kolonialgericht auch für Schwurgerichtssachen Zuständigkeit
verliehen und ein Berufungs= und Beschwerdeinstanzenzug innerhalb der Schutzgebiete ein-
gerichtet worden.
8§8 76. VII. Verfahren in Feld= und Forstrügesachen.
Literatur: Baillant, Das Forstrügeverfahren (1908)) Hümmer, Das rechts-
rheinisch-bayrische Forstrügeverfahren (1908).
Dem Landerrecht ist durch § 3 Abs. 3 ESt PO. freigegeben, für Feld= und Forstrügesachen
ein besonderes Verfahren anzuordnen. Von dieser Ermächtigung ist in den einschlägigen Partikular-
gesetzen z. B. in dem Sinne Gebrauch gemacht worden, daß die Feld= und Forstrügesachen durch