Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

220 Heinrich Dietz. 
schon in § 55 Z. 1 und 2 in der Hauptsache enthalten ist, nichts anderes gelte. Vgl. BIIb. 
Nach Ph. O. Mayer sind die „Handlungen" der §§ 115 und 116 (dieser bestraft die erfolglose 
Anstiftung durch den Vorgesetzten), wenn sie sich auf militärische Verbrechen und Vergehen 
beziehen, eigentliche, bei Anwendung auf gemeine Verbrechen und Vergehen uneigentliche 
militärische Straftaten. Im praktischen Ergebnis: der Anwendung militärischer Freiheits- 
strafen, laufen alle Lehren zusammen. 
5) Die Verschiedenheit der persönlichen Eigenschaften des Täters und Teil- 
nehmers bringt militärrechtlich bedeutsame Fragen 1. Die Strafbarkeit der Teilnehmer bürger- 
licher Personen an uneigentlichen militärischen Straftaten vermittelt § 50 StGB.; ihre Teil- 
nahme an rein militärischen Verbrechen und Vergehen ist straflos; entscheidender Grund: das 
Herrschaftsgebiet des M. ist persönlich begrenzt; vgl. auch Ss 112, 141, 142 StGB2. 
4. Außerhalb des normalen gesetzlichen Tatbestandes stehende Umstände. 
a) Von den sogenannten Rechtfertigungsgründen sind zu nennen: 
a)die Notwehr. Das M. erwähnt sie nicht. Es ist daher § 53 StGB. nach § 2 M. 
auch auf militärische Verbrechen und Vergehen anwendbar, und zwar ohne Einschränkung (nur 
die Überschreitung der Notwehr aus Furcht wird durch § 49, 1 beeinflußt), daher auch im Ver- 
hältnis des Untergebenen zum Vorgesetzten. Daß dieses Ergebnis den militärischen Kultur- 
normen durchaus zuwider ist, wird von seinen Anhängern nicht bestritten. Die Praxis ist der 
Anerkennung der Notwehr wenig günstig. Zahlreich sind die Versuche in der Theorie, schon. 
nach geltendem Recht die Beachtung der militärischen Anforderungen zu sichern. Am weitesten 
geht die (das ganze Notstandsrecht der §§ 52—54 StGB. ergreifende) Auslegung, die „ent- 
sprechende“ Anwendung des J 2 M. bedeute eine Anwendung, die mit der militärischen Disziplin 
im Einklang stehe 2); s. oben A V 4 P. . 
Die Frage ist höchstrichterlich noch nicht entschieden; doch ist der Gedanke, daß kleineres 
Unrecht zunächst hinzunehmen ist (Beschwerderecht), schon mehrfach ausgesprochen worden. 
)Notstandshandlungen des Soldaten sind durch den Grundsatz eingeschränkt, 
daß der Soldat, wenn es die militärischen Dienstpflichten erfordern, in Gefahren auszuharren 
hat; § 87 M., vgl. B l 2 (§ 49 Abs. 1). Durch §5 124 M. (Abs. 2 daselbst ist ein Beispiel) ist 
dem Vorgesetzten gestattet, mit allen Mitteln, vor allem durch Waffengebrauch in kritischen 
Fällen (äußerste Not und dringendste Gefahr) — RM. 1, 90, 4, 137 —, die Gefahren, die 
der Disziplin drohen, abzuwenden (Notstand der Disziplin, gilt auch für militärische Wachen 
7) Der Waffengebrauch des Militärs, nicht im M. (vgl. § 141), sondern in Ver- 
waltungsverordnungen geregelt. (Preußen: Ges. v. 20. 3. 37, dazu V. v. 17. 8. 35, ös 8—10; 
Bayern Ges. v. 4. 5. 51; vgl. Garn Dienst V. v. 15. 3. 1902). Zu unterscheiden ist ein Notstand 
anvertrauter Personen und Sachen und ein Notstand der öffentlichen Ordnung und Sicherheit 
(Nothilfe der Wachen, Abwehr von Angriffen ist Dienstpflicht); in beiden Fällen ist der Rechts- 
schutz gegenüber § 53 St G. erweitert 4. 
b) Schuldausschließungsgründe: 
aQa) Uber den Irrtum gilt im Militärstrafrecht nicht Besonderes. Die Unterscheidung 
zwischen Tatsachenirrtum (gleichgestellt wird der außerstrafrechtliche Irrtum) und Strafrechts- 
irrtum hat auch das RMG. übernommen. Zahlreiche Normen, die an sich dem Militärverwaltungs- 
recht angehören (militärdienstliche Grundsätze und Vorschriften), werden als ergänzende Bestim- 
1 Bgl. „persönliche Eigenschaften“ (Rissom) im Handw MilR. mit durchgeführten Beispielen. 
2 gn der sehr be strittenen Frage s. „Militärische erbrechen und Vergehen, Teilnahme von 
Zivilpersonen“ (Rotermund), im Handw MilR., daselbst Lit. Besonders beachtenswert die Preis- 
schrift Schönfelds, Die Teilnahme von Zivil= und Militärpersonen an gemeinen und mili- 
tärischen Delikten, Breslau 1911. 
* Vgl. die Beiträge „Notwehr“, „Notstand“, „Notstand der Disziplin“ (Grützmacher) und 
„Strafausschließungsgründe“ (Rissom) im Handw Mil R. — Gesetzgeberische Vorschläge von M. E. 
Mayer, Arch MilR. 1, 16 ff.; weitere Lit. bei Romen u. Rissom zu 3 49. 
" v. Calker, Das Recht des Militärs zum administrativen Waffengebrauch, München 1888; 
Endres, Der militärische Waffengebrauch, Berlin 1903; Rissom, Notwehr und Waffengebrauch 
des Militärs, Berlin 1906; „Waffengebrauch, administrativer“ (Grützmacher) im HandwMilR.
	        
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