Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 229
doch sind einzelne Tatbestände unter die Handlungen gegen die Treuverpflichtung aufzunehmen;
auchistder siebente Abschnitt durch teilweise Ubermahme des 3 147 zu ergänzen. Den Kern der mili-
tärischen Dienstgewalt bildet die Befehlsgewalt des Vorgesetzten (NM.. 9, 302). Als Mißbrauch
der Befehlsgewalt faßt das Gesetz auch solche Fälle auf, in denen fälschlicherweise die Befehls-
gewalt als vorhanden in Anspruch genommen wird, dazu die Ausnutzung der dienstlichen Stellung,
die dem Vorgesetzten gewährt ist (uneigentlicher Mißbrauch). Auf die einzelnen Tatbestände
kann nur den Grundzügen nach hingewiesen werden; das M. kennt die vorsätzliche Uberschreitung
der Befehlsbefugnis und die der Strafbefugnisse, deren vorsätzliche Ammaßung; vgl. hierzu 114:
Mißbrauch der Dienstgewalt zu Privatzwecken, Geschenke fordern, Annahme von Geschenken
oder Geldborgen von Untergebenen ohne Vorwissen des gemeinschaftlichen Vorgesetzten usw.;
115, 116: erfolgreiche und erfolglose Anstiftung Untergebener zu strafbaren Handlungen (zu 115
vgl. oben B III 3 a am Schlusse); 117: Abhaltung von der Beschwerdeführung durch widerrecht-
liche Mittel; 118: vorsätzliche Uberschreitung der Strafbefugnisse, die dem Disziplinarvorgesetzten
zukommen; 120: unbefugte Vornahme einer Handlung, die nur kraft einer besonderen Befehls-
befugnis oder Strafgewalt vorgenommen werden darf — hier wird die Dienstgewalt als Ein-
richtung der bewaffneten Macht auch gegenüber solchen geschützt, die sie gar nicht besitzen —;
147: Nichtgebrauch der Befehlsbefugnisse und der Strafgewalt (mangelhafte Beaufsichtigung
unmittelbarer Untergebener). Der Nichtgebrauch der Dienstgewalt kann unter Umständen auch
vorschriftswidrige Behandlung nach § 121 M. sein, RHMG. 2, 202, 9, 245: z. B. Duldung, daß
ein Untergebener von einem anderen mißhandelt wird. Als reiner Mißbrauch stellen sich vorschrifts-
widrige Behandlung (neben der Beleidigung Untergebener in F 121 genannt; kann fahrlässig
begangen werden, setzt nicht notwendig Verfehlungen gegen Dienstvorschriften voraus RMG. 1,
178, 2, 181, 6, 55) und die vorsätzliche körperliche Mißhandlung eines Untergebenen dar (122, 123;
wichtig: RM. 6, 243, 9, 82, 10, 303, wonach eine nicht unerhebliche widerrechtliche Einwirkung
auf den Körper des anderen durch unangemessene, üble Behandlung gefordert wird, nicht die
Störung des körperlichen Wohlbefindens oder gar Verursachung eines Schmerzes; keine un-
mittelbare Einwirkung verlangt mit Recht RM. 3, 119).
III. Strafbare Handlungen gegen die Treuverpflichtung. Es sind zu nennen:
1. Kriegsverrat und Gefährdung der Kriegsmacht im Felde
(F& 56—63). Auch der von dem Soldaten begangene Hochverrat und Landesverrat gelten
nach herrschender Lehre (s. oben B 1b) als gemeine Verbrechen. Zum militärischen Verbrechen.
des Kriegsverrats wird Landesverrat, wenn er im Felde begangen wird.
2. Unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht, 5 64—80, dazu 141,
146 (Störung der Wach- und Marschordnung durch Verlassen des Platzes), 159 (Entweichen
der Kriegsgefangenen). Ergänzend: RMil Ges. § 60 Z. 3, der gewisse Teile des Beurlaubten-
standes, besonders beurlaubte Rekruten, den Strafvorschriften der I# 64—80 unterstellt: a) Die
eigenmächtige Entfernung von der Truppe oder der Dienststellung oder das eigenmächtige Fern-
bleiben (besonders Urlaubsüberschreitung) fallen unter 64 (Disziplinarübertretung); vorsätzliche
Vergehen. Tatbestand im Felde erweitert (65). Strafschärfungen bringen 66 und 67 mit
Rücksicht auf das schuldhafte Fernbleiben (Fahrlässigkeit genügt hier) über 7 oder 3 Tage. Die
Absicht, sich der Verpflichtung zum Dienste dauernd zu entziehen, ist wesentlich für die Fahnen-
flucht; die Dauer der Abwesenheit ist bedeutungslos. Von der Bestrafung der Fahnenflucht
handelt 70—76 (zahlreiche Schärfungsgründe); zweite Klasse des Soldatenstandes ist zwingend
vorgeschrieben; Ausnahme bei Selbstgestellung innerhalb 6 Wochen. Wie nach § 141 StG.,
so sind in 78 M. Teilnahmehandlungen an der Fahnenflucht zu selbständigen Straftaten gemacht.
* 79 stellt die Selbstbefreiung eines Gefangenen unter Strafe. Sein Verhältnis zu § 64 ff. ist
bestritten. § 80 setzt schwere Strafe auf den Bruch des Stubenarrestes.
3. Selbstbeschädigung und Vorschützen von Gebrechen (Simulation),
& 81—83 (vgl. die entspr. §§ 142, 143 StGB.). Ein Teil der Personen des Beurlaubtenstandes,
besonders die beurlaubten Rekruten, ist nach RMilGes. § 60 Z. 3 diesen Strafvorschriften.
unterworfen. Verwandte Tatbestände bringen die s#s 141 und 151 (schuldhaftes Untauglich-
machen zu bestimmten einzelnen Dienstverrichtungen, besonders durch Trunkenheit).
4. Die Verletßtzung von Dienstpflichten aus Feigheit K 84—88;