660 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
erwerbe beschränkt. Dies gilt für alle juristische Personen beim Er-
werbe unentgeltlicher Zuwendungen im Betrage von über 5000 M.
und im Erwerbe von Grundbesitz allgemein von diesem Werte an
(ogl. Art. 86 EEG. z. BGB. Spezialbestimmungen für Preußen ALR.
II 11 § 194 und Ges. vom 23. Februar 1870 (GS. S. 118.).
Bezüglich der christlichen Religionsgesellschaften nimmt der Staat in
vielen Beziehungen eine gesonderte Stellung ein, die sich aus dem dem
Staate vorbehaltenen jus protegendi und inspiciendi und cavendi
lären.
Der Staat nimmt es als sein Recht und seine Pflicht in Anspruch,
die Kirchen zu schützen. Er schützt sie deshalb gegen jede Verunglimpfung
ihrer selbst, ihres Glaubens, ihrer Einrichtungen und ihrer Diener
durch entsprechende Bestimmungen des Reichsstrafgesetzbuchs (ogl. 8 6
dieses Buches). Er gewährt ihnen ferner seine staatliche Hilfe
(brachium saeculare) für den Vollzug kirchlicher Anordnungen. Er
respektiert die kirchliche Feiertagsordnung. Er erhält die Kirchen im
Besitze ihres Vermögens und leistet für Kultusbedürfnisse Zuschüsse aus
öffentlichen Mitteln.
Anderseits nimmt der Staat auch den Kirchen gegenüber gewisse
Rechte im öffentlichen Interesse und zum Gesamtwohl des Staates für
sich in Anspruch. Dies zeigt sich in folgenden Befugnissen des Staates:
Für alle christlichen Religionsgesellschaften gelten die staatlicherseits,
für Preußen gegebenen Vasschristen über Vorbildung und An-
stellung von Geistlichen (Ges. vom 11. Mai 1873, Ges. vom
21. Mai 1874, 11. Juli 1883 und 29. April 1887). Danach darf
ein geistliches Amt in einer der christlichen Kirchen nur einem Deutschen
übertragen werden, der eine entsprechende Vorbildung dargetan hat.
Zur Bekleidung eines geistlichen Amts ist die Ablegung der Entlassungs-
prüfung auf einem deutschen Gymnasium, die Zurücklegung eines drei-
jährigen theologischen Studiums auf einer deutschen Staats-Universität,
die jedoch für die katholische Kirche durch eine solche in Priester-
seminaren unter staatlicher Aufsicht ersetzt werden kann (Ges. vom 11. Mai
1873 GS. S. 191 mit den Novellen vom 21. Mai 1874, 11. Juli.
1883, 21. Mai 1886 und 29. April 1887). Die Übertragung ist un-
zulässig, wenn der Anzustellende der gesetzlichen Erfordernisse für das
geistliche Amt ermangelt, oder aus bürgerlichen oder staatsbürgerlichen
Gründen nicht für die Stelle geeignet ist. Vor Übertragung des geist-
lichen Amts, sofern diese nicht durch eine königliche Behörde erfolgt,
besteht eine Anzeigepflicht an den Oberpräsidenten, der ein Einspruchs-
recht hat binnen 30 Tagen wegen Mangels der gesetzlichen Voraus-
setzungen bei dem Anzustellenden. Auf widerrufliche Ubertragungen des
Seelsorgeramtes, auf Anordnungen von Hilfsleistungen und Stellver-
tretungen, für die Bestellung eines Verwesers des Pfarramtes (Admini-
strators, Provisors) findet diese Vorschrisft keine Anwendung. Die Er-
richtung widerruflicher Seelsorgeämter erfordert Genehmigung des
Kultusministers. Der Pfarrbesetzungszwang ist aufgehoben (Gei vom
29. April 1887 Art. 2 § 3). Anordnungen oder Vereinbarungen,
welche die durch das Gesetz begründete Klagbarkeit der aus dem geist-