Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 235 
So ist auch nach heutigem Recht die Gerichtsbarkeit vom König (den Kontingentsherren, 
der Verfassung des Reichs entsprechend) abzuleiten (geringe Abweichungen bringt die Ein- 
richtung des Reichsmilitärgerichts als einer Reichseinrichtung und verschiedene dem Kaiser über- 
wiesene Rechte, z. B. Bestätigung der Urteile im Feld- und Bordverfahren). Entscheidender 
Grundzug der Militärgerichtsverfassung ist Betätigung der Kommandogewalt. Die Gerichts- 
barkeit wird von den Befehlshabern ausgeülbt, denen sie gleichzeitig mit der Dienststelle über- 
tragen ist (Gerichtsherren). 
Die Person des Gerichtsherrn gibt dem Militärstrafverfahren das eigentliche Gepräge. 
Der Gerichtsherr ordnet die Untersuchung an, läßt sie durch einen Untersuchungsführer, sein 
Organ durchführen; er verfügt das Hauptverfahren durch Erlaß der Anklageverfügung, er beruft 
und besetzt das erkennende Gericht, das ihm Recht spricht und trotz § 12 M. sein Organ ist; er 
bestätigt das gefundene Urteil, das damit erst staatsrechtlich bedeutsame Willensentscheidung 
wird, und erklärt es für vollstreckbar. Er übt auch die richterlichen Befugnisse aus, in denen sich 
die Herrschaft des Staates, die vis cogendi betätigt Laband): er verfügt die Gestellung des 
Beschuldigten, die einstweilige Enthebung des Beschuldigten vom Dienst oder seine Verhaftung, 
die Beobachtung auf den Geisteszustand in einer Irrenanstalt, Durchsuchungen, Beschlagnahme 
des Vermögens und die Vollstreckung der Strafe. 
Der Gerichtsherr ist Träger der Gerichtsbarkeit, der eigentliche Richter. 
Ziffer 4. Umfang der Militärgerichtsbarkeit. 
Die Militärstrafgerichtsbarkeit erstreckt sich grundsätzlich auf die der Kommandogewalt 
unterworfenen Personen, und zwar wegen aller strafbaren Handlungen, auch der vor dem 
Diensteintritt begangenen, und erfaßt auch noch den Täter beim Ausscheiden aus dem die 
Militärstrafgerichtsbarkeit begründenden Verhältnis wegen der vorher begangenen Straftaten. 
Doch wird dieser Grundgedanke in mannigfacher Weise eingeschränkt und auch erweitert. 
I. Persönlicher Umfang. Der Militärstrafgerichtsbarkeit sind unterworfen: 
1. die Militärpersonen des aktiven Heeres und der aktiven Marine, d. h. die Offiziere, 
Sanitäts-, Veterinäroffiziere, Militärbeamten und Mannschaften in vollem Umfange; ihnen 
sind bestimmte Personengruppen in §& 1 gleichgestellt. Hierher gehören auch die zum aktiven Dienst 
einberufenen Personen des Beurlaubtenstandes 1, im Kriege die Freiwilligen usw. während 
der Dauer der Dienstleistung (Näheres § 4 MSt GB. und Anl. dazu, § 38 A und B 1 und 2 
Nil G.). Gerichtsstand von Mitgliedern der militärisch eingerichteten Landgendarmeriekorps? 
s. 8 2 EG.; 
2. die Personen des Beurlaubtenstandes und die ihnen gesetzlich gleichstehenden Per- 
sonen (§ 56 RMilG.; 26, 30 des Ges. v. 11. 2. 88). Wegen der Zuwiderhandlungen gegen 
die Vorschriften der Militärstrafgesetze, die auf sie anzuwenden sind, in vollem Umfange (§ 6, 
102, 42 Abs. 2, 64 f., 81 f., 101, 113, 126 MSt GB., 60 Z. 3 Mil .), 5/ 5 Z. 1; 
3. die Offiziere, Sanitäts-, Veterinäroffiziere und Ingenieure des Beurlaubtenstandes 
wegen aller Zweikampfverbrechen (201 f. RStGB.), 3 5 Z. 2; 
4. die Offiziere à la suite (vgl. § 1 Z. 6) wegen solcher Zuwiderhandlungen gegen die 
militärische Unterordnung, die in der Militäruniform begangen sind, § 5 Z. 3; 
5. bürgerliche Personen (Deutsche und Ausländer) wegen der in Is 160, 161 MSt G. 
bezeichneten strafbaren Handlungen; 
6. frühere Militärpersonen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine (#§8.1 Z. 1), die 
innerhalb eines Jahres nach Beendigung des die Militärstrafgerichtsbarkeit begründenden Ver- 
hältnisses (auch dessen völlige Lösung gehört hierher) einen früheren, noch im aktiven Dienst 
befindlichen Vorgesetzten (im Verkehr mit ihm oder mit einer Militärbehörde) beleidigen oder 
1 Siehe Beurlaubtenverhältnis im Strafverfahren (Rissom) im HandwMilR. 
1 Siehe Landgendarmerie, Gendarmerieoffiziere (Rotermund), Gendarmerie in Bayern 
(Erhard) im Handw Mil RK. und Gendarmerie in v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 
des Staats- und Verwaltungsrechts.
	        
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