Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

238 Heinrich Dietz. 
MEtGO. in 8 43 ausdrücklich ausgesprochen war, festgehalten. Die Rechtsmittelfolge des neuen 
Verfahrens brachte es freilich mit sich, daß dem höheren Gerichtsherrn gewisse instanzartige 
Rechte der Prüfung und Anweisung für den Einzelfall gegeben wurden. Nach §24 (vgl. dazu 247) 
kann der übergeordnete Gerichtsherr den ihm unterstellten Gerichtsherrn anweisen, eine Unter- 
suchung einzuleiten oder fortzusetzen (dazu gehört auch, die Anklage zu verfügen RMG. 10, 237), 
ferner ein Rechtsmittel einzulegen oder zurückzunehmen, darf aber im übrigen in den Gang einer 
eingeleiteten Untersuchung nicht eingreifen. Er kann vor allem nicht anweisen, eine Unter- 
suchung einzustellen. Eigentliche Aufsichtsrechte (so die Begründung) sind damit nicht gewährt; 
die Aufsicht über die Ausübung der Militärgerichtsbarkeit steht anderen Stellen zu; Näheres 
Ziff. 7. Aus dem Schweigen des Gesetzes darüber, welche Befehle sonst noch der übergeordnete 
Gerichtsherr dem unterstellten erteilen kann, darf nicht geschlossen werden, daß über den § 24 
hinaus noch Rechte gewährt seien 1. Es fehlt dem übergeordneten Gerichtsherrn sonach vor 
allem das Rügerecht. 
4. Die umfassende Tätigkeit des Gerichtsherrrn ist schon Ziff. 3 angedeutet. 
Ergänzend sei bemerkt: Staatsanwaltschaftliche Aufgaben fallen ihm zu, wenn er das Ermitt- 
lungsverfahren einleitet, das Recht der Akteneinsicht ausübt, Zeugen usw. zur Hauptverhand- 
lung ladet und die Herbeischaffung der Beweismittel zur Hauptverhandlung veranlaßt, wenn 
er die Person bestimmt, die die Anklage zu vertreten hat, Rechtsmittel einlegt und die Strafe 
vollstrecken läßt. Eine Aufgabe, die dem Vorsitzenden nach der St PO. zufällt, erfüllt er, wenn 
er Anträge des Beschuldigten über Herbeischaffung von Beweismitteln zur Hauptverhandlung 
— ein Recht des Beschuldigten, selber Zeugen usw. zu laden, besteht nicht — bescheidet (5§ 269). 
Zu den unter Ziff. 3 schon genannten richterlichen Befugnissen gesellt sich das Recht, über die 
Ablehnung von Gerichtspersonen außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden, Strafver- 
fügungen bei Ubertretungen zu erlassen und in vereinzelten Fällen außerhalb der Haupt- 
verhandlung über Beschwerden zu entscheiden. 
Beschränkungen. An Untersuchungshandlungen darf der Gerichtsherr nicht teil- 
nehmen, mag er auch sonst berechtigt sein, im Ermittlungsverfahren die ihm zur Aufklärung 
der Sache geeigneten Verfügungen zu treffen. Daß er selbständig militärpolizeiliche (richtiger: 
kriminalpolizeiliche) Ermittlungen nach Anordnung des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen 
berechtigt sei, bejaht R#G. 2, 153, doch entspricht dieses schwerlich seiner Stellung 2. In der 
Hauptverhandlung darf er nicht zugegen sein (§ 273 2). Uber die Mitprüfungspflicht 
(Gegenzeichnung) bei den im Laufe des Verfahrens ergehenden Entscheidungen und Verfügungen 
des Gerichtsherrn s. nachfolgend unter II. 
II. Die Organe des Gerichtsherrn: 
1. Die richterlichen Militärjustizbeamten; es sind Kriegsgerichtsräte 
bei den Kriegsgerichten und Oberkriegsgerichtsräte bei den Oberkriegsgerichten zu unterscheiden 
(wegen der Beamten des Reichsmilitärgerichts s. Ziff. 6). 
a) Sie werden von der Militärjustizverwaltung (s. Ziff. 7) den höheren Gerichtsherren 
zugeordnet, sie müssen zum Richteramte befähigt sein und sind in ihrer Stellung ganz ähnlich 
den bürgerlichen Richtern geschützt. Sie tragen im Dienst Uniform. Sie werden auf Lebens- 
zeit vom Kontingentsherrn (in der Marine vom Kaiser) ernannt und sind Reichsbeamte (anders 
in Bayern). Sie können (Ausnahme: im Felde) nur durch zum Richteramt befähigte Personen 
ersetzt werden; Richter im Oberkriegsgericht können aber nur ständig angestellte richterliche Beamte 
sein. Über die Geschäftsverteilung unter mehrere ihm zugeordnete richterliche Militärjustiz- 
beamte entscheidet der Gerichtsherr. Vgl. 88 70, 93—98 M., 26—31 EG.; über Disziplinar- 
verfahren RD. v. 1. Dez. 1898. Dienstaufsicht: Pr AKO. v. 2. 5. 13, Bay. 12. 8. 1387. 
1 Daher unzutreffend die wohl vereinzelt dastehenden Ausführungen von Ph. O. Mayer, 
Erört. aus d. militärstrafr. Theorie u. Praxis, S. 3f.; richtig Weiffenbach, Einführung in die 
Möte., S. 26/27, der noch mit Recht betont, daß die Rechte aus § 24 sich nur auf Einzel- 
fälle beziehen. Bgl. „Anweisungsrecht“ (Rissom) im HandwMilk. 
: Vgl. 8 St W. (Beling) 24, 262; Goltd Arch. 58, 55 (Rissom); „Gerichtsherr im Ermittlungs- 
verfahren“ (Mewes); Verfahren, militärgerichtliches, B. I 4 (Rissom) im Handw'Mil. 
* Einzelheiten und Wünsche zur Gestaltung der Dienstverhältnisse: „Militärjustizbeamte, 
richterliche“ (Elsner v. Gronow), Stichworte daselbst; „Militärjustizverwaltung", „Mitprüfungs-
	        
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