24 Heinrich Dietz.
Ziffer 11. Einheitlichkeit der Verhandlung. Mündlichkeit. Unmittelbarkeit.
Schriftliche Beurkundung der Prozeßvorgänge.
Die MStG#O. hat die Bestimmungen der St P. im wesentlichen übernommen. Die
zur Mitwirkung bei der Hauptverhandlung berufenen Personen müssen anwesend sein,
#273, 274, 338, 339; Fehlen ist Revisionsgrund, 400, Z. 5. Wegen der Entfernung
des erschienenen Angeklagten aus der Hauptverhandlung s. # 279, 301, wegen
Unterbrechung der Hauptverhandlung 275, 276, wegen Festnahme des Angeklagten im
Falle der Aussetzung oder Unterbrechung 277. Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten
wird in erster Instanz (Berufung 289, Revision 408) regelmäßig nicht verhandelt, 278; Ausnahme
280, wonach der Angeklagte wegen weiter Entfernung seines Aufenthaltsortes vom Erscheinen
vor Standgerichten überhaupt, vor Kriegsgerichten dann, wenn nur eine im Rahmen der stand-
gerichtlichen Zuständigkeit liegende Strafe zu erwarten ist, entbunden werden kann; Verteidi-
gung in diesem Falle vor dem Kriegsgericht zulässig, 281. — Was nicht ordnungsmäßig an Be-
weisen erhoben ist, darf bei der gerichtlichen Entscheidung nicht verwertet werden, 315. Ver-
kündung des Urteils spätestens innerhalb dreier Tage nach dem Schlusse der Verhandlung, 327, 1.—
Wegen der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme s. besonders 308—311, die meist wörtlich mit
248 ff. St PO. übereinstimmen. In 3606 ist vorgeschrieben, daß die Aussage eines vor der Haupt-
verhandlung vernommenen Zeugen, der in der Hauptverhandlung berechtigtermaßen die Aus-
sage verweigert, in keiner Weise festgestellt werden darf. Verlesbar sind nach 310 u. a. die ein
Zeugnis oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen militärischer Vorgesetzter und die ein
Gutachten (nicht Zeugnis) enthaltenden Erklärungen öffentlicher Behörden. Im Ermittlungs-
verfahren sind alle die Untersuchung berührenden Vorgänge und Tatsachen, vor allem Ermitt-
lungen, aktenkundig zu machen. Über jede Untersuchungshandlung ist eine Verhandlung auf-
zunehmen; bei minder wichtigen Sachen genügt ein Aktenvermerk. Ein Gerichtsschreiber muß
zugezogen werden bei der Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen
und bei Einnahme des Augenscheins, 162—164. Aktenvermerke sind sonst noch vereinzelt vor-
geschrieben, z. B. 97, 3, 176 Z. 4. über das Sitzungsprotokoll s. 331—335; es entspricht im
wesentlichen dem Sitzungsprotokolle der Schöffengerichte. Die bei der Verhandlung Beteiligten
haben das Recht, die Feststellung eines Vorgangs und dessen Aufnahme in das Protokoll zu
verlangen, wenn sie glauben, daß die Förmlichkeiten des Verfahrens nicht beachtet sind. Gegen
den die Förmlichkeit betreffenden Inhalt der Protokolle ist der Nachweis der Unrichtigkeit (274
St PO. gestattet nur den Nachweis der Fälschung) zulässig.
Ziffer 12. Wahrheitserforschung, Beschränkung auf die zur Anklage stehende
Tat, Beweiserschöpfung, freie Beweiswürdigung.
Wie jedes Strafverfahren, so hat auch das militärische die Aufgabe, die materielle
Wahrheit zu erforschen. Die unter Ziff. 11 und 13 erörterten Grundsätze, daneben
die äußere Unabhängigkeit der Richter (§ 18, 1, vgl. die Vorschriften über ihre Be-
rufung 38 ff., über Beratung und Abstimmung 320—325, über Abwesenheit des Gerichts-
herrn 167, 1, 273, 2) unterstützen diese Aufgabe. Wie der Untersuchungsführer im Ermittlungs-
verfahren (159), so hat auch das Gericht die zugunsten des Angeklagten sprechenden Umstände
von Amts wegen zu ermuteln (materielle Verteidigung); die Beweise sind zu erschöpfen, 298ff.
Gegenstand der Urteilsfindung ist die zur Anklage stehende Tat, ohne Bindung an die rechtliche
Auffassung der Anklageverfügung, 217, 218. Gleichzeitige Aburteilung eines nicht zur Anklage
stehenden Vergehens oder einer Ubertretung nur mit Zustimmung des Angeklagten möglich, 319.
Keine Bindung an feste Beweisregeln, Entscheidung nach freier Überzeugung, § 315.
Ziffer 13. Öffentlichkeit des Verfahrens.
Die Hauptverhandlung ist grundsätzlich für jedermann zugänglich; die Beschränkung
des Zutritts zu militärischen Dienstgebäuden fällt insoweit weg. Ausnahmen: weiblichen
und unerwachsenen sowie solchen Personen, die nicht die bürgerlichen Ehrenrechte be-