262 Heinrich Dietz.
Marine) das Recht, sich zugunsten eines Bestraften, ohne daß sie die Verbüßung abzuwarten
hätten, zu beschweren. Mit der Beschwerde kann die Sachwidrigkeit der Strafe, die formelle
Unzulässigkeit, unter Umständen auch die Höhe der Strafe, ferner die Art der Vollstreckung
und die Aufhebung oder Abänderung einer Disziplinarstrafe angefochten werden; vgl. 5 52, 53
DStO., 68, 69 Mar-. Näh. in den Beschwerdeordnungen; vol. Militärisches Beschwerderecht.
Hat eine solche Beschwerde Erfolg, so ist die DStrafe aufzuheben oder abzuändern (dienst-
liche Bekanntgabe, Einträge im Strafbuch).
Das milikärische Beschwerderecht.
Schrifttum.
Di Sieh, Erläuterungen der BO. für das Heer, die Kaiserl. Marine und die Schutztruppen (Kom.),
astatt 1911, H. Greiser.
Fielitz Kolind 8. zur Disziplinarstrafordnung und Beschwerdeordnung für die Marine, 2. A.,
Berlin 1911, Eisenschmitt.
Erläut. im Militärstrafrecht von Elsnerv. Gronow und Sohl, Berlin 1906. H. W. Müller.
M. E. Mayer, Disziplinar- und Beschwerderecht (syst. Darst.), Leipzig 1910, Göschen.
Mewes, Beschwerderecht der Militärbeamten und Zivilbeamten der Militärverwaltung im
„Zahlmeister“ 1911 Nr. 11.
Dietz, Handwörterbuch des Militärrechts, Rastatt 1912, H. Greiser (zahlreiche Beiträge siehe
unter Beschwerde).
Beck, Zur Geschichte des militärischen Leschwerdercchts im Arch Mil#. Bd. 3 S. 99 ff.
Weitere zahlreiche Erörterun rt im Arch Mil #. Bd. 1—4 und im Deutschen Offizierblatt (Dietz)
seit 1907. — Eingehendere Nachweisungen bei Dietz, BO
Ziffer 1. Quellen. Bedentung des Beschwerderechts.
Ein bis in alle Einzelheiten geordnetes militärisches Beschwerderecht ist erstmals durch
die preußische AV. v. 3. März 1873 (AVBl. S. 63) gegeben worden. Es wurde fortgebildet
durch die heute noch geltenden BO.en. Al verwaltungsrechtliches Mittel, das Unrecht zu be-
kämpfen, sind sie durch die Verordnungen der Kontingentsherren (Marine: Kaiser) erlassen.
Sie sind im Heere bei allen Kontingenten übernommen.
Heer und Marine haben je zwei BO.en, deren eine für die Beschwerdeführung der Offiziere,
Sanitätsoffiziere, Veterinäroffiziere, Beamten (BO. )), die andere für die Mannschaften vom
Feldwebel (Deckoffizier) abwärts (BO. II) erlassen sind. Auch die Personen des Beurlaubten-
standes sind an die Bestimmungen der BO. gebunden. Zeitliche Reihenfolge: 14. Juni 94 BO. II
f. d. Heer; 31. Juli 94 f. d. bayr. Heer; 23. Okt. 94 Mar BO. II; 30. März 95 BO. 1,
f. d. Heer; 1. Juni 95 f. d. bayr. Heer; 30. Dez. 95 Mar BO. I; 1. Aug. 96 BO. 1 u. II
f. d. Schutztr. (sie entspricht mit geringen Abweichungen und besonderen Zusätzen der für das
Heer erlassenen).
Die Beschwerde ist Willenserklärung mit dem Ziel dienstlicher Abhilfe. Die BO.en regeln
nur den äußeren Hergang bei Führung einer Beschwerde; ob eine Beschwerde berechtigt ist
oder nicht, und was zu veranlassen ist, haben die Disziplinarvorgesetzten nach ihrem Ermessen
zu entscheiden. Das Beschwerderecht ist militärisches Bedürfnis. Es soll jeder Soldat wissen,
daß er auch gegenüber dem kleineren Unrecht geschützt sei. Nun ist freilich nicht alles als Unrecht
anzusehen, was als Unrecht empfunden wird; die natürlichen Rauheiten des militärischen Lebens
sind zu beachten, die Autorität muß ebenso geschützt wie das Unrecht bekämpft werden, und es
ist anzuerkennen, daß eine unbegründete Beschwerde die Disziplin schädigen kann. Es ist des-
halb begreiflich, daß das Beschwerderecht nach verschiedenen Richtungen hin erschwert ist, vor
allem durch den Hinweis auf strenge Strafen bei leichtfertiger Beschwerdeführung und solcher
wider besseres Wissen (vgl. § 152 MSt G.), auf der anderen Seite auch durch genaue Form-
vorschriften, besonders über Fristen und den einzuschlagenden Weg; doch auch bei deren Nicht-
beachtung ist Prüfung und Bescheidung der Beschwerde vorgeschrieben. — Vgl. noch Ziff. 10.