Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 265 
Nach BO. II wird die weitere Beschwerde beim Kompagnie= usw. chef (wenn dieser 
Verklagter ist, beim nächstältesten Offizier der Kompagnie usw.), in der Regel mündlich, ange- 
bracht. Aufnahme einer Verhandlung. Die Fristen sind 5 Tage, nach BO. I1 3 Tage. 
Die weitere Beschwerde muß begründet werden (also Kritik an der angefochtenen Ent- 
scheidung erlaubt; dazu berechtigt überhaupt das Wesen der Beschwerde). 
Ziffer 8. Mißbrauch des Beschwerderechts. 
a) Die wider besseres Wissen auf unwahre Behauptungen (es genügt eine 
einzige bewußte Unwahrheit) gestützte Beschwerde wird nach § 152 Abs. 1 MSt#. bestraft 
(Kriegsgericht, Tateinheit mit 88 164, 187 RStGB. ist denkbar). Militärbeamte unterstehen 
der Strafvorschrift des § 152 nicht; Personen des Beurlaubtenstandes nur, wenn sie im Dienst 
im Sinne des § 6 MStGB die Beschwerde vorgetragen haben. Im Feld und an Bord ist 
das Standgericht zuständig. 
b) Die leichtfertige Beschwerde (Leichtfertigkeit: grobe Fahrlässigkeit, nicht zu 
verwechseln mit der einfachen unbegründeten Beschwerde, vgl. RM. 4, 265, 13, 128) des 
Soldaten ist Disziplinarübertretung (§ 1 Z. 1 DSt O. und MarDSt .); wer sich zum zweiten 
Male leichtfertig beschwert, muß standgerichtlich verfolgt werden. 
c) Die Beschwerdeführung unter Abweichung vom vorgeschriebenen 
Dienstwege ist bei vorsätzlichem Handeln des Soldaten nach § 152 Abs. 2 standgerichtlich 
zu verfolgen; bei fahrlässigem Handeln liegt nur Disziplinarübertretung vor; entschuldbare Fälle 
werden durch Rügen, Belehrungen erledigt werden können. 
d) Die Abweichung des Soldaten von der Beschwerdefrist ist Ungehorsam 
nach J92 MStGB. bei vorsätzlichem unentschuldbarem Handeln (so jedenfalls nach der herr- 
schenden Lehre, nach der Dienstvorschriften, die ein bestimmtes Tun oder Lassen in bestimmten 
Fällen vorschreiben, als Befehle in Dienstsachen anzusehen sind); fahrlässiges Handeln ist Diszi- 
plinarübertretung (kein Strafzwang); vgl. oben über vorzeitige und verspätete Beschwerde. 
T) Nach allen BO.en soll erwogen werden, ob nicht im Falle der unbegründeten Beschwerde- 
führung die Aufrechterhaltung der Manneszucht ein Einschreiten gegen 
den Beschwerdeführer erfordert. Unrichtige dienstliche Anschauung als solche wird für nicht straf- 
bar erklärt; gleiches muß für eine unrichtige Auslegung der Gesetze, Dienstvorschriften usw. 
gelten. Disziplinarbestrafung dürfte nur dann gerechtfertigt sein, wenn jeder Zweifel an dem 
Unbegründetsein der Beschwerde ausgeschlossen ist, und wenn der gute Glaube des Beschwerde- 
führers an das Begründetsein seiner Beschwerde notwendig auf Fahrlässigkeit beruht. Auch 
in der einfachen Weiterführung einer abgewiesenen Beschwerde trotz Belehrung über unrichtige 
dienstliche Anschauung oder das richtige Recht wird an sich nichts Strafbares gefunden werden 
dürfen. Die gewissenhaft errungene Uberzeugung des Beschwerdeführers, daß seine Beschwerde 
begründet sei, ist jedenfalls hochzuhalten. Auch hier müßte zum mindesten Fahrlässigkeit — sie 
ist sehr schwer festzustellen — erwiesen sein. 
Ziffer 9. 
Für die Beschwerdeführung der Militär= und Zivilbeamten der Militär-(Marine)= 
Verwaltung (auch der Unterbeamten) gelten im allgemeinen die Vorschriften der 
BO. I. Eine Vermittlung ist jedoch freigestellt und wird empfohlen für die Fälle, in denen 
die Beilegung der Beschwerde davon erwartet werden darf. Die Beschwerde ist stets schriftlich 
bei dem zur Entscheidung zuständigen Dienstvorgesetzten des Verklagten anzubringen, die 
weitere Beschwerde bei dem nächsten Dienstvorgesetzten dessen, der entschieden hat. Wenn 
die Beschwerde der Beamten, die im doppelten Unterordnungsverhältnisse stehen, das Gebiet 
der Militärdisziplin berühren, so entscheidet der Militärvorgesetzte, in anderen Fällen der 
Verwaltungsvorgesetzte des Verklagten. Einholung von Gutachten der Verwaltungs- und 
technischen Behörden ist vorgesehen. Auch solche Personen des Soldatenstandes, die in Stellen 
der Militär-(Marine-)verwaltung verwendet sind, haben bei ihren aus dem Beamtenverhältnis 
hervorgegangenen Beschwerden den Dienstweg für Beamte innezuhalten.
	        
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