266 Heinrich Dietz.
Beschwerden gegen Disziplinarordnungsstrafen auf Grund der Beamten-
gesetze, besonders des RBG., werden nicht nach der BO. behandelt. Formen und Fristen für
solche Beschwerden nach RBG. fallen weg. Nach §* 17 der Vollzugsverordn. v. 10. 12. 1908
zum Bay. Beamtenges. v. 16. 8. 1908 ist jedoch die Beschwerde befristet (zwei Wochen).
Ziffer 10. Schlußwort.
Das geltende militärische Beschwerderecht ist vielfach angefochten worden. Seine Be-
stimmungen sind sicherlich verbesserungsfähig. Im Kern halten aber die Bestimmungen
auch ernster Nachprüfung stand. Den Grundsätzen des Disziplinarstrafrechts entsprechend, ist
in den entscheidenden Punkten der persönlichen Auffassung der Disziplinarvorgesetzten weiter
Spielraum gewahrt. Es läuft daher schließlich alles darauf hinaus, daß das geltende Be-
schwerderecht mit neuzeitlichem Geiste erfüllt wird, daß der Gedanke, Gerechtigkeit und
Disziplin im richtigen Einklange zu halten, die Richtschnur für jede Entscheidung abgibt.
Das geltende Beschwerderecht läßt eine freiere Auffassung zu, ohne daß das richtig verstandene
Wesen der militärischen Disziplin darunter Schaden zu nehmen hätte. Die Meinung, jede
Beschwerde sei ein Ubel, ein peinliches Auflehnen gegen die militärische Autorität, muß
verlassen werden. Sie neigt ebenso wie der gelegentlich zu hörende Satz „ein richtiger
Soldat beschwert sich nicht“, zu sehr auf die Seite des Vorgesetzten, übersieht die tieferen
Gründe, die ein geordnetes Beschwerderecht ins Leben gerufen haben und gefährdet damit
die gerechte Entscheidung der Beschwerde. Selbstgefühl und männliches Wesen und eng
verbunden damit das Ehrgefühl sind beim Soldaten nicht huch genug anzuschlagen; vor-
nehmste Aufgabe der militärischen Erziehung ist es, sie zu pflegen und zu steigern. Je höher
der Einzelne geistig und kulturell steht, desto mehr weiß er, daß willige Unterordnung unter
das große Ganze notwendig ist, desto empfindlicher ist er aber auch gegen jede mißbräuch-
liche Behandlung. Das Recht der Persönlichkeit ist gerade in der bewaffneten Macht, die
kraftvollen Wesens nicht entraten kann, hoch zu halten. Die dienstliche Beschwerde mit
dem Anspruch auf eine unbefangene und gerechte Entscheidung ist ein wichtiges Mittel, zur
Männlichkeit zu erziehen und das gegenseitige Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Unter-
gebenen zu steigem.
Die militärische Ehrengerichtsbarkeit.
Schrifttum.
A. Kommentare:
Dietz, Die Ehrengerichtsverordnungen (Neufassung 1910, Bayern 1911) für die Offiziere und
Sanitätsoffiziere des Heeres und der Schutztruppe, nebst Ergänzungsorder vom 1. Jan. 97
(Ehrenhändel), 2. u. 3. Auflage, Rastatt 1912.
Derselbe, Die Ehrengerichtsverordnung für die Offiziere der Kaiserl. Marine, Rastatt 1911.
Kommentare zu den älteren Ehr .
Endres, je für die Offiziere des Heeres und der Marine, Berlin 1906.
lsner v. Gronow u. Sohl in Militärstrafrecht IV, Berlin 1906.
leck, Ehr V. v. 20. Juli 1843. Berlin 1865; s. auch
olms, Strafrecht und Strafprozeß für Heer und Marine VII, Berlin 1892.
chlayer, Militärstrafrecht III 5, Berlin 1894.
B. Weitere umfassende Nachweisungen der Literatur s. bei Dietz, Ehr V. unter Quellen
und Literatur. Hervorzuheben sind:
Beiträge in Dietz' Handwörterbuch des Militärrechts (s. unter Ehrengerichte daselbst) Rastatt 1912.
Beitrag: Ehrengerichte in v. Alten, Handbuch für Heer und Flotte, Stuttgart 1909.
Beiträge und Erörterungen im Arch Mil R. Bd. 1—4.
Apel, Die königl. Gewalt auf dem Gebiete des Ehrengerichtsverfahrens gegen preußische Offi-
ziere, Berlin 1906;
v. Boguslawski, Der Ehrbegriff des Offizierstandes, Berlin 1897.
Rissom, Militärstrafrecht, Disziplinarstrafgewalt, Ehrengerichte im deutschen Heere, Berlin 1903.
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