Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

270 Heinrich Dietz. 
Ziffer 13. Der Befehlshaber 
ist ein dem Kommandeur übergeordneter Offizier (Divisionskommandeur usw.). Seine 
wichtigste Aufgabe ist die Entscheidung darüber, ob ein ehrengerichtliches Verfahren ein- 
geleitet werden soll; gegen diese Entscheidung ist Einspruch nur möglich, wenn durch 
sie der Antrag eines Offiziers auf einen ehrengerichtlichen Spruch gegen sich selbst ab- 
gelehnt wird; bei Einspruch entscheidet die Allerhöchste Stelle (Bayern: Kriegsministerium). 
Die Einleitungsverfügung wird vom Befehlshaber schriftlich erlassen und enthält eine als An- 
llagepunkte genau gefaßte Aufstellung der Verstöße gegen die Standesehre, deren der Offizier 
beschuldigt wird. Das Verfahren muß durchgeführt werden, außer wenn die Ehrengerichts- 
barkeit wegfällt. Ausdehnung auf neue Anschuldigungspunkte ist möglich. Andere Aufgaben 
des B. sind z. B.: Enthebung des Angeschuldigten vom Dienst (wenn erforderlich), Verweisung 
an ein anderes Ehrengericht, Gestattung der Akteneinsicht in besonderen Fällen, Aktenvorlage 
an Allerhöchste Stelle. 
Der Kommandierende General (Admiral) hat die Befugnisse des Befehlshabers beim 
Ehrengericht über Stabsoffiziere und auch sonst einzelne Obliegenheiten. 
Ziffer 14. Vorerhebungen. 
Der Kommandeur veranlaßt sie; der Ehrenrat führt sie im Auftrage durch und 
berichtet über das Ergebnis. Die für das förmliche Verfahren geltenden Vorschriften 
sollen für die Ausführung der Ermittlungen einen Anhalt abgeben. Efidliche Ver- 
nehmungen von Zeugen werden für zulässig erklärt. Der Kommandeur hat sich danach selb- 
ständig zu entscheiden, ob er die Einleitung des förmlichen Verfahrens beantragen will. In 
diesem Falle berichtet er gutachtlich an den Befehlshaber und legt die bisherigen Verhandlungen, 
dazu ein Gutachten des Ehrenrats und eine kurze Beurteilung des Bezichtigten vor. Die 
Zwischenstellen geben ihr eigenes Gutachten ab. 
Ziffer 15. Förmliches Verfahren. 
Das ehrengerichtliche Verfahren findet regelmäßig bei dem Ehrengericht statt, dem 
der Angeschuldigte unterworfen ist. Verweisung an ein anderes Ehrengericht, ein- 
heitliche Durchführung eines Verfahrens gegen mehrere Angeschuldigte ist vorgesehen. Die 
Zuständigkeit wird durch Versetzung usw. nicht aufsgehoben. Die Untersuchung, nach 
Weisungen des Kommandeurs vom Ehrenrat zu führen, ist schriftlich und geheim. Der 
Kommandeur ist nicht anwesend. Die Akten müssen über alles, was geschieht, vollständig 
Auskunft geben. Die alleinige Grundlage ist die Einleitungsverfügung. Nur das Not- 
wendigste darf festgestellt werden, selbstverständlich nicht auf Kosten des Verteidigungsrechts 
des Angeschuldigten. Der Sinn wechselseitigen Wohlwollens soll neben der Rücksicht auf die 
Standesehre bei ullen Verhandlungen der Ehrenräte (und Gerichte) walten. Berichte sollen 
vom Angeschuldigten nicht angefordert werden. 
Untersuchungshandlungen, vor allem: Vernehmung des Angeschuldigten, 
von Zeugen oder Sachverständigen durch den Ehrenrat, ein militärisches oder ein bürgerliches. 
Gericht oder ein Konsulat. Andere Untersuchungshandlungen sind nicht erwähnt; Augenschein 
ist aber denkbar, auch Durchsuchung und Beschlagnahme als rein militärische Maßnahmen. 
Bürgerliche Gerichte werden nur durch Vermittlung der Militärgerichte ersucht. 
a) Die Rechtshilfepflicht der Gerichte im ehrengerichtlichen Verfahren 
ist eine sehr bestrittene Frage. Für Preußen wird sie (auch für die Vorerhebungen) auf Grund 
der V. v. 2. Nov. 1849, wonach die preußischen Gerichte und Verwaltungsbehörden sich bei Er- 
ledigung der ihnen obliegenden Geschäfte gegenseitig unterstützen sollen, zu bejahen sein. Ob 
ähnliche Bestimmungen auch für die anderen Bundesstaaten gelten, ist nach deren Gesetzen 
und besonderen verfassungsmäßigen Bestimmungen zu prüfen. Die Frage wird wohl überall 
zu verneinen sein. Für die Marine wäre reichsgesetzliche Regelung notwendig.
	        
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