Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 273 
p) Der Spruch wird vom Ehrenrat in Form eines Erkenntnisses ausgefertigt und 
auf dem Dienstwege der Allerhöchsten Stelle (Bayern: dem Kriegsministerium) unterbreitet. 
Die Zwischenstellen äußern sich zum Spruch gutachtlich und bringen etwaige Ausstellungen 
gegen die formelle Behandlung der Sache vor. Anordnung eines neuen Spruchs, aber keine 
härtere Strafe als die beantragte, darf aus sachlichen und formellen Gründen vorgeschlagen 
werden. Auch zu Gnadenanträgen nehmen sie Stellung und können selber Gnadenanträge 
beifügen. 
qy Die Entscheidung der Allerhöchsten Stelle (in Bayem entscheidet 
diese nur beim Antrage auf schlichten Abschied oder Entfermung aus dem Heere, sonst das Kriegs- 
ministerium) ist das eigentliche und alleinige Urteil im ehrengerichtlichen Verfahren. 
Die Entscheidung ist an das Gutachten des Ehrengerichts nicht gebunden; nur eine verschärfende 
Entscheidung erfolgt nicht; wird sie für angebracht gehalten, so wird ein neues Spruchgericht, 
dessen Richter aber wieder ganz frei sind, berufen. 
r) Bekanntgabe der Entscheidung. Deie schließliche Entscheidung wird mit 
dem Spruche des Ehrengerichts dem Angeschuldigten bekanntgegeben. Abschrift kann erteilt 
werden. Genauere Bestimmungen über Bekanntgabe, der sich niemand mehr entziehen kann. 
s) Wiederaufnahmedes Verfahrens ist mit Genehmigung der Allerhöchsten 
Stelle (Bayern: das Kriegsministerium) zulässig, wenn genaue Tatumstände oder Beweis- 
mittel erbracht werden können, die geeignet sind, eine wesentlich andere Auffassung der Schuld- 
frage zu begründen (Throngesuche). 
Ziffer 16. Zur Auslegung 
der Ehr V. sind in erster Linie die Kommandierenden Generale (Bayern: das Kriegsministerium) 
berufen; erforderlichenfalls wird die Allerhöchste Entscheidung eingeholt. Für Bayern sind vom 
Min. Vollzugsbestimmungen erlassen worden. 
Ziffer 17. Ehrenhändel. 
Die geltenden Vorschriften (s. oben Ziff. 2) bezwecken, Beleidigungen zwischen Offi- 
zieren standesgemäß auszutragen. Der Offizier muß es als Unrecht erkennen, die Ehre 
eines Kameraden anzutasten. Hat er hiergegen in Ubereilung oder Erregung gefehlt, so 
handelt er ritterlich, wenn er am Unrecht nicht festhält, sondern zu gütlichem Ausgleich 
die Hand bietet. Beleidigungen, die nicht alsbald gütlich standesgemäß ausgeglichen werden, 
müssen die Beteiligten unter Unterlassung aller weiteren Schritte ihrem Ehrenrat sofort an- 
zeigen. Dieser hat unter Leitung des Kommandeurs den Sachverhalt ungesäumt durch münd- 
liche oder schriftliche Verhandlungen aufzuklären und entweder einen Ausgleichsvorschlag auf- 
zustellen oder zu erklären, daß die Ebre der Beteiligten nicht berührt sei und deshalb kein Grund 
zur Aufstellung eines Ausgleichsvorschlages vorliege, oder daß er sich nach Lage der Sache 
außerstande sehe, einen Ausgleich vorzuschlagen, und daß im übrigen ein ehrengerichtliches Ver- 
fahren notwendig sei. Der Beschluß des Ehrenrats muß vom Kommandeur bestätigt werden; 
dieser hat aber das Recht, selbständig im Sinne der für den Ehrenrat möglichen Beschlüsse 
(die also nur Gutachten sind) sich zu entscheiden. 
Berufung gegen den Ausgleichvorschlag ist vorgesehen, ferner Pflicht der Vorgesetzten, 
über Offiziere, die unter Umgehung des Ehrenrats vor endgültiger Entscheidung über Beschlüsse 
des Ehrenrats usw. einen anderen Offizier zum Zweikampfe herausfordern oder eine Heraus- 
forderung annehmen, der Allerhöchsten Stelle (Bayern: dem Kriegsministerium) sofort zu 
berichten. 
Bei Beleidigungen, die zwischen Offizieren und einer den militärischen Ehrengerichten 
nicht unterworfenen Person vorkommen und nicht alsbald auf gütlichem Wege beglichen werden 
konnten und zu einem Ehrenhandel geführt haben, muß der Offizier gleichfalls umgehend An- 
zeige an den Ehrenrat erstatten. Auch hier möglichste Hinwirkung auf einen Ausgleich; keine 
Bindung an die für Beleidigungen zwischen Offizieren geltenden Vorschriften. 
Enzyklopädle der Rechtswissenschaft. 7. der Neuarb. 2. Aufl. Band V. 18
	        
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