Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 307 
Dienst (Aufsicht und Bußdisziplin) tut. Für die (Send-) Gerichtsbarkeit aber entsteht hier, seit 
im 10. Jahrhundert die zu Fürsten werdenden Bischöfe sich noch mehr als bisher durch weltliche 
Geschäfte in Anspruch genommen sehen, und seit auch das bischösliche Gerichtslehen als nutz- 
bares Recht begehrenswert erscheint, der ländliche Archidiakonat (im Trierischen und anderswo 
trotz mangelnder Weiherechte als Chorepiskopat bezeichnet). An den Dompropst sowie an Stifts- 
pröpste und bald auch an Domherren vergeben bzw. mit den Stiftspropsteien diesen vorbehalten 
oder Stifterlm und Klöstern übertragen, umfaßt er im übrigen Deutschland meist die Pfarreien 
(und damit die Dekanate) eines Gaues oder eines Bistumviertels (Worms, Speier), während 
in Sachsen, das in der weltlichen und in der kirchlichen Gerichtsverfassung eine Sonderstellung 
einnimmt, jede (regelmäßig in einer Urpfarrei liegende) Send= (wie Ding-) Statt mit ihrem 
Bezirk einen Archidiakonat für sich bildet. 
Luchaire, Mannuel 5 12; Werminghoff, VBG. fF 37, 38; Sägmüller, Die Ent- 
wicklung des Archipresbyterats und Dekanats, Tübinger Univ.-Progr., 1898; Faure, Larchiprstre, 
These, 1911; Weizsäcker, Der Kampf gegen den * 3 1859; inschius, Kr. II 
3861; X Die Mainzer Weihbischöfe des 9. Aathunder . Ib. XI II, 1907; Hin- 
schius, Kr. 11 &K& 86 II—V, 90 II; Luchaire, Manuel I Wetmtnghoff BG. 
z8 12, 13; Hilling, Die Entstehungsgeschichte der eschen rchidiakonate, Münst. theol. 
Diss., 1902, Beiträge zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung des Bistums Halberstadt im 
Mitielalter: Die Halberstädter Archidiakonate, 1902; Glasschröder, Das Archidiakonat 
in der ri v1Öb Speier, A. Z. N. F. X, 1902; Bastgen, Die Entstehungsgeschichte der Trierer 
Archidiakonate, Breslauer kath.-theol. Diss., 1906; Baumgartner, Geschichte und Recht des 
Archidiakonates der oberrheinischen Bistümer mit Einschluß, von Mainz und Würzburg, Stut, 
Kr. A., 39. H., 1907; Hübner, Die salzburgischen Archidiakonatsonoden, Deutsche 0% ichter 
blätter“ XI, ivio; Naumann „ Zur Geschichte der Archidiakonate Thüringens, 
Provinz Sachsen IX, 1012: Krieg: Der Kampf der Bischöfe gegen die schusctem 
Bistum Würzburg, Stut, Kr . A., 82. H., 1913. 
8 20. Das kirchliche Benefizialwesen. 
Mit der Eigenlirche zog die Leihe in das Kirchenrecht ein. 
1. Benefizium. An die Stelle des widerruflich angestellten, in strenger wirtschaft- 
licher Abhängigkeit befindlichen bischöflichen Beamten trat auf dem Lande (allgemein seit dem 
8. Jahrhundert) der zunächst ebenfalls einer Willkürherrschaft preisgegebene, freie oder unfreie 
Privatgeistliche des Grundherrn. Sein im Messelesen und in sonstigen kirchlichen Verrichtungen 
bestehender Dienst unterschied sich rechtlich in nichts von dem des herrschaftlichen Müllers oder 
ackecrbauenden Grundholden. Und nur den Mißbrauch solcher Auffassung hat man kirchlicherseits 
bekämpft. Unter Ludwig dem Frommen forderte und erreichte der Episkopat im Kirchen- 
lapitular von 818/19 das Gebot ausschließlicher Ansiellung von Freien und der Gewährung 
eines Existenzminimums, indem für die Kirche samt Kirchhof, Pfarrhaus und Pfarrgarten, 
für den Zehntanteil des Geistlichen und die Oblationen und außerdem für eine ganze Huse 
Kirchenland kein anderer als geistlicher Dienst getan, also namentlich lein Zins entrichtet werden 
sollte, während vom übrigen die Erhebung von Leiheabgaben dem Herrn nach wie vor frei- 
stand. Von nun an war das beneficium, die freie Leihe des fränlischen Rechts, die gegebene 
Anstellungssorm. Mit ihm erreichte der Episkopat, da es, wo nicht die bei Kirchen gegenstands- 
lose und kirchlicherseits verpönte Kommendation mit der aus ihr entspringenden Vasallität 
dazutrat, den Herrenfall nicht kannte, zugleich die Lebenslänglichleit des Dienstverhältnisses 
auf seiten des Eigenkirchenpriesters. Das Benefizialrecht des Geistlichen : war das Komple- 
ment des grundherrlichen Kircheneigentums, bei mißbräuchlicher Teilverleihung sowie in- 
solge der durch das angeführte Kirchenkapitular veranlaßten, seit dem 10. Jahrhundert 
häusigen Scheidung von Fabrik- oder Lichtergut einerseits und von Benefizialvermögen 
anderseits s freilich nicht immer ein Komplement von gleicher räumlicher Ausdehnung des 
Obiekts. Die Leihe geschah diesseits der Alpen mündlich, in Italien regelmäßig schriftlich“ 
1 Auch Teilpacht, colonia partiaria, Libellar- und sonstiges Leiherecht kommt vor. 
: Es wurde — besonders in Italien — nicht selten die Kirche bloß mit einem Drittel der dazu 
gehörigen Güter und Einkünfte verliehen. 
Die Bezeichnung dos oder Widem kommt für beides vor. 
Die cartula ordinationis wurde allmählich aus einer Bestallungsurkunde römischen zu 
einer Leiheurkunde germanischen Kirchenrechts. 
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