Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 309 
8 21. Der Bischof und das Diözesanrecht. 
Hatte das Eigenlirchenwesen in Gestalt einer viellöpfigen Laienherrschaft innerhalb des 
Bistums überhaupt erst gegen den Bischof das Gegen-, ja Weergenicht geschaffen, durch das 
die Bildung eines wahren Diözesanrechts nicht bloß möglich, sondern selbst dem zuvor absoluten 
Episkopat geradezu erwünscht wurde, so förderte der Germanismus auch sonst den rechtlichen 
Ausbau der Dihözese. 
Stutz, Eigenkirche (§ 7). 
1. Die bischöfliche Amtsgewalt im allgemeinen. Seit der zweiten 
Hälfte des 9. Jahrhunderts macht sich die in den deutschen Bistümern später zu unbestrittener 
Herrsschaft gelangende germanischrechtliche Vorstellung geltend, daß der Bischof die Diözese (aber 
auch der Papst die Kirche) mit seinem Bann, bannus episcopalis (daneben bannus sancti Petri oder 
papalis), regiere, also mit der obrigkeitlichen Befugnis, bei Strase zu gebieten und zu verbieten. 
Als ordentliche Bannstrafe erscheint dabei die große Exkommunikation, die infolge dieser Ent- 
wicklung eine weit über das Gebiet des eigentlichen Stras= und Disziplinarstrafrechts hinaus, 
gehende Verwendung und, samt dem durch sie geschaffenen Zustand, ihre bis heute übliche 
deutsche Bezeichnung erhält (daneben Absetzung bei Klerikern, Fastenstrasen und namentlich 
Geldbußen, diese auch bei Mißachtung päpstlicher Banngebote). Zunächst nur eine neue Rechts- 
sorm für die vorgesundene bischöfliche Gewalt, beeinflußt diese Bannisierung unter den ver- 
änderten lirchlichen Lebensverhältnissen mit der Zeit doch auch den Inhalt der bischöflichen 
Befugnisse. 
Hins di ius, V #279; Hilling, Die bischofiche Banngewalt . . . in den saͤchsischen 
Bistümern, A. f. ’ „LXXX, LXXXI, 1sod/di 
2. Der 9 und die Gesetzgebung; Diözesansynode. In Gestalt 
des Verordnungsbanns behauptet der Bischof auch jetzt sein ausschließliches Gesetzgebungsrecht. 
Die seit dem letzten Viertel des 6. Jahrhunderts (Auxerre) nachweisbare, aber erst seit dem 9. 
zu kirchlicher Bedeutung gelangende Diözesansynode (ordentlicherweise zwei im Jahr), an 
welcher die hohe und niedere Bistumsgeistlichkeit, die Abte (auch Abtissinnen), ja selbst Laien 
(im 12. und 13. Jahrhundert besonders die freien und dann auch die unfreien Ritter 1) teil- 
nehmen, nimmt regelmäßig nur die bischöflichen Erlasse zur Kenntnis, gibt auch Weistümer 
über geltendes Recht ab, vermag aber bloß hier und da eine wahre Mitwirkung bei der bischöf- 
lichen Gesetzgebung zu erlangen. Das überlieferte arbiträre, generelle und spezielle Straf- 
satzungsrecht des Bischofs wird durch die Bannisierung geradezu gefestigt, ebenso wie seine 
Besugnis, Ausnahmen (Exemtionen) zu schaffsen. Dem Inhalt nach dient das Diözesanrecht 
wesentlich der Durchführung und dem Ausbau der kirchlichen Ordnung, wie sie in karolingischer 
Zeit die Kapitularien und später die selbständig gewordenen (§ 17) höheren Synoden anstrebten, 
von welch letzteren übrigens gegen Ende unserer Periode das vorher der lirchlich beeinflußten 
weltlichen Gesetzgebung überlassene Eherecht mehr und mehr an sich gezogen wird, wie denn 
auch seit dem 11. Jahrhundert die kirchliche Gerichtsbarkeit der Ehe sich bemächtigt. 
Hinschius, Kr. III, § 178; Werminghoff, V6. 5k 47; Sdralek, Die Straßburger 
Diözesansynoden, Straßb. Th. St. 11, 1897; Hilling, Die westfälischen Di5zefansynoden, Münst. 
#. r*i*s 1898, Gegenwart und Einfluß der Geistlichen und Laien auf den Diözesansynoden, 
k. ILXXI, 1; Savagnone, Le origini del sinodo diocesano e ’Interpretatio, 
Vobt# in Fnors di. Bruti. 1910; Freisen, Geschichte des kanonischen Eherechts (5 14); 
Hozeltine, Zur Geschichte der Eheschließung nach angelsächsischem Recht, Festgabe f. Hübler, 
1905; Leicht, Nota al X. canone del concilio Forojuliese (796), 1905; Opet, Brauttradition 
und Lonsensgespräch in mittelalterlichen Trauungsritualen, 1910, Die Anordnung der Eheschließungs- 
publizität im Capituolare Vernense, Festschrift . Gierke, 1911; Fahrner, Geschichte der Ehe- 
scheidung I, 1903. Vgl. die Lit. zu § 31, 
  
Daher wurden Edle und Ministerialen zusammen als homines synodales bezeichnet. 
Capitula episcoporum. z. B. Theodulfs von Orléans um 800, Haitos von Basel 807—23, 
Hinkmars von Reims 852, Richulfs von Taon 889 u. a., am besten verzeichnet von 
Werminghoff, N. A. K### XXVII 1901/02, S. 665 ff., 576 ff.; siehe auch Seckel, 
N. A. XXIX, 1904, S. 287 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.